Interessen von Landwirten, Züchtern und Bürgern über Konzerninteressen stellen!
Ab Dienstag wird in Brüssel darüber verhandelt, ob es künftig in Europa möglich sein wird, Gentechnik flächendeckend einzusetzen. Im sogenannten „Trilog“ loten EU-Kommission, -Rat und -Parlament untereinander aus, ob und falls ja, wie das bisher geltende strenge Gentechnikrecht angepasst werden soll. Die aktuell diskutierten Entwürfe sehen eine weitgehende Deregulierung für neue gentechnische Verfahren vor.
„Gentechnik, auch die Neue, hat das Potenzial, tiefgreifende Veränderungen in Organismen und Ökosystemen zu bewirken. Daher gehört diese Technologie weiterhin streng reguliert: Risikoprüfungen und Kennzeichnung des Einsatzes von Gentechnik bis hin zum Lebensmittel sind ein Muss! Nur so kann in Zukunft gewährleistet werden, dass gentechnikfreie Lebensmittelproduktion möglich bleibt, dass im Schadensfall der Verursacher haftbar gemacht werden kann und dass Verbraucherinnen, aber auch Bauern und Züchter weiterhin Wahlfreiheit bei der Entscheidung gegen oder für Gentechnik haben. Agrarkonzerne haben andere Interessen: sie wollen niedrige oder bestenfalls gar keine Hürden für Gentechnik, um sie möglichst vielfältig verkaufen zu können. Wer das verhindern will, muss sich nun mehr denn je für eine strenge Regulierung aller Arten von Gentechnik einsetzen“, betont Bioland-Vizepräsidentin Sabine Kabath und lenkt den Blick zusätzlich auf die noch ungelöste Patentfrage: „Die Patentwelle rollt bereits. Tausende Patente auf Pflanzeneigenschaften wurden von den Agrochemie-Konzernen schon gestellt. Sie warten nur auf die Deregulierung, um Kasse machen zu können. Daher muss nun schnellstmöglich das Patentrecht angepasst werden, denn sonst wird die geplante Gentechnik-Deregulierung zusätzlich den Effekt haben, dass zahlreiche Zuchtbetriebe in Existenznot geraten und bäuerliche Betriebe noch abhängiger von Agrarkonzernen werden.“
Aktuelles Rechtsgutachten: Gesetzesentwurf rechtswidrig
Befürworter neuer gentechnischer Verfahren führen häufig an, dass es sich bei CRISPR/Cas und Co. nicht um Gentechnik handelt, sondern um Instrumente, die konventionellen Züchtungsmethoden „gleichwertig” sind. Ein aktuelles Rechtsgutachten, veröffentlicht vom Bundeslandwirtschaftsministerium, widerspricht: Demnach ist Neue Gentechnik eine moderne Biotechnologie, die natürliche Genvererbung umgeht, und daher dem völkerrechtlichen Cartagena-Protokoll unterliegt. Die Abschaffung der Kennzeichnungspflicht von Produkten aus Neuer Gentechnik, wie im aktuellen Gesetzesentwurf gefordert, wäre deshalb eine Verletzung des Völkerrechts über die biologische Sicherheit und biologische Vielfalt.
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