Vergessene Power-Pflanzen
Wieso wir wieder mehr Hülsenfrüchte essen sollten
Hülsenfrüchte wie Erbse, Bohne oder Lupine erleben als pflanzliche Eiweißbomben gerade einen regelrechten Hype. Ein Potenzial, das der Biolandhof Klein aus Baden-Württemberg schon vor mehr als 25 Jahren erkannt hat. Doch in einer Zeit, in der die gängigste Suchmaschine noch "Brockhaus" hieß, war der Start gar nicht so einfach.
Fritz Klein ist Landwirt. Und irgendwie auch ein Stück weit Wissenschaftler. Die Hände in der Erde, die Nase in einem Buch. "Das müsste man doch mal probieren!" So beginnen die meisten Ideen auf dem Biolandhof Klein. Und genau so wurden die Kleins auch zu Vorreitern im Anbau von Hülsenfrüchten, als sich in Deutschland noch kaum jemand für "vegane Eiweißquellen" interessiert hat.
Hülsenfrüchte sind weltweit eine wichtige Nahrungsquelle, aber ihr Image hat in Deutschland gelitten. Als altbackenes Arme-Leute-Essen verschwanden sie von den Speiseplänen vieler Menschen.
Inzwischen rücken die guten Eigenschaften von Erbse, Bohne und Co. allerdings immer mehr in den Fokus – und das nicht nur unter Veganer*innen und Fitness-Freaks.
Neben jeder Menge Eiweiß enthalten die Hülsenfrüchte auch viele Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe. Sie machen lange satt, sind lange haltbar und es gibt auch regional eine riesige Vielfalt zu entdecken – weltweit sind es sogar rund 18.000 Sorten.
Auf dem Biolandhof Klein ging es 1994 mit der weißen Süßlupine los. Nachdem Anfang der 90er-Jahre die Getreidepreise eingebrochen waren, suchte Fritz nach einer alternativen Pflanze für seine Felder. In einem Buch über Ölpflanzen in Europa stieß er auf die Lupine. Er recherchierte, testete und brachte letztlich eine sehr gute Ernte ein.
"Dann haben wir uns gefragt: Was machen wir da jetzt draus?", erinnert sich seine Frau Iris.
Kaffee aus Baden-Württemberg
Fritz tüftelte an einer Art Tofu, dann an einem Lupinenmehl, das Eier in Backwaren ersetzen kann. Immer mit der Frage im Hinterkopf: Wie viele Menschen suchen überhaupt nach einer Alternative zu tierischen Produkten? Dann die Idee von Iris: "Warum machst du nicht einfach Kaffee? Den mag doch jeder!"
Aber wie? Sie selbst hatten bis dato noch nie einen Lupinenkaffee getrunken. Und auch das Internet war zu dieser Zeit keine große Hilfe. Über das Telefonbuch fanden die Kleins eine Rösterei in der Nähe und ließen die ersten 15 Kilo Lupinen zu Kaffee verarbeiten. Schon kurz darauf wurde der deutsche Lupinenkaffee ohne lange Transportwege auf einer Messe zum absoluten Renner. "Damit haben wir scheinbar einen Nerv getroffen – vor allem, weil der Lupinenkaffee koffeinfrei ist", erzählt Iris.
Das Geschäft mit den Lupinen entwickelte sich weiter – und so auch die Produktpalette. Inzwischen vertreibt der Biolandhof Klein die verschiedensten Kaffeesorten – von Espresso bis Mokka. Und auch das Lupinenmehl kam schließlich dazu. "Damit kann man den Eiweißgehalt in Brot und Kuchen verbessern und dank des klebenden Proteins braucht man weniger Eier", erklärt Iris. Auch eingelegte Hülsenfrüchte gehören mittlerweile zum Repertoire – darunter neben der Lupine eine weitere regionale Eiweißbombe: die Platterbse.
Der Biolandhof Klein
"Unser Herz schlägt für den biologischen Anbau", steht auf der Website des Biolandhofs Klein. Bereits seit 1985 ist der Familienbetrieb aus der Nähe von Wertheim in Baden-Württemberg Mitglied im Bioland-Verband.
Fritz und sein Sohn Matthias bewirtschaften 42 Hektar Fläche und bauen dort von Getreide über Gemüse bis hin zu Streuobst eine bunte Vielfalt an. Gemeinsam verarbeiten Vater und Sohn auch die Erzeugnisse zu den Produkten, die der Hof anbietet. Die Direktvermarktung übernimmt Iris Klein – sowohl im Hofladen als auch über das Internet. Unterstützt wird sie von den beiden Töchtern Wiebke und Johanna.
Weitere Infos unter www.lupinenkaffee.de
Wie die Erbse dem Boden hilft
Als "deutsche Kichererbse" bezeichnet der Brockhaus die Platterbse. Das ließ Fritz aufhorchen. "Daraus müsste man dann doch auch solche Gerichte herstellen können, wie aus Kichererbsen", dachte er sich – und natürlich: "Das müsste man mal probieren!"
Er baute die Pflanze an, die oft in Indien, Italien oder Spanien zu finden, aber auch seit dem 16. Jahrhundert in Deutschland heimisch ist. Heraus kam ein weiterer Kassenschlager der Kleins: Sachsenhäuser Falafeln.
Die orientalischen Bällchen werden eigentlich aus Kichererbsen hergestellt. Fritz entwickelte die regionale Alternative aus gemahlenen Platterbsen – wahlweise mit verschiedenen Gewürzen verfeinert. Das Mehl muss nur noch mit Wasser vermischt und geformt werden. Dann kann das Bällchen-Backen losgehen.
Hülsenfrüchte sind aber nicht nur eine Bereicherung für unsere Ernährung, sondern auch für die Böden. Die sogenannten Leguminosen, wie man die Pflanzenfamilie bezeichnet, können Stickstoff im Boden binden. Um zum Beispiel das Getreide mit genügend Stickstoff zu versorgen, baut ein Bioland-Betrieb im Vorjahr Leguminosen wie Lupinen, Erbsen oder Ackerbohnen an. Diese haben die erstaunliche Fähigkeit mit Hilfe von Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln Stickstoff aus der Luft aufzunehmen und im Boden anzureichern. So wird der Weizen, Dinkel oder Roggen im Folgejahr mit dem wichtigen Nährstoff versorgt. Da Bioland-Landwirt*innen auf synthetische Stickstoffdünger verzichten, sind Leguminosen also gerade im Ökolandbau besonders wichtig.
Und auch in der Tierwelt sind die Leguminosen begehrt. Insekten freuen sich über die Blütenpracht und Nutztiere bekommen über die Hülsenfrüchte im Futter ihre Extraportion Eiweiß. Da die Leguminosen insbesondere auf Bio-Betrieben sehr oft als Tierfutter eingesetzt werden, sind sie als Speiseware tatsächlich noch recht rar. Immer mehr Betriebe und Initiativen setzen sich allerdings dafür ein, Lupine, Ackerbohne und Co. bekannter zu machen und Vermarktungswege zu etablieren.
Auf dem Biolandhof Klein sind die Hülsenfrüchte bereits die Stars – und das werden sie auch bleiben. "Wir brauchen langfristig Pflanzen, die mit dem Klimawandel gut klarkommen", erklärt Iris. Und durch die bewusstere Lebensweise vieler Menschen, steigt auch die Nachfrage nach den Produkten stetig an. Also wird weiterrecherchiert und getestet, bis es wieder heißt: "Das müsste man doch mal probieren!"
Das Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne
Um den Anbau und die Verarbeitung von Körnererbsen und Ackerbohnen in Deutschland zu unterstützen, wurde das Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne (DemoNetErBo) ins Leben gerufen. Weitere Ziele sind, Angebot und Nachfrage zu koordinieren sowie Praxiswissen zu erzeugen, zu sammeln, aufzubereiten und zu teilen.
Deutschlandweit sind 75 landwirtschaftliche Demonstrationsbetriebe sowie weitere Partner für die Hülsenfrüchte aktiv. Auch Bioland bringt sich mit Betrieben sowie Fachberatung in das Netzwerk ein.
Weitere Infos unter:
www.demoneterbo.agrarpraxisforschung.de
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