Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Niedersachsen 2022

Welchen Stellenwert hat die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft im politischen Programm der Parteien, wenn am 9. Oktober in Niedersachsen der Landtag neu gewählt wird? Was sind die agrarpolitischen Ideen der Parteien? Die Landesvereinigung ökologischer Landbau Niedersachsen e.V. (LÖN) hat den derzeit im Landtag vertretenen Parteien Wahlfragen zur Agrarpolitik gestellt.

Die Bundesregierung hat 20 % Ökolandbau bis zum Jahr 2030 als Ziel ausgerufen. Davon ist Niedersachsen trotz einer bereits niedrigeren Zielsetzung mit einem Anteil des Ökolandbaus von 5,6 Prozent im letzten berechneten Jahr 2021 noch sehr weit entfernt. In der auslaufenden Legislaturperiode legte die Landesregierung mit der Verabschiedung eines Maßnahmenpakets für den Natur-, Arten- und Gewässerschutz, dem so genannten „Niedersächsischen Weg“, bereits die Richtung der Agrarpolitik in Niedersachsen fest. Nun aber geht es um die konkrete Ausgestaltung dieses Rahmens.
Über zwei Jahre nach Beschreiten des „Niedersächsischen Weges“ hat sich noch nicht viel geändert, an vielen Stellen fehlt es nach wie vor an tragfähigen Konzepten und konkreten Förderinstrumenten, um die politisch hochgesteckten Ziele zu erreichen. Hier konkrete Maßnahmen zu entwickeln und anzubieten, wird die vornehmliche Aufgabe der kommenden Landesregierung sein.
Um das im Niedersächsischen Weg vereinbarte Ziel, bis 2025 10 % und bis 2030 15 % Ökolandbau in Niedersachsen zu erreichen, will die CDU unter anderem die Fördergelder für den nicht investiven Bereich zur Stärkung des Ökolandbaus (Weiterbildung, Beratung, Forschung und Weiterentwicklung) aufstocken. Biobetriebe sollen dabei gesondert und branchenbezogen in Förderprogrammen berücksichtigen werden. Das Bündnis 90/Die Grünen plant, nicht nur die Produktionsbedingungen, sondern auch die Infrastruktur für die Verarbeitung und Vermarktung der ökologischen Lebensmittel deutlich zu verbessern. Dazu gehört ihrer Ansicht nach, die Aus- und Weiterbildung in landwirtschaftlichen Berufen zu ökologisieren und die Gemeinschaftsverpflegung in Einrichtungen des Landes auf ökologisch erzeugte Produkte umzustellen. Die SPD schlägt keine konkreten Maßnahmen vor, will aber für die Entwicklung von Maßnahmen weiterhin auf den Austausch mit den Landwirtinnen und Landwirten und Naturschutzverbänden setzen. Nur die FDP steht einer weiteren Steigerung des Anteils an ökologischer Landwirtschaft in Niedersachsen kritisch gegenüber. Dies sei nach Ansicht der Partei erst sinnvoll, wenn sich eine verlässliche Nachfrage nach den Produkten mit einer entsprechenden Kaufkraft entwickele. Einseitige Umstellungsanreize ohne eine gesicherte wirtschaftliche Basis würden bestehende Betriebe in Gefahr bringen.
Um die regionalen Wertschöpfungsketten in Niedersachsen zu stärken, sieht die FDP eine flächendeckend zukunftstaugliche digitale Infrastruktur, leistungsfähige Verkehrswege, einen flexibler öffentlicher Personennahverkehr sowie ein starkes duales Bildungssystem als essenziell an. Die SPD strebt dagegen einen gemeinsamen Verhaltenskodex mit dem Lebensmitteleinzelhandel, den Erzeugerinnen und Erzeugern sowie den verarbeitenden Betrieben, den Naturschutzverbänden und dem Verbraucherschutz an, um kurzfristig für mehr Wertschöpfung und Wertschätzung auf der Erzeugerseite zu sorgen. Dass der Ausbau des Ökolandbaus mit dem Ausbau der Lebensmittelverarbeitung zusammengedacht werden muss, fordert das Bündnis 90/Die Grünen. Der Umstellungsprozess müsse daher auch auf Verarbeitungsbetriebe ausgedehnt werden, dabei sei eine zentrale Herausforderung die Sicherung des Fachkräftebedarfs. Ähnlich sieht dies auch die CDU, die im Rahmen der Fachkräfteinitiative Niedersachsen zusammen mit Unternehmen, Kammern, Arbeitsagenturen, Bildungseinrichtungen und Wissenschaft ein systematisches Fachkräftemonitoring einrichten will, um den Bedarf an Qualifikationen im Strukturwandel und in den Wertschöpfungsketten der Zukunft frühzeitig zu erkennen und entsprechende Bildungsangebote zu schaffen.
Ein wichtiges Instrument für die Umsetzung der Ziele des Niedersächsischen Weges ist die Erschließung neuer Absatzmärkte für Bioprodukte durch die Förderung des Einsatzes von Bioprodukten in der Außer-Haus-Verpflegung. Das Bündnis 90/Die Grünen planen daher, Beratungsangebote für Kantinen zu schaffen, damit diese auf mehr Bioprodukte umstellen, sowie ein Landesprogramm für gutes Schulessen auf den Weg zu bringen und das Angebot pflanzlicher Ernährung in Schulen und Kitas zu stärken. Die Ausschreibungsbedingungen entsprechend anzupassen, so dass regionale und Bio-Ware aus Niedersachsen bevorzugt in den Kantinen des Landes und in Schulprogrammen verwendet werden, fordert die CDU. Die FDP dagegen will den Fokus gar nicht allein auf Bio legen, sondern gleichermaßen auch auf regionale Produkte mit kurzen Transportwegen.
Schließlich fragte die LÖN noch ab, welche Rolle die Zusammenarbeit mit den Verbänden des Ökologischen Landbaus bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der niedersächsischen Agrar- und Ernährungspolitik für die Parteien spielt. Das Bündnis 90/Die Grünen betonen, die Verbände des Ökologischen Landbaus seien für die Umsetzung der oben genannten Vorhaben unersetzlich. Sie würden immer ein offenes Ohr für die Verbände des Ökologischen Landbaus haben und deren Sachverstand ernsthaft nutzen. Auch die CDU versteht es als selbstverständlich, auf die Kompetenzen im Ökolandbau zurückzugreifen, um gemeinsam gute Lösungen für Landwirtschaft, Ernährung und Gesellschaft zu finden. Die bisherigen Kommunikationsstrukturen erachtet die SPD als gut etabliert und plant, diese auch künftig weiterzuführen. Die FDP fordert jedoch, alle beteiligten Verbände und Vereine – ökologisch wie konventionell - sollten die Möglichkeit bekommen ihre Anliegen und Interessen gleichermaßen einbringen zu können.
Die gesamten Wahlprüfsteine sowie die eingegangenen Antworten und Statements der vorgenannten Parteien können alle Interessierten hier einsehen.

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