Saatgutüberwachung verstärken, Wahlfreiheit bei neuer Gentechnik sichern!

Das fordern Greenpeace, IG Saatgut und Bioland von den Bundesländern und der Bundesregierung anlässlich der Ergebnisse der Saatgutkontrollen der Bundesländer

In den Kontrollen von Saatgut auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) haben die zuständigen Länderbehörden im Jahr 2023 in keiner der insgesamt 818 beprobten Saatgutpartien Verunreinigungen nachgewiesen. Dies ist erfreulich, da in vergangenen Jahren wiederholt vor allem bei Mais Verunreinigungen mit GVO festgestellt worden waren. Allerdings wurden in den vergangenen Jahren auch immer wieder Verunreinigungen bekannt, die in den derzeit praktizierten stichprobenartigen Behörden-Kontrollen eines Teils der Saatgutpartien nicht entdeckt wurden. Die Ergebnisse der Kontrollen in 2023 wurden von den Behörden erst kürzlich mit einigen Monaten Verzögerung veröffentlicht.

Greenpeace, Bioland und die Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut) fordern die Bundesländer zu diesem Anlass auf, ihre Saatgutkontrollen weiter zu verstärken und Saatgut auch auf Verunreinigungen mit neuer Gentechnik zu überprüfen. Darüber hinaus muss die Bundesregierung dem derzeit auf EU-Ebene diskutierten Gesetzesvorschlag zur Deregulierung der neuen Gentechnik bei Pflanzen ihre Zustimmung verweigern.

„Nur wenn auch neuartige Gentechnik-Verfahren wie CRISPR/Cas weiterhin unter dem Gentechnikrecht reguliert werden, kann die Wahlfreiheit erhalten bleiben“, sagt Bioland-Präsident Jan Plagge. „Es braucht Zulassungsverfahren mit gründlicher Risikoprüfung, eine Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von neuer Gentechnik entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie wirksame Koexistenz- und Haftungsregeln. Auch die Pflicht zur Vorlage von Nachweisverfahren für Unternehmen, die neue Gentechnik-Konstrukte auf den Markt bringen, muss aufrechterhalten werden.“

„Kontrollen auf Verunreinigungen mit Gentechnik machen nur Sinn, wenn auch nach allen bekannten Gentechnik-Pflanzen gesucht wird. Das ist noch immer nicht der Fall, obwohl neue Gentechnik-Pflanzen in den USA und Japan bereits angebaut werden“, sagt Christiane Huxdorff, Landwirtschaftsexpertin bei Greenpeace. „Die Unternehmen müssen verpflichtet werden, vor dem Inverkehrbringen Nachweisverfahren und das notwendige Pflanzenmaterial vorzulegen. Zudem müssen die Behörden dringend weitere Methoden für den Nachweis neuer GVO-Pflanzen entwickeln .“

„Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zur Deregulierung der neuen Gentechnik ist grundlegend verfehlt“, sagt Stefanie Hundsdorfer von der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut). „Die Umsetzung dieser Deregulierung würde die gentechnikfreie Züchtung, Saatguterzeugung und Lebensmittelproduktion massiv bedrohen. Daran ändern auch geringfügige Nachbesserungen an wenigen Stellen des Vorschlags, wie sie die belgische Ratspräsidentschaft vorschlägt, nichts. Insbesondere die Frage der Patente auf neuartige Gentechnik-Pflanzen kann im Rahmen von EU-Recht nicht rechtssicher gelöst werden. Die Bundesregierung sollte den vielfältigen juristischen und wissenschaftlich fundierten Bedenken Rechnung tragen und diesem Deregulierungs-Vorschlag ihre Zustimmung verweigern.“

Die Ergebnisse des Saatgutmonitorings der Bundesländer finden sich hier: 

https://www.lag-gentechnik.de/documents/saatgutueberwachung-gvo-01102022-bis-30092023_2_1704810144.pdf

Mit einem Grundsatzurteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 25. Juli 2018 entschieden, dass neue gentechnische Verfahren wie CRISPR-Cas unter dem europäischen Gentechnikrecht zu regulieren sind. Die EU-Kommission strebt jedoch eine Deregulierung der neuen Gentechniken an und veröffentlichte im Juni 2023 einen entsprechenden Gesetzesvorschlag. Das EU-Parlament stimmte am 7. Februar 2024 seine Position zu diesem Verordnungsvorschlag der EU-Kommission ab. Dabei fand eine weitgehende Deregulierung zwar eine knappe Mehrheit, das Parlament sprach sich – anders als die EU-Kommission – aber auch für eine Kennzeichnungspflicht und Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette aus. Bevor ein Gesetz beschlossen werden kann, muss im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Einigung im EU-Ministerrat gefunden werden. Danach müssen sich Parlament und Rat auf einen Gesetzestext einigen. Ob dies noch vor den EU-Wahlen im Juni 2024 gelingt, ist derzeit unsicher.
 



Bioland e.V.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kaiserstr. 18, 55116 Mainz
E-Mail: presse(at)bioland.de
Tel.: 06131 239 79 20