Ziele zum Ausbau des ökologischen Landbaus in den Fokus rücken!

Das fordert Bioland von Bund und Ländern

Anlässlich der BIOFACH, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, fordert Bioland von den aktuellen und zukünftigen Regierungen auf Bundes- und Landesebene mehr Engagement für den ökologischen Landbau. „Aktuell fehlt in Bund und Ländern der politische Wille, die eigenen Ziele im Ökolandbau erreichen zu wollen. Die Betriebs- und Flächenzuwächse der letzten Jahre reichen bei weitem nicht aus, um die verbindlichen Zielsetzungen der Bundesregierung bzw. die noch ambitionierteren Flächenziele von Bundesländern zu erreichen“, kritisiert Jan Plagge, Präsident von Bioland. In ihrer Nachhaltigkeitsstrategie hat sich die Bundesregierung darauf festgelegt, bis 2030 20 Prozent der Agrarfläche auf Ökolandbau umzustellen. Die Länder Baden-Württemberg und Bayern gehen noch weiter und definieren in ihren Naturschutzgesetzen Zielquoten von 30 bis 40 Prozent beziehungsweise 30 Prozent Ökofläche bis 2030.

„Verbraucherinnen und Verbraucher fragen verstärkt Bio nach – das zeigen die aktuellen Zahlen zum Bio-Markt. Hersteller und Handel bieten immer mehr Bio an und Umfragen zeigen weiterhin ein hohes Umstellungsinteresse konventionell wirtschaftender Betriebe. Was fehlt, sind die politischen Rahmenbedingungen, die dem Ökolandbau den notwendigen Schwung für die nächsten 10 Jahre verleihen und den bestehenden und zukünftigen Ökobetrieben Planungssicherheit geben,“ so Plagge. „Bund und Länder müssen die Bremse lösen und die Chancen durch mehr Ökolandbau für den Umwelt- und Klimaschutz aktiv nutzen. Ansonsten steigt die Importquote von Biolebensmitteln immer weiter an, obwohl die Menschen regional erzeugtes Bio einkaufen wollen“, so Plagge.

Auch die EU-Kommission setzt mit dem Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie auf mehr Biolandbau zum Umbau der Land- und Ernährungswirtschaft und geht mit einer Zielmarke von 25 Prozent Bio auf Acker und Teller bis 2030 über die deutsche Zielmarke hinaus. „Jetzt muss Deutschland nachziehen und zum Vorbild und Vorreiter für die Stärkung des Ökolandbaus bei der nationalen Umsetzung der EU-Agrarpolitik werden. Denn schließlich leistet der Biolandbau einen wichtigen Beitrag zur gewünschten Transformation der Landwirtschaft insgesamt und damit zu einer nachhaltigen Zukunft,“ so Plagge.

 

Verpflichtende Haltungskennzeichnung statt freiwilliges Tierwohllabel

„Statt dem Ausbau des Ökolandbaus immer neue Steine in den Weg zu legen, muss Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner die eigene „Zukunftsstrategie ökologischer Landbau (ZÖL)“ endlich mit Leben füllen und aufhören, bei aktuellen Entscheidungen den Ökolandbau zu behindern“, kommentiert Gerald Wehde, Bioland-Geschäftsleiter Agrarpolitik und Kommunikation. Dazu gehört, dass Klöckner ihr freiwilliges Tierwohllabel zurückzieht und stattdessen eine verpflichtende Haltungskennzeichnung nach dem Vorbild der Eierkennzeichnungen einführt, in der Bio als eigene Stufe gekennzeichnet wird.

Auch beim Umbau der Tierhaltung konterkariert Klöckner aktuell artgerechte Stallsysteme mit Auslaufhaltung, die im Ökolandbau gesetzliche Pflicht sind. So fordert Klöckner eine Aufstallung aller Schweine in von der Afrikanischen Schweinepest (ASP) betroffenen Gebieten, statt sich dem einstimmigen Beschluss der Landesagrarminister anzuschließen, die eine Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen auch im ASP-Seuchenfall fordern. „Damit blockiert Klöckner nicht nur die Ziele der Borchert-Kommission, sondern auch den Bestand und Ausbau der ökologischen Schweinehaltung und stellt das 20-Prozent-Ökolandbau-Ziel grundsätzlich in Frage“, so Wehde.
 

Wahljahr 2021: Forderungen von Bioland an die bestehende und künftige Bundesregierung im Überblick

•    Finanzielle Absicherung der Honorierung für die Beibehaltung bzw. Einführung des ökologischen Anbauverfahrens: Jährlich 50 Mio. Euro werden für die Erreichung der Öko-Flächenziele von Bund und Ländern benötigt. Die finanzielle Absicherung dieser Ökoprämien ist von Bund und Ländern über eine kontinuierlich ansteigende Umschichtung von finanziellen Mitteln aus der 1. in die 2. Säule der EU-Agrarpolitik zu gewährleisten.
•    Erhöhung der Forschungsmittel: Der Anteil des Ökolandbaus an den Agrarfördermitteln des Bundes ist von heute zwei auf 20 Prozent in 2025 auszubauen. Zudem ist eine Aufstockung des Budgets des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) um jährlich 15 Mio. Euro vorzunehmen.
•    Weiterentwicklung der Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau (ZÖL): Diese muss die gesamte Wertschöpfungskette der Bio-Ernährungswirtschaft in den Blick nehmen. Dabei sind gezielt regional verankerte Hersteller und Vermarktungsstrukturen zu stärken. Bei vielen bereits längst geplanten Maßnahmen der ZÖL steht jedoch die Bundesregierung auf der Bremse, stellt zu wenig Mittel bereit und verzögert wichtige Entwicklungen.
•    Schlüsselrolle der Außer-Haus-Verpflegung (AHV): Die AHV ist ein wichtiger Hebel zum weiteren Ausbau des Ökolandbaus. Öffentliche Kantinen wie die von Krankenhäusern, Behörden oder anderen öffentlichen Einrichtung müssen hier eine Vorreiterstellung einnehmen. Dafür sind Beratungs- und Investitionshilfen, aber auch verbindliche Mengen-Vorgaben zum Einsatz von Biolebensmitteln einzuführen.
•    Ökolandbau als Ausbildungsgang etablieren: Ökolandbau ist als eigenständiger Ausbildungsgang in der landwirtschaftlichen Ausbildung zu etablieren. Zudem müssen Bio-Fachkenntnisse in allen Lebensmittel-relevanten Ausbildungsgängen als Pflichtbestandteile in den Prüfungsordnungen verankert werden.
•    Abgaben auf synthetische Pestizide und Düngemittel: Über die Einführung von Abgaben auf den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide und mineralischer Stickstoffdünger müssen externe Kosten einer Intensivlandwirtschaft internalisiert werden. Die Umweltfolgekosten in Deutschland betragen rund 90 Mrd. Euro jährlich.
•    Unfaire Handelspraktiken vollständig verbieten: Bei der aktuell anstehenden nationalen Umsetzung der UTP-Richtlinie (Agrarmarktstrukturgesetz) sind die Einschränkung von unfairen Handelspraktiken über die Einführung einer Öffnungsklausel zur Erfassung auch neuer unfairer Praktiken und die Schaffung einer Preisbeobachtungsstelle sicherzustellen.
•    Verpflichtende Kennzeichnung statt freiwilliges Tierwohllabel: Es muss eine verpflichtende Haltungskennzeichnung nach dem Vorbild der Eierkennzeichnung eingeführt werden, in der Bio als eigene Stufe gekennzeichnet wird.
•    Gentechnik bleibt Gentechnik: Verfahren wie Crispr-Cas 9 müssen nach den Regeln des Gentechnikrechts geprüft und gekennzeichnet werden.

Zahlen zu Bioland
2020 stieg die Zahl der Bioland-Betriebe um 350 auf 8.504 – ein Plus von 4,3 Prozent. In der Flächenbilanz kamen 24.020 Hektar hinzu – ein Wachstum von 5,3 Prozent auf jetzt 475.068 Hektar Gesamtfläche.
Gerne vermitteln wir Interviews mit dem Präsidenten des Bioland e.V., Jan Plagge. Anfragen bitte an Leon Mohr, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: leon.mohr@bioland.de, 06131 23979 25.
 

Hintergrund

Die Bundesregierung strebt in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und dem Koalitionsvertrag eine Ausdehnung der ökologisch bewirtschafteten Fläche auf 20 % der landwirtschaftlichen Fläche bis 2030 an. Ausgehend von 1,61 Mio. ha und einem ungefähren Flächenanteil von knapp 10 % (Stand 31.12.2019) muss die Zielfläche um 1,72 Mio. ha auf rund 3,3 Mio. ha gesteigert werden. Daraus resultiert für den Zeitraum Januar 2020 bis Ende 2030 ein notwendiger jährlicher Zuwachs von 156.000 ha – ein linearer Anstieg in den darauffolgenden elf Jahren vorausgesetzt. Dieser jährlich notwendige Flächenzuwachs wurde in den letzten fünf Jahren nur in 2016 mit einem Plus von 162.482 ha erreicht. Seitdem liegen die Hektarzuwächse mit 121.831 (2017), 124.870 (2018), 115.801 (2019) und 85.000 (2020, vorläufige Schätzung des BÖLW) deutlich unter der notwendigen Zuwachsrate.

Das von der EU in der Farm-to-Fork-Strategie gesetzte Ziel zur Ausweitung des Öko-Landbaus beträgt 25 % bis 2030. Für dieses Ziel müssten in Deutschland im Jahr 2030 4,16 Mio. ha ökologisch bewirtschaftet werden. In den auf 2019 folgenden elf Jahren müssten dementsprechend 2,55 Mio. ha auf Öko-Landbau umgestellt werden, was 232.000 ha jährlich entspricht.
 

Spezifische Länderziele

Zahlreiche, auch flächenstarke Bundesländer haben ambitionierte Öko-Flächenziele beschlossen und teilweise sogar in Gesetzen verankert (siehe Tabelle der Länderübersicht). Nach einer Änderung im Bayerischen Naturschutzgesetz ist beispielsweise festgeschrieben, dass die Öko-Fläche im Freistaat bis 2025 auf 25 und bis 2030 auf 30 % wachsen soll – 2030 müssten damit rund 930.000 Hektar ökologisch bewirtschaftet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten jährlich 51.000 Hektar dazukommen. 2020 wuchs die Ökofläche in Bayern nach Angabe des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aber nur um 15.000 Hektar.
In Baden-Württemberg schrieb die Landesregierung das Ziel fest, die Öko-Fläche bis 2030 auf 30 bis 40 % zu steigern. Hessen hat sich auf eine Zielquote von 25 % bereits bis 2025 festgelegt. In Niedersachen wurde der „Niedersächsische Weg“ verabschiedet, der im Naturschutzgesetz die Zielmarke von 15 % Öko-Fläche bis 2030 verankern soll (von aktuell 4,7 %, dem bundesweit niedrigsten Öko-Flächenanteil).

 



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