Jubiläum mit Perspektive
Spendengelder bringen die Bio-Landwirtschaft deutlich voran. Berichte zur Jubiläumsfeier der Zukunftsstiftung Landwirtschaft ermutigen.

Der Samen für ökologisch gezüchteten Rosenkohl reift heran, zeigte Gemüsezüchter Christoph Matthes. Ermöglicht hat dies die Zukunftsstiftung Landwirtschaft, die seit 25 Jahren Projekte finanziert. Für zehn Generationen braucht Rosenkohl 20 Jahre. (Foto: Brigitte Stein)
Einen Strauß neuer Impulse und Forschungsideen schenkten die Festredner der Zukunftsstiftung Landwirtschaft (ZSL) zum Geburtstag. In 25 Jahren hat die Stiftung insgesamt rund 30 Millionen Euro an 1.500 Projekte vergeben, blickte Geschäftsführer Oliver Willing zurück. „Wir haben Geld weitergegeben, das uns Menschen geschenkt haben“, hob Willing hervor. Durch ihre Arbeit verbinde die Zukunftsstiftung Menschen miteinander. Ideen, Mut, Vertrauen und Hoffnung seien dabei wesentlich. Die Zukunftsstiftung fungiert lediglich als Brückenbauerin und Vermittlerin.
Zur Jubiläumsfeier trafen sich 200 Gäste auf dem Dottenfelderhof in Bad Vilbel in Hessen. Auf dem Betrieb der biologisch-dynamischen Hofgemeinschaft haben 20 Institutionen, Vereine und Personen am 8. Mai 2000 die Zukunftsstiftung Landwirtschaft gegründet. Was sie damit angestoßen haben, trugen Festredner:innen sowie Referent:innen in Arbeitsgruppen zusammen: Die Forschung aus der Perspektive der biologischen und biologisch-dynamischen Landwirtschaft hat den Blick für Boden, Pflanzen, Tiere und Umwelt bereits heute erheblich erweitert.
Präparate beleben den Boden
Dass Bio-Landwirtschaft die Resilienz des Pflanzenbaus nachweislich verbessert, legte Dr. Jürgen Fritz von der Universität Kassel dar. Und biologisch-dynamische Präparate und Kompost bringen einen zusätzlichen Nutzen, haben seine Versuche ebenfalls gezeigt. In Langzeitversuchen, die vier Bewirtschaftungssysteme mit identischer siebenjähriger Fruchtfolge vergleichen, schnitten die biologisch-dynamische und biologische Bewirtschaftung deutlich besser ab als zwei konventionelle Varianten. Die Bio-Böden wiesen mehr Bodenkohlenstoff, mehr Kleinstlebewesen, mehr Bodenaktivität, eine bessere Wasserhaltefähigkeit und eine bessere Nährstoffmobilisierung auf.
„Mit Kompost und Präparaten wie Hornkiesel lässt sich der biologische Landbau zusätzlich verbessern“, sagte der Wissenschaftler. In Weinbergen in Italien habe sich die Wirkung schon nach wenigen Stunden eingestellt, berichtete er. Hornkiesel stabilisiere Boden, Bodenmikrobiom und Pflanzen gegen Umweltstress. Zum Beleg stellte er Studienergebnisse mit Kürbis und Kartoffeln vor. Die Unterschiede verschiedener Behandlungsstufen seien signifikant. Auf den behandelten Flächen seien stets mehr wachstumsfördernde Mikroorganismen im Boden zu finden.
Gute Qualität kann man schmecken
Welches Potenzial für Genuss in der ökologischen Pflanzenzüchtung steckt, zeigte Gaby Mergart von der Universität Kassel. „Qualität kann man schmecken und mit Kristallisation auch sichtbar machen“, sagte sie. Die biologisch gezüchtete Möhrensorte Rodelika hat in Geschmackstests mit wissenschaftlich geschulten Versuchspersonen sowie im Kupferchlorid-Kristallisationsverfahren überzeugend besser abgeschnitten. Mergart hat in ihren Versuchen auch bewiesen, dass das Kristallisationsverfahren eine objektive Untersuchungsmethode ist.
Verhältnis zwischen Tieren und Menschen
Einen grundlegenden Perspektivwechsel auf die Nutztierhaltung forderte Dr. Florian Leiber vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz. Durch die Zähmung der Tiere trage der Mensch auch eine besondere Verantwortung für die Nutztiere. Sie seien wesentlich verletzlichere Wesen als ihre wilden Verwandten. Die Frage des Verhältnisses zwischen Menschen und Tieren müsse in unserer Gesellschaft neu gestellt werden, betonte er. „Im Umgang mit den Tieren reduzieren wir unsere eigene moralische Fähigkeit“, kritisierte Leiber, Tiere als reine Produktionsmittel zu betrachten. Er plädierte dafür, ihnen auch in der Landwirtschaft mit Empathie zu begegnen und ihnen eine gewisse artgerechte Gestaltung ihres Lebens zu ermöglichen mit Bewegungsvielfalt oder Jungtieraufzucht.
„Wir gewöhnen uns in unserem Alltag permanent an spirituelle Selbstverletzungen“, kritisierte der Mediziner Prof. Dr. David Martin die Anforderungen des modernen Lebens. In der Medizin könne die Anthroposophie zwar nur ergänzend wirken, aber eben wichtige Impulse einbringen, genau wie Präparate in die biologisch-dynamische Landwirtschaft. Dass deren Wirksamkeit erwiesen sei, bezeichnete er als Errungenschaft. Doch bleibe weiterhin viel zu tun, das Wirken anthroposophischer Ideen zu prüfen und zu belegen. Das diene der gesamten Gesellschaft. „Gefragt ist immer die Kunst herauszufinden, was gebraucht wird“, sagte er und empfahl die Verbindung zwischen dem Alltagsleben vieler Menschen und der Landwirtschaft wieder herzustellen.
Ideen aus der Praxis für die Gesellschaft
Dazu könne die Zukunftsstiftung Großes beitragen, denn die Landwirtschaft kann Forschung aus sich heraus nicht zusätzlich leisten, betonte Martin von Mackensen, Landwirt am Dottenfelderhof. Der Praktiker nannte Beispiele aus der Tierhaltung, Tierzucht, Ausbildung, der Agrartechnik sowie in Beziehung zur Kundschaft, für die er weitere Forschung als notwendig erachtet. „Die Erprobung muss man auch finanzieren können, das gelingt nicht aus dem landwirtschaftlichen Betrieb heraus“, betonte er den großen Wert der Fördermittel aus der Stiftung. „Landwirtschaft wirkt immer auch wieder in die Gesellschaft hinein“, hat der Landwirt beobachtet. Eine Verbesserung der Landwirtschaft sei daher gesellschaftsprägend.