Bioland und Naturland fordern höhere Erzeugerpreise für Bio-Milch

Die größten Öko-Anbauverbände in Deutschland schaffen Transparenz durch Orientierungspreis.

Wer in den vergangenen Monaten Bio-Milch im Laden gekauft hat, wird die eine oder andere Überraschung erlebt haben. Mal lag der Preis bei fast 1,70 Euro, nur wenige Tage später wieder bei rund 1,50 Euro und aktuell ist der Liter Bio-Milch schon ab rund 1,20 Euro zu haben. Diese Turbulenzen im Verkauf bleiben nicht ohne Folgen für die Betriebe: Schon seit Jahresbeginn sind die Erzeugerpreise für Bio-Milch auf breiter Front im Sinkflug begriffen.

„Wir brauchen dringend eine Umkehr dieses negativen Trends. Die Bio-Milchpreise entfernen sich aktuell immer weiter von dem, was Betriebe, die nach den hohen Standards von Bioland und Naturland arbeiten, für eine kostendeckende Produktion brauchen. Es liegt in der Verantwortung der Partner entlang der Wertschöpfungskette, hier für die notwendige preisliche Stabilität zu sorgen“, fordern die Präsidenten der beiden Verbände, Jan Plagge und Hubert Heigl, in einer gemeinsamen Stellungnahme.  

Eine besondere Verantwortung sehen Naturland und Bioland hier beim Handel. „Unsere Bio-Milchbetriebe zahlen derzeit die Zeche für das extreme Auf und Ab der Ladenpreise im vergangenen Jahr, das die Verbraucher verunsichert hat“, betont Naturland-Präsident Heigl. Vor allem aber dürften solche extremen Schwankungen im Verkauf sich nicht auf die Bezahlung der Erzeuger auswirken, sind sich die beiden Verbandspräsidenten einig: „Unsere Betriebe brauchen einen soliden und beständigen Preis, um ihre hohen Nachhaltigkeitsstandards bei der Bio-Milch-Produktion auch langfristig halten zu können“, unterstreicht Bioland-Präsident Plagge.

67 Cent als aktueller Orientierungspreis für besonders nachhaltige Bio-Milchproduktion

Wie müsste ein vollkostendeckender Preis für die Milchbetriebe der beiden führenden Verbände aussehen? Die Beratungen von Bioland und Naturland kommen auf einen aktuellen Preis von 67 Cent je Kilogramm Rohmilch. Beide Verbände haben diesen Orientierungspreis in entsprechenden Schreiben an ihre Marktpartner kommuniziert.

„Nachhaltigkeit und Tierwohl gibt es nicht zum Nulltarif. Mit dem Orientierungspreis schaffen wir Transparenz darüber, was es bedeutet, kostendeckend Bio-Milch nach den besonders strengen Richtlinien von Naturland und Bioland zu produzieren“, sagt Bioland-Präsident Jan Plagge. „Wir geben damit verbändeübergreifend Orientierung für alle Mitglieder in der Wertschöpfungskette“, ergänzt Naturland-Präsident Hubert Heigl.  

Anhand des Orientierungspreises können die Molkereien und insbesondere der Handel ihre jeweilige Verantwortung innerhalb der Wertschöpfungskette für das In-Wert-Setzen der hohen verbandlichen Nachhaltigkeitsstandards aktiv übernehmen. Der Orientierungspreis übernimmt die Funktion vergleichbar einer „Unverbindlichen Preisempfehlung“. Heigl und Plagge betonen zugleich, dass der Preis nur einer von mehreren Faktoren im Bio-Milchmarkt sei. Auch die von den Erzeugern produzierte Milchmenge spiele eine entscheidende Rolle.

So wird der Orientierungspreis berechnet

Den Orientierungspreis haben die Beratungen der beiden Verbände jeweils auf Basis einer Vollkostenrechnung ermittelt. Als Grundlage für die Berechnung dienten Daten des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) sowie anderer Einrichtungen von Bund und Ländern. Prämien und Nebenerlöse, z.B. aus Tierverkäufen, wurden mit einbezogen. Faktoren, welche die Vollkosten generell beeinflussen, sind unter anderem: Anzahl der Kühe, Rasse der Tiere, Betriebsgröße, Milchleistung, Flächenausstattung, klimatische Bedingungen, Struktur der Betriebe. Darüber hinaus werden die Vollkosten bei Bioland und Naturland zusätzlich bestimmt durch das höhere Tierwohl in der Haltung, Bio-Futter aus eigener regionaler Erzeugung sowie Leistungen für Biodiversität, Klima- und Umweltschutz.

Eine Weiterentwicklung als verbindliche Nachhaltigkeitsvereinbarung unter Art. 210a GMO („Gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse“) ist im nächsten Schritt denkbar. Ziel dieser neuen EU-Ausnahme vom Kartellrecht ist es, den landwirtschaftlichen Erzeugern langfristige Partnerschaften mit ihren Abnehmern und kostendeckende Preise für freiwillige Nachhaltigkeitsleistungen in den Bereichen Tierwohl, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft, Klima- und Umweltschutz zu ermöglichen.



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