Artikelübersicht

Ökolandbau dient der Natur

Politik29.10.25

Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur bietet der Biolandwirtschaft Chancen. Gegner arbeiten mit Falschbehauptungen.

Ökolandbau lässt Vielfalt zu, darum ist er ein Werkzeug zur Verbesserung der biologischen Vielfalt. (Foto: Sonja Herpich)

Die europäische Wiederherstellungsverordnung (WVO) verpflichtet alle EU-Mitgliedstaaten zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme. Sie ist seit August 2024 in Kraft.   Bis 2030 sollen auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen Wiederherstellungsmaßnahmen ergriffen werden, bis 2050 auf allen sanierungsbedürftigen Ökosystemen.

Das Tagfalter-Monitoring zeigt aber, dass die Schäden an der Umwelt weiter voranschreiten. Dies zeigt eine Studie des Umweltforschungszentrum Leipzig, die im September erschienen ist, anhand von Daten aus den vergangenen Jahren.

Deutschland muss wie alle Mitgliedsstaaten bis September 2026 zunächst einen Entwurf für den nationalen Wiederherstellungsplan vorlegen. Bis 2027 soll der EU eine finale Version vorliegen. 

Da der Naturschutz Ländersache ist, mussten die Bundesländer Maßnahmen und weitere Daten zur Umsetzung bis 22. Oktober an das Bundesamt für Naturschutz (BfN) melden. Gegenwind kommt derweil von Verbänden der Landnutzenden wie Familienbetriebe Land und Forst oder dem Deutschen Bauernverband (DBV) und insbesondere konservativen Politikern. Die Forderungen reichen bis zum Rückbau des Gesetzes. Doch die Bundesregierung hat bereits klar gemacht, dass sie das erreichte Ergebnis nicht gefährden will.

Landwirtschaft trägt besondere Verantwortung
Landwirtschaftliche Ökosysteme sind zentral für die WVO, da sie stark betroffen sind vom Biodiversitätsverlust und Artensterben. Die Verordnung fordert eine nachhaltige, biodiversitätsfreundliche Bewirtschaftung, aber erkennt zugleich die Rolle der Landwirtschaft für Ernährungssicherheit und Klimaresilienz an.  Die Landwirtschaft ist betroffen von den WVO-Abschnitten zur Wiederherstellung von landwirtschaftlichen Ökosystemen (Art. 11), Bestäuberpopulationen (Art. 10) und besonders wertvollen Lebensraumtypen (Art.4). Lebensraumtypen sind wiederhergestellt, wenn sie einen günstigen Erhaltungszustand erreichen. Auf 30 Prozent der Gesamtfläche dieser Lebensraumtypen müssen bis 2030 Wiederherstellungsmaßnahmen (W-Maßnahmen) ergriffen werden. Vorrangig sollen Natura-2000-Gebiete wiederhergestellt werden, die in Deutschland schon heute 15 Prozent der Landfläche ausmachen. 

Für landwirtschaftliche Ökosysteme gibt es außer für Moorböden keine Flächenziele, sondern Indikatoren wie beispielsweise den Feldvogelindex oder den Grünlandschmetterlingsindex, die Biodiversität direkt erfassen. Während die Verbesserung der biologischen Vielfalt über Bestäuberpopulationen und Feldvögel festgelegt ist, können die Mitgliedsstaaten bei weiteren Indikatoren wählen. Bei zwei aus drei weiteren Indikatoren soll ebenfalls die Trendumkehr gelingen: beim Grünlandschmetterlingsindex, dem Bodenkohlenstoffgehalt oder dem Anteil von Landschaftselementen mit hoher Vielfalt. Bioland und BÖLW kritisieren, dass der organische Bodenkohlenstoff kein Indikator ist, der die Biodiversität widerspiegelt. Zudem ist die Ermittlung fehleranfällig. 

Stimmungsmache mit Falschbehauptungen
Viele Politiker:innen machen derzeit Stimmung, indem sie über hohe Anforderungen der WVO klagen. Doch nationale Abkommen wie die Nationale Strategie zur Artenvielfalt sind bereits viel strenger. Anders als von DBV und Politikern wie Markus Söder behauptet, verpflichtet die WVO Landnutzende nicht. Vielmehr liegt es in nationaler Verantwortung, auf welchem Weg die Wiederherstellung zu erreichen ist. Deutschland könnte zwar auch zum Ordnungsrecht greifen, doch das ist weder politisch gewollt noch durch die WVO vorgesehen. Über Anreize sollen Landnutzende und -eigentümer freiwillig renaturieren, oder es können Synergien von Maßnahmen genutzt werden, die gleichzeitig auf mehrere Ziele einzahlen. 

Öko-Betriebe im Vorteil
Risiken für Landnutzende und -eigentümer liegen in der Auswahl der Indikatoren, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Auch könnte Deutschland potenziell Ordnungsrecht anwenden. Zudem könnte das Wiedervernässen landwirtschaftlich genutzter Moorböden den landwirtschaftlichen Betrieb beeinträchtigen.

Den gesellschaftlichen Nutzen der Wiederherstellung beziffert die EU auf das zwölffache der Kosten für die Umsetzung. Landwirtschaftliche Betriebe könnten profitieren von mehr verfügbaren Fördergeldern, einer höheren Resilienz der Wirtschaftsgrundlagen und stabileren Erträgen. GAP-Maßnahmen, die dem Ziel der Verbesserung der biologischen Vielfalt von landwirtschaftlichen Ökosystemen folgen, können als W-Maßnahmen genutzt werden. Da gerade der Ökolandbau nachweislich Naturschutz mit Ernährungssicherung vereint, stellt er ein erprobtes Instrument dar, welches direkt auf die Zielvorgaben der WVO einzahlt. Daher wird Ökolandbau auch beispielhaft im Gesetz aufgeführt.

Unklar ist indes, wie die Wiederherstellungsmaßnahmen finanziert werden sollen. Neben bestehenden nationalen Finanzmitteln wie dem Aktionsprogramm natürliche Klimaschutz (ANK) oder EU-weiten Mitteln wie der GAP, sieht die EU auch privatwirtschaftliche Quellen vor wie „Nature Credits“ oder das Umlenken von biodiversitätsschädlichen Subventionen.