Alma Calliari und die Vielfalt
Alma Calliari hat keine Scheu vor Herausforderungen; die 30-jährige hat nach einem Studium in Tourismusmanagement und Erfahrungen in der Hotellerie in England sowie der Arbeit als Umstellungsberaterin bei Bioland Südtirol nun Nägel mit Köpfen gemacht: als selbständige Unternehmerin und in der Führung von Bioland Südtirol (gemeinsam mit Walter Steger), dem größten Bioanbauverband in der Region.
Wo vorher Apfelwiesen waren, wachsen nun über 50 verschiedene Gemüsesorten.
„Ohne Herausforderungen kein Wachstum,“ meint Alma Calliari, seitdem sie 2021 begonnen hat, auf einem Hektar gepachteter Fläche in Auer, Tramin und Neumarkt Gemüse in Gartenqualität anzubauen. Der Aufbau des Betriebes ohne Hofstelle und vorhandene Infrastruktur sei nicht ohne gewesen, doch sie hat den entsprechenden Hintergrund. Ihr Vater, Hartmann Calliari ist Bio-Pionier der ersten Stunde und kennt die Startschwierigkeiten und das Risiko, wenn man neue Wege geht. Umso größer die Freude, wenn das gelingt. Alma verarbeitet und vermarktet ihr Obst und Gemüse erfolgreich auf direktem Weg, auf dem Dorfmarkt, mit einem eigenen Lieferservice und bei lokalen Gastronomiebetrieben. Wo vorher Apfelwiesen waren, wachsen nun über 50 verschiedene Gemüsesorten. „Was mich dabei am meisten fasziniert ist, dass es für eine andere Form der Landwirtschaft eigentlich gar nicht so viel braucht. Gute Planung und Vision, wenig Investitionen, funktionierende direkte Absatzkanäle. Außerdem ist der Gemüseanbau schön flexibel und mein Jahreseinkommen somit nicht nur von einer Kultur abhängig.“ Das bringe eine gewisse Sicherheit und auch Genugtuung, meint die Unternehmerin.
Die notwendigen Grundlagen und Inhalte hat sich Alma Calliari durch viel "trial and error", also Versuche in der praktischen Umsetzung, ihre Zeit als Beraterin bei Bioland sowie diverse Kurse in Deutschland zu Market Gardening angeeignet. Außerdem viel Selbststudium und der Austausch mit Gärtnern und Gärtnerinnen aus Österreich und Deutschland. "Das Netzwerken innerhalb der regionalen Landwirtschaft gehört unbedingt dazu, wir sind jetzt noch einige wenige, die sich auf diese vielfältige und biodiverse Art der Landwirtschaft eingelassen haben," meint die Unterlandlerin. Doch sie beobachte zunehmend mehr Freude am Anbauen von Mischkulturen.
Der Wert von Verbandsbio muss noch stärker kommuniziert werden.
Bei Bioland gefällt ihr vor allem der basisdemokratische Aufbau, die niederhierarchische Struktur. Zweimal im Jahr treffen sich die Bäuerinnenvertreter, die sogenannten Bundesdelegierten in Fulda, um Ausrichtung und Vision des Verbandes zu diskutieren und festzulegen. Bei Bioland Südtirol ist es der Landesausschuss mit den GruppenvertreterInnen und der Vorstand, welche die richtungsweisenden Entscheidungen treffen.
Die derzeitige stagnierende Mitgliederzahl sieht Alma Calliari realistisch: Nach der Umstellungswelle von 2019 hätten etliche Betriebe durch erhöhte Markt- und Preiserwartungen wieder auf konventionell rückumgestellt; auch habe durch erhöhte Lebenskosten der Biokonsum nachgelassen und der Wert von Verbandsbio müsse noch stärker kommuniziert werden. „Wir befinden uns momentan in einer Phase der Konsolidierung,“ sagt die Neo-Vorsitzende. „Die Zuwächse und Veränderungen der letzten Zeit bei Bioland müssen gut in neue Produktions- und Vermarktungsprozesse integriert werden.“ Das brauche seine Zeit. Wieder stärker den Kontakt zu den Mitgliedern zu suchen und den Austausch zu fördern, sei eines ihrer Anliegen.
Je vielfältiger Vermarktung, Produkte und Betriebe sind, desto zukunftsfähiger kann unser Wirken sein
Dazu gehört vor allem das Sichtbarmachen der ganzen Vielfalt der Biolandwirtschaft. Der kleine, direktvermarktende Betrieb, der nahe am Kunden ist und die Werte der Biolandwirtschaft tagtäglich nach außen kommuniziert, ist gleich wichtig für eine resiliente Verbands- und Landwirtschaftstruktur wie der große, genossenschaftlich organisierte Betrieb, der die Werte der Biolandwirtschaft in die Welt verbreitet. „Je vielfältiger Vermarktung, Produkte und Betriebe sind, desto zukunftsfähiger kann unser Wirken sein,“ davon ist Alma Calliari überzeugt. Das Potenzial an Produkten, Anbaumethoden und Möglichkeiten in der Vermarktung für die biologische Produktion sei noch lange nicht ausgeschöpft. Ebenso das Potenzial von Frauen in Führungspositionen. Viel zu oft zweifelten Frauen völlig unbegründet an ihren Möglichkeiten: „Wenn man Lust darauf hat, sage ich, einfach machen. Es ist wichtig, dass Frauen sich einmischen, mitreden und Entscheidungen treffen.“
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