Aus der Beratung
Neue Ansätze im Wildtierschutz
Die Kitzrettung ist auf immer mehr Betrieben etabliert. Welche rechtlichen Grundlagen sind zu beachten, wie kann die Zusammenarbeit verbessert werden und wohin kann uns der Weg noch führen? Wir möchten einen kurzen Überblick geben, denn auch hier gilt: Nach der Kitzsaison ist vor der nächsten Saison.
Die Kitzrettung ist auf immer mehr Betrieben etabliert. Welche rechtlichen Grundlagen sind zu beachten, wie kann die Zusammenarbeit verbessert werden und wohin kann uns der Weg noch führen? Wir möchten einen kurzen Überblick geben, denn auch hier gilt: Nach der Kitzsaison ist vor der nächsten Saison.
Es ist vier Uhr morgens im Norden Schleswig-Holstein. In der Niederung hängt noch ein leichter Nebel während die ersten Sonnenstrahlen über dem Horizont auftauchen. Auf dem Grünland stehen zehn Personen in lockeren Gruppen und führen leise Gespräche, wer Kaffee trinkt, hält einen Thermosbecher in der Hand. Mit einem leisen Surren erhebt sich eine Drohne in den Morgenhimmel und startet mit dem automatischen Überflug der Fläche. Dies ist das Zeichen für die umstehenden Personen, zusammengesetzt aus dem Landwirt, Freiwilligen und Jägern, sich auch zu verteilen und der Drohnen hinterherzulaufen. Nur wenig später erscheint auf dem Bildschirm der Fernbedienung ein weißer Punkt und die Piloten stoppen die Drohne. Per Funk wird ein Team zu dem Wärmespot geleitet, die in der Luft stehende Drohne ist dabei eine erste Orientierung. Als eine Person direkt über dem Spot steht, Entwarnung, nur ein Maulwurfshaufen. Die Drohne fliegt weiter und nur wenig später werden glücklich zwei Kitze in die mitgebrachten Körbe gesetzt, hier werden sie bleiben, bis der Landwirt mit der Mahd durch ist. Vier Stunden später stehen wir an einem Kofferraum, bei Schnittchen und Kaffee wird sich über den Tag ausgetauscht und wie froh wir sind fünf Kitze gerettet zu haben. Aber auch, wie müde alle sind, für viele war es der 12te Einsatz in Folge und alle müssen nun zu ihrer Arbeit.
In ähnliche Form wird es auf vielen Betrieben ablaufen. In diesem Fall wurde die Drohne mithilfe der Förderung des BMEL durch den örtlichen Hegering angeschafft und durch die Landwirte und Jagdgenossenschaften finanziert. Doch nicht in jedem Fall ist Landwirt persönlich vor Ort, für den ersten Schnitt steht auch bei ihm genug an. Bei vielen Landwirten entsteht dadurch leider eine Erwartungshaltung an die zumeist ehrenamtlichen Helfer in der Kitzrettung. Welchen Aufwand und auch persönliche Belastung für diese Helfer entsteht wird dabei zu oft vergessen! Wie lange kann das System so noch erhalten bleiben? Dass für die Helfer nach dem Einsatz Schnittchen und Kaffee bereitstehen und der Landwirt zumindest für ein kurzes Gespräch vor Ort ist, sollte doch im Rahmen der Anerkennung möglich sein und die Motivation hochhalten.
Denn wenn wir die rechtliche Seite betrachten, sollte der Landwirt über das aktuelle System sehr froh sein. Der §1 TierSchG ist hier sehr deutlich „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“. Auf dieser Basis gibt es seit einigen Jahren auch klar Gerichtsurteile, aus denen zweie Dinge folgen: Erstens ist es ein zumutbarer Aufwand präventive Maßnahmen gegen den Mähtod von Kitzen einzusetzen und zweitens ist der Landwirt als Verursacher in der Pflicht dafür sorgen zu tragen. Für den Landwirt sind diese ehrenamtlichen Vereine somit hochinteressant, die Rechnung die Kitzrettung als Dienstleistung einzukaufen möchte ich nicht aufmachen!
Nun was ist rechtlich mit der Beteiligung der Jäger? Immerhin sind fast alle Drohnenteams über die Jäger organisiert und auch die Förderung des BMEL orientiert sich an diesem System. Nun der §TierSchG betrifft den Landwirt, allerdings wird die Kitzsuche mit der Drohne und auch das fangen in den Körben aktuell als Jagdausübung ausgelegt (§1(4) BJagdG: Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild). Damit wäre der Landwirt gar nicht berechtigt das System der Kitzrettung eigenständig durchzuführen. Dazu kommt für den Jäger aber ebenfalls die Pflicht zur Hege (ebenfalls §1 BJagdG), aus der sich eine Pflicht zur Zusammenarbeit ableiten lässt. Es kommen hier also von beiden Seiten Rechte und Pflichten zusammen. Auch hierzu gab es leider schon erste Urteile, womit sich Handlungsrahmen herleiten lässt:
- Der Landwirt als Verursacher ist in der Pflicht:
- Vor der Mahd mit dem Jäger über die Gefährdung von Kitzen zu sprechen
- Maßnahmen zur Prävention zu ergreifen
- Als Verursacher die Kosten der Prävention zu übernehmen
- Der Jäger muss aus seiner Verantwortung:
- Dem Landwirt Auskunft über Gefährdungen geben
- Bei der Kitzsuche vor Ort sein oder einen Stellvertreter bennen
Was bringt noch die Zukunft?
Ein paar Tage nach dem ersten Erlebnis, diesmal klingelt der Wecker erst um 04:30, ich habe gegen 6 Uhr einen Termin auf einem Betrieb. Der Betriebsleiter möchte 12ha Kleegras abfliegen und ich wundere mich als wir zu zweit losfahren. An der Fläche angekommen wird die Drohne aufgebaut, dazu ein Laptop und das Smartphone, alles ist verbunden mit der Fernbedienung, eine Systemlösung durch den Anbieter thermal DRONES. Entspannt treffen zwei örtliche Jäger ein, auch sie zücken ihr Smartphone und loggen sich in das System ein. Der Betriebsleer gibt noch ein paar Parameter ein und lässt die Drohne starten, um kurze Zeit später schon die erste Wärmequelle zu haben, er schaltet auf die Kamera um und kann aus 50m Höhe so nah heranzoomen, dass wir deutlich den Hasen auf dem Bildschirm erkennen. Es geht weiter über die Fläche und es ist erstaunliche wieviele Hasen sich doch im Kleegras aufhalten. Doch auf einem Bild findet sich dann doch ein Rehkitz! Geübt setzt Henning über die Fernbedienung eine digitale Markierung an der Stelle. Auf den Smartphones der Jäger taucht diese nun auf und sie bewegen sich durchs GPS gesteuert auf den Punkt zu. Während die beiden Jäger das gefunden Kitz festsetzen, kann Henning die Fläche weiter abfliegen. An diesem Morgen soll es bei diesem Kitz bleiben, doch noch tags zuvor waren es drei Kitze. In diesem Fall hat der Betriebsleiter noch selber die Bilder überprüft und die KI weiter gefüttert, doch schon im nächsten Jahr soll die KI-Erkennung hinter dem System sicher genug sein, um im Überflug automatisch die Kitze zu erkennen und die GPS Koordinaten zu senden.
Sieht so also die Zukunft aus? Kleinere effektivere Teams, welche die Flächen überfliegen? Eine KI-Auswertung im Hintergrund, welche dann nicht nur Rehkitze erkennt, sondern auch Vogelnester und Junghasen? Kann so der Einsatz der Drohnen auch auf das Frühjahr und den damit verbundenen Maßnahmen ausgeweitet werden und auch die Junghasen, Feldbrüter und Co bei der Bodenbearbeitung oder Striegeln geschützt werden? Oder werden wir noch futuristischer und die Drohne kann zukünftig den Schlepper bei diesen Maßnahmen begleiten. Das wäre nicht nur im Rahmen des Wildtierschutze interessant, können diese Drohnen doch auch für den Ackerbau relevante Daten liefern. Systeme mit NIR-Sensoren sind praxistauglich und im Einsatz, die Erkennung von Pflanzenkrankheiten oder Virusbefallenen Pflanzen zeigt positive Entwicklungsschritte.
Wer sich mit dem Thema beschäftigen möchte, für den Einstieg eignen sich auch schon günstige Drohnen mit normaler Kameratechnik. Einfach einmal über die Flächen fliegen und Fotos machen, die Vogelperspektive bringt erstaunliche neue Erkenntnisse und schon für um die 100€ Verfügbar