Huhn sucht Mieter
Ein Mietverhältnis der ganz besonderen Art
Wenn sie Eier braucht, dann geht Britta Hahn zu ihrem Vermieter. Die Saarländerin hat ein Huhn gemietet. Neun Euro zahlt sie im Monat. Und bekommt dafür Fleisch und Eier.
"Welches Huhn hat wohl mein Ei gelegt?" Das fragt sich Britta Hahn immer, wenn sie am Hühnermobil vorbeiwalkt. Eines der rund 600 Hühner ist "ihres". Zumindest zur Miete. Das bedeutet: Die 47-Jährige kann sich jeden Monat 18 Eier abholen und bezahlt dafür neun Euro. Ab einer Vertragslaufzeit von sechs Monaten bekommt sie noch ein Suppenhuhn dazu und wird alle zwei Monate zum "Hühnererlebnis" eingeladen.
Das ist wie eine Art Mieterversammlung, bei der Daniel Wack vom Biolandhof erklärt, was bei den Hühnern los ist. Und da gibt es immer etwas zu erzählen. Etwa, dass ein Huhn nicht mehr als ein Ei pro Tag legen kann und in der Mauser, wenn sich das Federkleid wechselt, gar keines legt.
Dann wird es geschlachtet. Oder er erklärt, dass es besondere Rassen für Masthähnchen gibt. Daneben gibt es Legehennenrassen. Hühner, die Fleisch und Eier liefern, gibt es auch. Sie sind aber bislang noch nicht wirtschaftlich genug, weil sie vergleichsweise viel Futter für wenig Fleisch und Eier brauchen. Bei den Wacks kann man Legehennen mieten.
Sie wohnen in mobilen Hühnerställen. Ein Blick in die Immobilie ist bei den Mietertreffen natürlich erlaubt. Und Eierklauen erwünscht. Die Eier müssen die Wacks dann nicht mehr selbst einsammeln. Denn die Eier kann man sich mittels eines Coupons im Hofladen oder einer von zwei Selbstbedienungsstationen, den "Milich Heisjes" abholen - und das rund um die Uhr. Sollte jemand einen Monat lang keine Eier benötigen, darf man den Coupon auch noch im Folgemonat eintauschen.
Hühnerstall ist autark
"Für viele ist es das erste Mal, dass sie ein noch warmes Ei fühlen oder ein Huhn berühren", sagt Daniel Wack. "Oder in einem Hühnerstall stehen." Den Stall kennt Britta Hahn bislang auch nur von außen - dass der aber Solarzellen auf dem Dach hat, findet sie toll. Während Jochen Wack, Daniels Bruder, Eier für den Verkauf im Hofladen einsammelt, erklärt er das "Gebäudemanagement":
So ist der Stall durch das Solardach komplett autark. Selbst die Klappen, durch die die Hühner nach draußen kommen, öffnen und schließen sich von selbst. "Wir werden oft gefragt, ob wir denn dann abends alle Hühner einsammeln und in den Stall bringen müssen. Nein. Das müssen wir nicht. Sobald die Dämmerung einsetzt, gehen sie von ganz allein hinein", erklärt der Biolandbauer.
Draußen im Dunkeln - davor hätten sie zu viel Schiss. Zum Beispiel vorm Fuchs. "Der kann nachts nicht zu den Hühnern, da sich die Stallklappe automatisch schließt, sobald es dunkel wird. Ich muss nur gucken, wann Sonnenauf- und -untergang ist, um das Öffnen und Schließen richtig einzustellen", so Jochen Wack. Und tagsüber schützt die Hühner ein Elektrozaun um ihren Auslauf.
Umgang mit Tieren wertschätzen
Wie lange die Sonne scheint, ist für die Hühner auch aus einem anderen Grund wichtig: "Nur wenn es tagsüber hell ist, legen sie Eier. Deshalb schalten wir in den Wintermonaten in der Früh das Licht im Stall an. Wir würden ja auch nicht im Dunkeln frühstücken", erklärt Jochen Wack. Den Tag künstlich so zu verlängern, dass es über 16 Stunden lang hell ist und die Hühner besonders viele Eier legen, dürfen Bioland-Bauern aber nicht. Das ist in den Richtlinien des Verbandes verboten.
Britta Hahn will den Umgang der Wacks mit ihren Tieren wertschätzen. Deshalb hat sie sich für ein Miethuhn entschieden. Dass sie dabei mehr bezahlt als für ein Ei im Supermarkt, ist für sie in Ordnung - es sei ihr schließlich auch mehr wert. Und das Suppenhuhn? "Das wird zu Brühe und Frikassee", sagt sie.
Keine Selbstverständlichkeit, denn Suppenhühner zu vermarkten ist alles andere als leicht. "Deshalb haben wir uns für das Komplett-Paket entschieden, als wir uns einen neuen Mobilstall angeschafft haben. Zu den Eiern gehört eben auch das Huhn", sagt Daniel Wack.
Rund 70 Mieter, die teilweise auch 20 Kilometer entfernt wohnen, betreut er auf dem Hof in Ommersheim. "Die Mietverträge wurden auch schon zur Kommunion und zum Muttertag verschenkt", erzählt er und lacht. "Wir schaffen so einen direkten Kontakt der Kunden zum Tier und können unsere Vermarktung zudem besser planen."
Weil aber nicht alle Hühner einen Mieter haben, wird ein Teil des Fleisches auch zu Würstchen verarbeitet. Und sollten einmal zu viele Eier da sein? "Dann macht die Mama Eierlikör", sagt Daniel. Den gibt es dann aber nur im Hofladen.
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