Bio muss Treiber für die gesamte Landwirtschaft sein

Bioland diskutiert am 50. Geburtstag mit Gästen aus Politik, Verband und Handel

Wie gelingt der konsequente Umbau der Landwirtschaft? Und wie können Erfahrungen aus einem halben Jahrhundert Verbandsgeschichte dabei helfen, diesen Umbau zu realisieren? Bei einer politischen Matinee zum 50. Geburtstag von Bioland diskutierten am vergangenen Sonntag Renate Künast, Mitglied des Bundestages, Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Klaus Fickert, Geschäftsführer EDEKA Handelsgesellschaft Südwest, Bioland-Präsident Jan Plagge, Junges Bioland-Vorsitzende Theresia Kübler und Marcus Arzt, Bioland-Landesvorstand Baden-Württemberg über das Modell Bioland als Blaupause für eine enkelgerechte Land- und Lebensmittelwirtschaft. Übertragen wurde das von der Journalistin Dr. Tanja Busse moderierte politische Podium aus dem Rittersaal auf Schloss Kirchberg in Kirchberg an der Jagst.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann bemerkt im digitalen Grußwort vorab: „Auch heute beweisen Bioländerinnen und Bioländer den selben Mut und Pioniergeist, den schon die Gründerinnen und Gründer des Verbandes verspürten. Indem sie innovative, schonende Anbaumethoden und neue, clevere Vermarktungswege ausprobieren, werden sie den gesteigerten Qualitätsanforderungen aus der Mitte der Gesellschaft gerecht und schützen unsere Umwelt.“

Bioland-Präsident Jan Plagge blickt mit Dankbarkeit zurück auf die Verbandsgeschichte und unterstreicht: „An den inneren Überzeugungen hat man immer festgehalten. Der eigentliche Sinn in unserem landwirtschaftlichen Arbeiten ist die Bewahrung der Lebensgrundlagen – das ist in den Bioland-Prinzipien auch fest verankert. Geld und Gewinn dürfen nur Mittel sein und nie der Zweck des Wirtschaftens – daher müssen wir den Prozess wieder umdrehen: Die Ökonomie muss der Ökologie folgen und nicht umgekehrt.“

In Bezug auf den voranschreitenden Klimawandel macht Renate Künast deutlich: „Wir müssen uns vorstellen, wo wir mit der jetzigen Wirtschaftsweise 2030 oder 2050 landen. Wenn wir da nicht landen wollen, müssen wir rückwärts denken und uns überlegen, welche Schritte wir heute unternehmen, um das zu vermeiden.“ Die ehemalige Landwirtschaftsministerin fordert einen Umbau der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) und konkrete Maßnahmen, wie den Mehr-Einsatz von Bio-Produkten in der Außer-Haus-Verpflegung: „Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser müssen anders einkaufen.“ Auch eine stetig wachsende gesellschaftliche Debatte über die Ernährung mit Fleisch werde es geben, so die Grünen-Politikerin.

Bio muss Treiber für die gesamte Landwirtschaft sein

Bioland-Präsident Jan Plagge mahnt: „Wenn wir den ökologischen Weg nicht schnell genug weitergehen, werden wir es nicht schaffen, den Fortbestand der Menschheit auf unserem Planeten zu sichern. Die politische Führung muss anerkennen, dass Bio das Leitbild ist und keine Bedrohung für den konventionellen Food-Sektor bedeutet. Was uns in Deutschland fehlt, ist ein Ministerium, das eine stimmige Vorstellung für die gesamte Landwirtschaft im Blick hat und nicht weiterhin glaubt, dass eine Transformation ohne Bio möglich ist“, so Plagge. Allerdings könne man nicht immer nur auf die richtigen Rahmenbedingungen warten. „Bio muss weiter vorneweg gehen, ein Treiber für die gesamte Landwirtschaft sein und als solcher auch anerkannt werden.“

DBV-Präsident Joachim Rukwied bekräftigt: „Der Ökolandbau ist mittlerweile ein unverzichtbarer Teil der Landwirtschaft mit ständig steigendem Marktanteil. Diese Dynamik wird sich fortsetzen.“ Auch der Deutsche Bauernverband sei zur Veränderung bereit: „Wir müssen miteinander über den besten Weg nach vorne diskutieren und gemeinsam die Landwirtschaft weiterentwickeln. Wir fordern die Politik dazu auf, diesen Transformationsprozess zu begleiten.“

Theresia Kübler ergänzt: „Deutschland nimmt in Europa eine Vorbildfunktion bei der Transformation der Landwirtschaft ein, der wir auch gerecht werden müssen.“ Die Politik müsse dazu den richtigen Boden bereiten: „Der Rahmenlehrplan in der Ausbildung der Bauern und Bäuerinnen sowie der Gärtnerinnen und Gärtner muss Richtung Zukunft angepasst werden und auch in der Beratung brauchen wir neue Rahmenbedingungen.“

Gemeinsam am Markt und gemeinsam für Gentechnikfreiheit

Die Vernetzung zwischen Handel und Erzeugung schafft am Markt Rahmenbedingungen dafür, dass der Absatz von Bio-Produkten weiterwachsen kann. „Eine Umstellung allein auf dem Acker reicht nicht aus“, sagt Marcus Arzt. „Der Bauer muss sich auch selbst um die Inwertsetzung seiner Arbeit kümmern. Neben den Erzeugern tragen unsere mittlerweile über 1.300 Partner aus Herstellung und Handel eine große Verantwortung.“ Einer dieser Partner ist die EDEKA Handelsgesellschaft Südwest. Deren Geschäftsführer Klaus Fickert kommentiert: „Nachhaltigkeit und Bio-Qualität gewinnen stetig an Bedeutung – die Wachstumsraten sprechen für sich. Aber wir glauben: Da geht noch was. Also packen wir es gemeinsam an!“

Gemeinsamkeit besteht auch zwischen Künast und Plagge beim Thema Gentechnikfreiheit. Der Verbandspräsident unterstreicht die Bioland-Position: „Als Verband bestehen wir auf Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf gentechnikfreier Lebensmittel und setzen uns ein für eine verpflichtende Kennzeichnung. Die Deregulierung der neuen Gentechniken muss verhindert werden“, betont er im Hinblick auf die Studie der EU-Kommission zum Umgang mit den Verfahren der neuen Gentechnik, die Ende April in Brüssel vorgestellt werden soll. Künast stellt dazu fest: „Der Einsatz der neuen Gentechniken endet in einer Sackgasse. Warum sollte sich die Landwirtschaft weiter in die Abhängigkeit einiger weniger, großer Unternehmen begeben? Deutschland wird das in Europa nicht unterstützen, wenn die Grünen in der Regierung sein sollten.“

Die Aufzeichnung der Veranstaltung kann hier aufgerufen werden. Hier steht ein Pressefoto zum Download zur Verfügung (Fotonachweis: Bioland / Freiraumfoto.de). Die Meilensteine der Bioland-Geschichte haben wir auf unserer Website übersichtlich dargestellt. Alle aktuellen Informationen zum Jubiläum sind auf www.bioland.de/geburtstag abrufbar und dürfen gerne zur weiteren Veröffentlichung verwendet werden.

 



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