Bundestagswahl 2025: Agrarwende oder Rollback?

Zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar haben wir die Wahlaussagen von SPD, Union, Grünen, FDP, Linken und BSW zur Landwirtschaft in einem Wahlcheck zusammengefasst. Die vollständigen Wahlprogramme der Parteien sind unter den jeweiligen Abschnitten verlinkt. Da die AfD mit ihrer rechtsextremen Ausrichtung unvereinbar mit den Werten von Bioland ist, haben wir sie nicht in den Wahl-Check einbezogen. Was die AfD für den Ökolandbau bedeuten würde, dazu mehr hier.

Linke will die Agrarwende 

Die Partei benennt etliche Vorhaben, wie sie eine „soziale und ökologische Agrarwende, die ihren Namen auch verdient“, hinbekommen will.

Das Prinzip, Fördergelder für die Landwirtschaft an hohe Umweltstandards zu knüpfen, hält die Linke für richtig und will die Beantragung von Fördermitteln EU-weit vereinfachen und digitalisieren.
Die Partei will regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen fördern, mit gerechten Lieferbeziehungen und einem starken und wirksamen Kartellrecht. Monopole will sie entflechten und wo nötig Landwirt:innen mit Mindesterzeugerpreisen schützen. Dazu sollen flächendeckende Tarifverträge in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft eingeführt werden, mit Mindestlohn und Sozialversicherung auch für Saisonkräfte.

Die Linke will regionale Schlacht- und Verarbeitungskapazitäten aufbauen, regionale Marketinginitiativen unterstützen und Bürgerräte sowie ein täuschungssicheres staatliches Regionalsiegel einführen. 
Patenten auf Leben und dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen sagt die Partei den Kampf an. Glyphosat und Neonikotinoide will sie verbieten und mit einer ambitionierten Reduktionsstrategie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark verringern. 
Auch ein Agrarstrukturgesetz, das gemeinschaftliches und öffentliches Eigentum an Grund und Boden stärkt und die Bauern und Bäuerinnen schützt, steht im Wahlprogramm.
Die Bundesförderung für tiergerechte Haltungssysteme soll auf alle Tierarten ausgeweitet werden und Lebendtiertransporte will die Partei einschränken.

Die Linke will bezahlbares, gesundes und nachhaltiges Essen für alle garantieren. Öffentliche Einrichtungen sollen ihre Lebensmittel regional und umweltfreundlich beziehen und sich an die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung halten.
Die Partei hält ein einheitliches staatliches Label für nötig, das Klima, Umwelt, Tierschutz, Gesundheit und soziale Aspekte berücksichtigt – dazu mehr Lebensmittelkontrollen und ein Werbe- und Marketingverbot für ungesunde Lebensmittel, besonders für Kinder und Jugendliche.

Auch zum Klima- und Umweltschutz stellt die Partei umfangreiche Ideen vor: Etwa müssten die Mittel für natürlichen Klimaschutz verdoppelt und internationale Arten- und Naturschutzabkommen konsequent umgesetzt werden. Das Tierschutzgesetz braucht nach Ansicht der Linken eine umfassende Reform.

>> Zum vollständigen Wahlprogramm

Grüne wollen zukunftsfeste Landwirtschaft

Die Gelder aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müssen nach Willen der Partei die finanzielle Basis für den Schutz der natürlichen Grundlagen werden. Um Landwirt:innen in der Wertschöpfungskette zu stärken, soll das Gebot des Kaufs zu kostendeckenden Preisen entlang der gesamten Lebensmittelkette eingeführt werden. Verbindliche schriftliche Verträge sollen im Agrarorganisationen- und Lieferkettengesetz verankert werden. Zudem soll eine kartellrechtliche Prüfung faire Erzeugerpreise und fairen Wettbewerb sichern.

Zur Wiedervernässung von Mooren wollen die Grünen entsprechende wiedervernässte Flächen wirtschaftlich attraktiver machen und dort etwa Agri-Photovoltaik, Hanf- und Schilfanbau vorantreiben.

Aufgrund veränderter Konsumgewohnheiten und dem stetig sinkenden Fleischkonsum will die Partei weniger Tieren bessere Bedingungen bieten. Für den Umbau wollen die Grünen auch in der nächsten Legislatur ausreichend Geld für alle Tierarten aufbringen und die staatliche Haltungskennzeichnung ausbauen.
 
Die Förderung regionaler Wertschöpfungsketten soll landwirtschaftliche Betriebe und regionales Lebensmittelhandwerk zusammenbringen. 
Auch die Grünen wollen unnötige Bürokratie abbauen. Sie unterstützen das EU-Ziel, bis 2030 den Einsatz von Pestiziden zu halbieren und wollen auf Innovation, Digitalisierung sowie einkommenswirksame Honorierungen von Umweltleistungen setzen. Dazu soll es eine marktwirtschaftliche Lösung wie eine Pestizidabgabe geben. Agroforstsysteme sollen in die Fläche kommen. Die Partei will weiterhin an dem Ziel 30 Prozent Ökolandbau bis 2030 arbeiten. Im Planungsrecht soll es Vorrangflächen für die Nahrungsmittelproduktion geben und ein neues Bodenschutzgesetz.

Jeder soll sich gut ernähren können, deshalb wollen die Grünen die Wahlfreiheit bei der Ernährung stärken, die Gemeinschaftsverpflegung verbessern und Kinder vor Werbung für ungesunde Lebensmittel schützen.
In puncto Tierschutz schlägt die Partei eine kürzere Transportzeit von maximal vier Stunden in der EU vor.

>> Zum vollständingen Wahlprogramm

Union sagt Ja zu Landwirtschaft mit Zukunft

Die Union will die Agrardieselrückvergütung wieder vollständig einführen und alternative Kraftstoffe wie Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft von der Energiesteuer befreien. Sie will die Finanzierung der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes sicherstellen. Das EU-Agrarbudget für die GAP soll weiter gut ausgestattet bleiben, mit weniger Bürokratie und mehr Transparenz und Effizienz bei den Agrarzahlungen. Junglandwirte sollen mehr Geld erhalten. 
Ökologische Ziele will CDU/CSU mit Anreizen, Vertragsnaturschutz, Honorierung von Natur- und Umweltschutz sowie Innovationen erreichen. Das Bundesnaturschutzgesetz soll für einen Ausgleich von Pflege und Bewirtschaftung von Biotopen sorgen. 

Auch die Union will Berichts- und Dokumentationspflichten abbauen. Dazu gehört der Verzicht auf eine Stoffstrombilanz im Düngerecht, die Abwendung eines EU-Bodengesetzes und die Entschärfung der EU-Taxonomie auch für Land- und Forstwirtschaft.
Die CDU/CSU unterstützt „moderne Pflanzenzüchtung“ und „Smart Breeding“ und will eine praxistaugliche Regulierung neuer Züchtungstechnologien. Zudem bekennt sich die Union zum Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel und will das „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ abschaffen. Das Zulassungsverfahren will sie anpassen, damit innovative Produkte schneller verfügbar sind und die Nutzung und Förderung biologischer und risikoreduzierter Mittel vereinfacht wird.

Die Union will die Kombihaltung fortführen, für eine verlässliche Finanzierung tierwohlgerechter Ställe sorgen und genehmigungsrechtliche Hürden abschaffen. Der Wolf soll im Bundesjagdgesetz regional angepasst reguliert werden. Ähnlich sollen Saatkrähen und Kormorane behandelt werden.

CDU/CSU will die Ernährungssicherung als Staatsziel in das Grundgesetz aufnehmen. Statt auf Werbeverbote und Lenkungssteuern setzt die Union auf Ernährungsbildung und Information sowie auf eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung.

>> Zum vollständigen Wahlprogramm

FDP zielt auf unternehmerische Landwirtschaft

Die Liberalen legen den Fokus auf Produktivitätssteigerung und Innovationen. So sollen Landwirte unabhängig von staatlichen Zuwendungen werden. Zugleich will die Partei Innovationsgeist und Fortschritt belohnen. Auch die FDP will unverhältnismäßige Dokumentationspflichten und Auflagen abschaffen, dabei sollen digitale Technologien helfen. In der neuen GAP-Periode sollen Produktivität und Technologien stärker gefördert werden, dies soll zu einer nachhaltigen Intensivierung führen.

Die Partei setzt auf die neuen Züchtungsmethoden wie die Genschere CRISPR/Cas9. Damit lasse sich landwirtschaftliche Produktivität und Umweltschutz vereinen. Einfachere und schnellere Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel sind erstrebenswert.
Für mehr Tierwohl sollen etwa KI-gesteuerte Systeme sorgen. 

Die Finanzierung von Biogasanlagen will die FDP anpassen, um Stromkosten zu senken und bestehende Biogasanlagen weiter nutzen zu können.
Den Verbrauchern traut die FDP zu, die besten Produkte im Lebensmittelregal zu finden, bessere Bildungsprogramme in den Ländern sollen helfen. Die Partei will das Zulassungssystem für innovative Lebensmittelprodukte verbessern. Biotechnologische Entwicklungen sollen für gesündere Produkte auf den Markt sorgen. Die Partei ist gegen Eingriffe in Rezepturen und Lenkungsabgaben beispielsweise auf Zucker. 

Die Liberalen setzen sich für ein aktives Bestandsmanagement von unter anderem Wolf und Kormoran durch Bejagung ein.

>> Zum vollständigen Wahlprogramm

SPD sieht Zukunft digital und bürokratiearm 

Ziel der Partei ist eine stärkere Honorierung und Vergütung von Leistungen, die den Arbeitskräften in der Landwirtschaft, den ländlichen Regionen sowie dem Tierschutz zugutekommen. Mit der neuen GAP-Förderperiode ab 2028 will die SPD all jene stärker unterstützen, die Wasser, Boden und Luft schonen, zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen und Maßnahmen zum Klimaschutz und Klimaanpassung durchführen. Der Übergang soll schrittweise erfolgen und die Regularien der GAP sollen grundlegend vereinfach werden.

Mittel aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz und dem Naturschutzfonds sollen flächendeckend eingesetzt werden, um Wälder, Moore, Flussauen oder Stadtgrün zu schützen. Der konventionellen Landwirtschaft will es die SPD erleichtern, bodenschonend, tierwohlgerecht und klimaangepasst zu wirtschaften. 

Die SPD betont, in ganz Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse herstellen und den ländlichen Raum stärken zu wollen. Bei Modernisierung, Zusammenleben, Landwirtschaft, Mobilität und Gesundheitsversorgung stünden die ländlichen Räume vor Herausforderungen, auf die die SPD differenzierte politische Antworten finden will.

>> Zum vollständigen Wahlprogramm

BSW legt Fokus auf Ernährungssicherung im eigenen Land 

Das BSW verfolgt primär die „Ernährungssicherung im eigenen Land“ und möchte dazu mit gesetzlich geregelten Mindesterzeugerpreisen ein Auskommen für Landwirte schaffen. Sie wollen auch die Steuerermäßigung auf Agrardiesel wieder einsetzen. Zu einer „stärker national und regional ausgerichtet(en)“ Agrarpolitik gehört für sie auch die Ablehnung des Mercosur-Abkommens und die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Marktmacht von Konzernen in Verarbeitung und Handel wollen sie begrenzen. 

Unnötige Bürokratie soll abgebaut und Umweltauflagen unbürokratisch mit angemessenen Übergangszeiträumen umgesetzt werden.  

Die Partei möchte Agrartechniken und Anbausystem, die Umwelt, Boden und Klima schonen und gleichzeitig Ernährung und Wirtschaftlichkeit sichern.  

Die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen hat Priorität, sowohl bei Mooren und Grünland wie auch bei Photovoltaik. Ausgleichsmaßnahmen sollen in den landwirtschaftlichen Betrieb integriert werden. Das BSW will die Herkunft der Lebensmittel verlässlich kennzeichnen und Pflanzenschutzmittel bezahlbar machen.  

Weiter soll durch auf maximal 4 Stunden begrenzte Lebenstiertransporte, bessere Löhne in Schlachthöfen, ausreichend Tierärzte und streng kontrollierten Online-Tierhandel, Tierleid beendet werden.  

Agrogentechnik und Patente auf Leben lehnt die Partei ab und möchte Saatgut ohne Nachbaugebühren erhalten. Neben bundesfinanzierten Mehrgefahrenversicherungen und steuerfreien Risikoausgleichsrücklagen sollen Landwirte durch den Ausbau des Katastrophenschutz bei der Klimaanpassung unterstützt werden. 

>> Zum vollständigen Wahlprogramm