Einsatz von Pflanzenkohle

PflanzenbauSH/HH/MVSchleswig-Holstein|Hamburg|Mecklenburg-Vorpommern15.12.25

Pflanzenkohle kann als N- und C- Stabilisator. Die Wirksamkeit der NH3-Minderung ist dabei stark Abhängig von der Qualität und dem Einsatz. Wie kann das volle Potential entfaltet werden und die Pflanzenkohle effektiv eingesetzt.

Einsatz von Pflanzenkohle für Nährstoffstabilisierung und Emissionsminder

Pflanzenkohle in der Landwirtschaft: Für Nährstoffstabilisierung und Emissionsminderung

Pflanzenkohle (PK) ist ein faszinierendes Werkzeug für den Ökolandbau. Sie ist ein hochporöser, schwarzer Schwamm, der Stickstoff (N) und Kohlenstoff (C) stabilisiert und so zur Bodenverbesserung und zum Klimaschutz beiträgt. Ihr volles Potenzial entfaltet sie jedoch nur durch ein ganzheitliches, systemisches Management.

Aktuelle Forschung zeigt: PK ist kein Wundermittel, das man einfach in jede Gülle kippen kann. Ihre Wirksamkeit hängt stark von der richtigen Qualität und einer synergetischen Anwendung ab. Vor allem die Ammoniak-Minderung (NH3) ist wissenschaftlich umstritten – das liegt aber nicht an der Kohle selbst, sondern oft an ihrer falschen Anwendung.

1. Warum sind die Ergebnisse so widersprüchlich

Untersuchungen von Institutionen wie der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) konnten keine generelle, signifikante Ammoniak-Minderung durch Pflanzenkohle feststellen. Im Gegensatz dazu berichten viele Praktiker und Verbände von sehr positiven Effekten.

Die Hauptursache für diese widersprüchlichen Ergebnisse liegt in drei kritischen "Anwendungsfallen":

  • Der falsche Kohle-Typ. Nur pyrolytisch hergestellte Pflanzenkohle (hohe Temperatur, ca. 700 °C) mit der notwendigen Porosität und Kationenaustauschkapazität (KAK) ist zur Bindung des nicht-flüchtigen Ammoniumions (NH4) geeignet. Sogenannte HTC-Kohle (hydrothermale Karbonisierung) ist in der Regel unwirksam.

  • Die unkontrollierte pH-Falle. PK wirkt nicht primär als pH-Senker, sondern bindet Stickstoff (N) in Form von stabilem NH4. Da Gülle von Natur aus oft basisch ist (pH > 7,0) und PK selbst leicht basisch reagieren kann, droht eine Erhöhung des pH-Werts, was die NH3-Freisetzung paradoxerweise steigert. Der N-Stabilisator PK funktioniert nur, wenn der pH-Wert bereits niedrig genug ist!

  • Zugabe zu alter Gülle. PK sollte nur der frischen Gülle zugegeben werden. In alter, bereits vergorener Gülle ist der pH-Wert meist schon hoch, was die Gefahr von Ammoniak-Verlusten erhöht. Außerdem ist der Effekt bei frischer Gülle viel früher und somit größer.

Pflanzenkohle ist in erster Linie ein Nährstoffstabilisator und CO₂-Sequestrierungsmittel, nicht in erster Linie ein universeller NH₃-Minderer.

2. Das Prinzip der Kaskadennutzung

Die Kaskadennutzung ist die ökologisch und ökonomisch attraktivste Strategie. Sie beschreibt den Weg der Kohle von der Tiergesundheit über die Gülle/den Mist bis hin zur Langzeit-Speicherung im Boden. Die Kohle wird dabei mit Nährstoffen „aufgeladen“, bevor sie auf dem Feld ausgebracht wird.

Die Fütterung von PK bietet den frühestmöglichen Kontakt mit den Nährstoffen und kombiniert Tiergesundheit mit N-Stabilisierung. Für Kühe können Mengen ab 15g/Kuh/tag schon Effekte bringen. Man spricht bei bis zu 200g von einem Effekt auf ein Ausgleich im Verdauungssystem (Azidose und Ketos werden abgepuffert), Entgiftung und verbesserte Spurenelementaufnahme. In Einzelfällen kann auch eine Menge von bis zu 400g zur Stabilisierung der Körperkondition verabreicht werden. Das Beispiel der Rinder ist auch auf andere Tierarten übertragbar und zeigt z.B. im Bereich der Schweinehaltung ebenfalls sehr positive Effekte.

Regulatorische Einschränkung: Der Einsatz von Pflanzenkohl in der Fütterung ist von der EU-VO her kritisch zu Betrachten und es gibt keine Allgemeine Zulassung. Es besteht die Möglichkeit des Einsatzes über tierärztliche Verordnung oder nach Rücksprache mit der Kontrollstelle.

Die Anwendung von Pflanzenkohle auf dem Spaltenboden oder in der Einstreu ist die derzeit rechtskonforme und logistisch praktikable Alternative für Ökobetriebe, um die die NH3-Emissionen direkt an der Quelle zu mindern und die Gülle aufzuladen.

  • Mechanismus: Die poröse Kohle saugt den Harnstoff im Urin sofort auf und bindet ihn, bevor das Enzym Urease aus dem Kot ihn zu flüchtigem Ammoniak spalten kann.

  • Emissionsminderung: In Stall- und Mist-Systemen konnten Reduktionen von 50 % bis 70 % durch die Beigabe von Pflanzenkohle in die Einstreu beobachtet werden.

3. Konkrete Handlungsempfehlungen

Um die Vorteile von Pflanzenkohle zur Aktivierung der der Gülle zu nutzen und die Ammoniak-Emissionen zu vermeiden ist ein integriertes Management notwendig:

1. Die richtige Qualität:

  • Ausschließlich pyrolytische Pflanzenkohle verwenden.

  • Auf die Listung in der Fibl- Betriebsmittelliste achten

  • Hohe Qualitätsstandards beachten, gerade bei der Fütterung sind PAK´s zu beachten.

2. Optimierter Einsatz:

  • Bevorzugte Anwendung im Stall (Einstreu oder Spaltenboden): Dies sorgt für frühestmöglichen Kontakt mit den Ausscheidungen und damit für die höchste NH3-Minderungseffizienz.

  • Ansonsten der frischen Gülle zufügen indem die Pflanzenkohle in den Güllekeller eingemischt wird, oder spätestens beim Umpumpen.

  • Kombination mit Ansäuerung: Mit dem Einsatz biologische Zusätze wie Effektive Mikroorganismen (EM) oder Sauerkrautsaft, den pH-Wert der Gülle biologisch absenken. Die pH-Absenkung stabilisiert den Stickstoff (NH4), und die PK bindet ihn im Porensystem und schützt ihn vor Auswaschung. Benötigt jedoch viel Input.

3. Blick auf den Gesamtnutzen:

  • Die wissenschaftlich erwiesenen Hauptvorteile von PK sind die dauerhafte CO₂-Sequestrierung im Boden, die Reduktion der Nitratauswaschung und die Verminderten Ammoniakemissionen

  • Diese Vorteile treten kumulativ auf und können die Düngeeffizienz und den Humusaufbau erst nach mehreren Anwendungsjahren messbar verbessern.

Fazit:

Pflanzenkohle ist ein unverzichtbares Werkzeug für die ganzheitliche N- und C-Stabilisierung im Betrieb. Um Ammoniakverluste zu minimieren, setze auf die Kaskadennutzung und die Kombination mit pH-senkenden Maßnahmen (Ansäuerung oder biologische Gärung). Die direkte Anwendung im Stall ist der effizienteste Weg, um sofort NH3-Emissionen zu reduzieren und die Kohle für die Bodenausbringung aufzuladen.

Text: Christian Odinga