Bioland fordert Wende in der Pestizidpolitik

Einen Monat vor der Bundestagswahl unterstreicht der Bio-Anbauverband seine Forderungen nach einer Pestizidabgabe und dem Ausbau des Ökolandbaus

Der Bioland e.V. fordert von den zukünftigen Regierungsparteien eine Wende in der Pestizid-Politik und Rahmenbedingungen, die zu einer deutlichen Reduzierung des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pestiziden führen. Wie eine Studie zeigt, ist eine Pestizidabgabe dazu ein wirksames Mittel. Auch der Ausbau des Ökolandbaus insgesamt schützt Umwelt und Arten vor den schädlichen chemisch-synthetischen Pestiziden. Zudem muss die Politik das große Problem von abgedrifteten Pestiziden endlich angehen.

Der Schutz von Umwelt und Grundwasser, das Artensterben und der Biodiversitätsverlust in der Agrarlandschaft sind Schlagworte, die man im Wahlkampf von allen Seiten hört. „Doch Worten müssen nun Taten folgen“, fordert Gerald Wehde, Leiter Agrarpolitik und Kommunikation bei Bioland. „In Sachen Pestizid-Reduktion ist in den letzten Jahren politisch nichts vorangegangen. Die Europäische Kommission will mit ihrem Green Deal den Einsatz von Pestiziden bis 2030 um 50 Prozent verringern. Das ist in Deutschland jedoch nur mit einer Pestizidabgabe und dem forcierten Ausbau des Ökolandbaus zu schaffen. Eine Pestizidabgabe muss daher zentraler Baustein der Reduktionsstrategie werden“, so Wehde.

Eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) im Auftrag eines breiten Bündnisses zeigt, dass durch eine Pestizidabgabe die Halbierung des Pestizideinsatzes erreicht werden kann. Mit diesem marktwirtschaftlichen Instrument würden die Hersteller und Anwender endlich in die Pflicht genommen und das Verursacherprinzip greifen. Das ist auch dringend notwendig, wie Wehde unterstreicht: „Die Schäden an der biologischen Vielfalt durch Pestizide sind nicht mehr hinnehmbar, genauso wenig wie die Zusatzkosten zum Schutz und Aufbereitung unseres Trinkwassers, die wir alle über höhere Wasserpreise zu spüren bekommen.“

Mit dem forcierten Ausbau des Ökolandbaus steht ein zweites Instrument zur Verfügung, um mit der Pestizidreduktion voranzukommen, denn Bio-Landwirte verzichten auf chemisch-synthetische Pestizide und mineralische Stickstoffdünger. „Das Erreichen des 25-Prozent-Ökolandbauziels der EU würde daher faktisch auch bedeuten, dass auf einem Viertel der Agrarfläche auf chemisch-synthetische Pestizide verzichtet wird“, so Wehde. Umso mehr müsse die nächste Bundesregierung daher bei der Transformation der Landwirtschaft einen Schwerpunkt auf den Ausbau des Ökolandbaus legen.

Abdrift nicht weiter ignorieren

Bioland wirft Politik und den Zulassungsbehörden von Pestiziden Versagen beim Schutz von Bauern und Bürgern vor der Abdrift bestimmter leichtflüchtiger Pestizide wie Pendimethalin und Prosulfocarb vor. Denn diese Wirkstoffe können zu 90 Prozent verloren gehen, landen also bei weitem nicht nur dort, wo sie ausgebracht wurden. Auch das für die Biodiversität besonders schädliche und häufig verwendete Totalherbizid Glyphosat ist in der Umwelt weit verbreitet.

Neben der Artenvielfalt und der Umwelt leiden auch Bio-Betriebe unter diesem Abdriftproblem. Meist kann der Verursacher nicht ermittelt werden; die Kosten für kontaminierte Ernten trägt der geschädigte Bio-Betrieb selbst, indem er biologisch erzeugte Lebensmittel nicht als solche verkaufen kann.

„Die jahrelange Ignoranz der zuständigen Behörden gegenüber dem Ferntransport von Pestiziden hat System. Diese Verzögerungstaktik ist im Interesse der Pestizidhersteller, die ihre Problemwirkstoffe so lange wie möglich am Markt halten wollen“, prangert Wehde an. Es liege nun an der neuen Bundesregierung, hier endlich Abhilfe zu schaffen.

Seit vielen Jahren ist dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und den Zulassungsbehörden bereits bekannt, dass sich bestimmte Pestizide von konventionellen Äckern verflüchtigen und vom Wind über weite Strecken getragen werden. Dort, wo sie niedergehen, belasten sie die Ernten aller Bauern, auch die von Biobauern, die unter besonders strengen Auflagen und Kontrollen wirtschaften. Dies hat zur Folge, dass sie ihre Bio-Erzeugnisse wie Gemüse oder Kräuter und Tees nicht mehr als Bio vermarkten können. Eine Chronik des Versagens des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung sowie den zuständigen Zulassungsbehörden beim Thema Ferntransport von Pestiziden ist hier zu finden.

 



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