"Mehr Berufung als Beruf"
Pionierbetrieb und Präsident sprechen über 50 Jahre Bioland
Eigentlich hätten sie sich lieber persönlich getroffen, Bioland-Präsident Jan Plagge und der älteste Bioland-Hof aus Schleswig-Holstein. Und zwar zum Geburtstag feiern und Geschichten austauschen. Doch auch digital konnten sie gut auf die Meilensteine der letzten 50 Jahre zurückschauen und einen Blick in die Landwirtschaft der Zukunft werfen.
„Die Prinzipien, die Bioland zugrunde liegen, sind auch heute noch sehr lebendig“, sagt Bioland-Präsident Jan Plagge. „Wir müssen biologische Systeme ganzheitlich begreifen und mit der Natur, statt gegen sie arbeiten. “
Unsere Prinzipien zeigen übrigens, wie wir uns die Landwirtschaft der Zukunft vorstellen. Wir wollen die Menschheit langfristig ernähren – und dabei unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten.
Auf den Bioland-Prinzipien basieren auch unsere Richtlinien für Anbau, Tierhaltung und Verarbeitung, nach denen alle unsere Mitglieder und Partner arbeiten. Nur wer die Zusammenhänge und Auswirkungen unserer Wirtschaftsweise kennt, kann wirklich einschätzen, welchen Mehrwert Bioland-Lebensmittel für uns alle haben.
Hier findest du Infos zu den sieben Prinzipien.
Ob bei der Diskussion über Atomkraft und Waldsterben in den 80er-Jahren oder den heutigen über Gentechnik, Klimawandel und Artenschutz: Bioland war immer eine gewichtige Stimme für Politik und Gesellschaft. „Als größter deutscher Bio-Verband tragen wir natürlich auch eine Verantwortung – nicht nur für unsere Mitglieder, sondern auch für die Bio-Bewegung insgesamt und setzen uns für eine zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft ein“, so Jan Plagge.
Der Bio-Landbau und die biologische Lebensmittelwirtschaft spielen weiter die zentrale Rolle im notwendigen ökologischen Umbauprozess der Landwirtschaft. Dafür werde sich Bioland mit ganzem Engagement einsetzen – und damit für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen. Auch der älteste Bioland-Hof Schleswig-Holsteins, der Hof Berg in Dannau, kämpft schon seit über 40 Jahre für den Ökolandbau – mittlerweile generationsübergreifend.
Früher belächelt, heute stolz
Gemeinsam mit René Kohler hat Falk Teschemacher die Betriebsleitung von seinen Eltern Albert und Birgitta Teschemacher übernommen. Albert gestaltete Anfang der 70er sogar als einer der ersten Geschäftsführer die Ausrichtung von Bioland mit. Heute wirtschaftet das Team des Hofs Berg auf 150 Hektar Land in der Holsteinischen Schweiz unweit der Ostsee. Die Milch von den 70 Kühen wird in der eigenen Käserei weiterverarbeitet. Heraus kommen dabei Leckereien wie der Frischkäse Kuhrella, der Weichkäse Kam'n Bär oder auch Vollmilchjoghurt. Für den guten Geschmack sorgen schlichtweg die guten Zutaten.
„Für mich war immer klar: Der einzige Weg, überhaupt einen Hof aufzubauen, ist der Bio-Landbau“, erklärt Albert seine Motivation zur ökologischen Ausrichtung des Hofs im Jahr 1979. „Bioland habe ich damals wie heute als starke Organisation wahrgenommen, die den Bio-Landbau voranbringt und auch positiv auf den konventionellen Anbau ausstrahlt.“
Seine Frau Birgitta erinnert sich an die Anfangstage des Hofs Berg und zieht Bilanz: „Anfangs haben uns andere Bauern aus der Region schlechtgeredet und sich über uns lustig gemacht. Viele haben uns nicht mehr als fünf Jahre gegeben. Heute bestätigen uns die vielen positiven Rückmeldungen von unseren Kunden, dass wir damals genau den richtigen Schritt gemacht haben.“
Den für sich richtigen Schritt hat auch René gemacht, der 1998 als Lehrling in den Betrieb einstieg. „Für mich ist die Arbeit auf dem Hof mehr Berufung als Beruf. Die ökologische Bewirtschaftung gibt mir dabei das Gefühl, auf der guten Seite zu stehen.“ Wie in der gesamten Bio-Branche hat sich auch auf dem Hof Berg die gestiegene Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln während der Corona-Pandemie bemerkbar gemacht. Die Schlangen am Marktstand gingen teils über das eigentliche Marktgelände hinaus. René findet das einleuchtend: „In unsicheren Phasen besinnt man sich auf das Elementare und wer macht etwas Elementares, wenn nicht wir?“
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