Humusaufbau im Boden ist eine wichtige Klimaleistung des Ökolandbaus. Doch es gibt noch weit mehr. (Foto: Annegret Grafen)

Aktive Wissenschaftler argumentieren für Ökolandbau

Beitrag zum Klimaschutz ist ein positiver Aspekt von vielen. Emeritierter Professor polarisiert mit einer Veröffentlichung unnötig.

Der politisch gewollte Ausbau des Ökolandbaus motiviert Gegner, ihre Ablehnung mit Äußerungen von Wissenschaftlern zu unterlegen. So hat der emeritierte Berliner Professor Harald von Witzke sich kürzlich in einem Schreiben des konservativen Thaer Forums für Agrikultur (TFFA) geäußert und den Ausbau des Ökolandbaus kritisiert. Die positive Bewertung basiere auf einer falschen Methode. Eventuelle Verlagerungseffekte von Umwelt- und Klimawirkungen würden außer Acht gelassen, eine Ausweitung des Ökolandbaus könne nicht nachhaltig sein. Er stellte die Nachhaltigkeitsberechnungen auf eine Ebene mit dem betrügerischen Dieselskandal.

Kritik zu pauschal und einseitig
Drei aktiv in der Forschung tätige Agrarwissenschaftler kritisieren den Beitrag nun als unzulänglich. Sie haben ein gemeinsames Schreiben an den Nachrichtendienst AgraEurope verfasst. Von Witzkes „pauschale und einseitige“ Kritik sei weder sachlich richtig, noch helfe sie bei der Bewältigung der enormen ökologischen Herausforderungen, heißt es in einem Beitrag von Dr. Adrian Müller, Dr. Jürn Sanders und Prof. Andreas Gattinger für AGRA-EUROPE. Die drei arbeiten an der Justus-Liebig Universität Gießen sowie an den Forschungsinstituten für biologischen Landbau (FiBL) der Schweiz und Deutschland.

Erstens, so argumentieren sie, reiche der Fokus auf Treibhausgase nicht aus – auch die Biodiversitätsverluste, Gewässerverschmutzung und Pestizidnutzung führe zu erheblichen Umweltfolgekosten des heutigen Agrarsystems. Diese wurden von der Zukunftskommission Landwirtschaft mit 90 Mrd. Euro jährlich (allein in Deutschland) beziffert.

Zweitens seien Verlagerungseffekte ins Ausland bei einer ökologischeren Produktion empirisch nicht zu ermitteln, da sie je nach Standort, Kultur und Produktionsintensität großen Schwankungen unterliegt. „Die Schlussfolgerung, dass mehr Ökolandbau bei uns unvermeidlich mit mehr Umweltzerstörung anderswo einhergehe, ist zu einfach gedacht und deshalb zurückzuweisen“, stellen die Autoren fest.   

Drittens plädieren sie dafür, ideologische Grabenkämpfe zu vermeiden. Eine undifferenzierte Herangehensweise helfe bei der Bewältigung der ökologischen Herausforderungen nicht. Wichtig sei es, das gesamte Agrar- und Ernährungssystem in den Blick zu nehmen, denn noch immer werde ein Drittel des Essens weggeworfen und zu viel Ackerfläche für die intensive Tierhaltung genutzt.

Mehrere Strategien nötig für die Transformation
Die Wissenschaftler stellen fest: „Weiter so wie bisher mit zusätzlicher Intensivierung ist genauso wenig eine Lösung wie zu 100 Prozent auf den biologischen Landbau umzustellen, ohne die Konsummuster zu verändern.“  

Es müssten also verschieden Strategien gleichzeitig verfolgt werden, Ökolandbau sei ein Teil davon. Auch nachhaltige Ansätze, die Effizienz zu steigern, gehörten dazu, ohne jedoch die Belastbarkeitsgrenzen der Ökosysteme zu überschreiten. Gattinger, Müller und Sanders ziehen das Fazit: Die Ziele des Green Deal und der Farm-to-Fork Strategie weisen den richtigen Weg. Die notwendige Transformation muss jedoch, neben einem Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, auch auf Konsumebene und entlang der ganzen Wertschöpfungskette angegangen werden.Das Thaer Forum lehnt auch diese Strategiepapiere der europäischen Agrarpolitik ab.

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