Der Getreidepreis steigt wegen des Kriegs in schwindelerregende Höhen. Mit dramatischen Folgen (Foto Sonja Herpich/Bioland)

Schluss mit Lebensmittel-Spekulationen!

Bioland beschließt Resolution zum Ukraine-Krieg

28.03.2022

Mit dem Krieg steigen die Preise für Getreide dramatisch an. Die Versorgung von Millionen Menschen ist bedroht. Spekulationen mit Lebensmitteln und Futter dürfen diese Situation nicht weiter anheizen, machen die Bioland-Delegierten klar – und fordern nachdrücklich wichtige Umwelt- und Ökoziele.

Von Bioland

Der andauernde Krieg in der Ukraine erschüttert auch die Menschen im Bioland. Viele zeigen bereits Initiative, organisieren Versorgungstransporte an die Grenze, sammeln Spenden oder nehmen Geflüchtete auf ihren Höfen auf. Um auch ein klares politisches Zeichen zu setzen, hat das höchste Gremium unseres Verbandes, die Bundesdelegiertenversammlung, kürzlich eine Resolution verabschiedet. Damit zeigen Bäuerinnen und Bauern sowie Partner aus Herstellung und Handel ihre Solidarität mit den Bürger*innen der Ukraine und auch den Russ*innen, die in ihrem Land gegen den Angriffskrieg protestieren. Zugleich unterstreichen sie in ihrem Beschluss: Der Krieg darf nicht für Spekulationen genutzt werden oder als Argument, um wichtige Umwelt- und Ökoziele nicht weiterzuverfolgen.

Die BDV-Resolution vom 22. März 2022

Der Krieg, den Wladimir Putin gegen die Ukraine führt, ist eine humanitäre Katastrophe. In allererster Linie für die Bürger*innen, die sterben, verwundet werden, Angehörige verlieren, Hunger und Notstand erleiden oder aus ihrer Heimat fliehen müssen. All ihnen, wie auch den mutigen Menschen innerhalb Russlands, die sich im Angesicht von Verhaftungen, Geldstrafen und Gefängnisaufenthalten dem russischen Präsidenten in der Sache entgegenstellen, gilt unsere volle Solidarität.

Viele Bioland-Mitgliedsbetriebe und -Partner leisten in diesen Tagen und Wochen ihr Möglichstes, um das Leid der Ukrainer*innen zu lindern. Sie organisieren eigenständig Versorgungstransporte an die Grenze, sammeln Spenden ein oder nehmen ganze Familien von Geflüchteten auf ihren Höfen auf. Damit zeigen sie, was der Kern der Wertegemeinschaft Bioland ist.
Außerhalb der beschriebenen unmittelbaren Folgen für die Bevölkerung im Kriegsgebiet hat Putins Krieg aber auch fatale und langfristige Folgen für die Weltbevölkerung. Denn Russland und die Ukraine sind die „Kornkammer Europas“ – wichtige Getreide-Exporteure, besonders für viele ärmere Länder der Welt. Schon vor dem Krieg war der UN-Preisindex, der die global am meisten gehandelten Nahrungsmittel abbildet, auf einem Höchststand. Die Welthungerhilfe befürchtet in Folge des Ukraine-Krieges einen weiteren Anstieg und einhergehend eine „dramatische Verschärfung der globalen Hungersituation“ – insbesondere für die Menschen in den Ländern des globalen Südens. Auch auf den hiesigen Markt hat der Krieg Auswirkungen – die Verknappung des Angebots führt zu extremen Preisanstiegen und hoher Unsicherheiten an den Märkten.

1. Schluss mit Spekulationen!

Die dramatische Situation darf auf keinen Fall ausgenutzt werden! Bioland spricht sich klar gegen Spekulationen im Lebensmittel- und Futtermittelbereich aus, die zu einem zusätzlichen Anstieg der Preise führen würden. Die Versorgung von Millionen von Menschen ist bedroht.
Die Ernährungsversorgung muss an erster Stelle stehen – und das muss sich im Agrarsektor allgemein und im Speziellen bei der Flächennutzung widerspiegeln.

2. Vorrang für Lebensmittelproduktion!

Der Lebensmittelproduktion ist unbedingt Vorrang zu geben vor anderer Flächennutzung! Kurzfristig bedeutet dies den Stopp des Einsatzes von Getreide und Raps für Agro-Kraftstoffe. Zudem ist der Einsatz von Mais für Biogas-Anlagen zu reduzieren und die Reststoffverwertung zu stärken. Mittel- bis langfristig muss auch eine flächengebundene Tierhaltung für einen deutlichen Abbau der Tierbestände sorgen; damit schrumpft die riesige Futtermittelfläche im In- und Ausland und es wird mehr Platz für die direkte Nahrungsmittelproduktion sowie umweltfreundliche Flächennutzung frei. Dies muss von einer deutlichen Reduzierung des Konsums tierischer Lebensmittel aus industrieller Tierhaltung flankiert werden.

Was sich verbietet, ist, dass der Krieg und seine Auswirkungen instrumentalisiert werden, um Forderungen nach einem Aufschub des Umbaus der Land- und Lebensmittelwirtschaft zu stellen. Die Ukraine-Krise findet parallel statt zur Klima-, Umwelt- und Artenschutzkrise. Teil der Lösung für all diese Konflikte ist ein nachhaltiges Wirtschaftssystem, das uns von fossilen Energieträgern sowie deren Besitzern unabhängig macht und Rücksicht auf unsere Lebensgrundlagen nimmt. Der Ökolandbau ist zentraler Baustein für diese Transformation.

3. Green Deal und Bio-Ziele weiterverfolgen!

Die Ziele des Green Deals mit der Farm-to-Fork-Strategie sowie die nationalen Bio-Ziele müssen auch und insbesondere in Krisenzeiten weiterverfolgt werden! Die Fortschreibung alter Fehler ist in keinem der aktuellen Konflikte ratsam oder hilfreich. Die Umsetzung der Strategien und die Erreichung der Bio-Ziele sind Voraussetzung für die Transformation des Agrar- und Ernährungssystems, das dringend resilienter und unabhängiger werden muss. Der Ökolandbau mit seiner Kreislaufwirtschaft und dem Verzicht auf mineralischen Stickstoffdünger ist das geeignete Leitbild für diesen Umbau und liefert bereits mit seinem Systemansatz Antworten auf die Frage nach einer langfristigen Sicherung der Ernährung.

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