Reise zurück zu den Bio-Anfängen

Bioland-Pionier*innen erzählen im Jubiläums-Film, wie die organisch-biologische Bewegung in Deutschland entstand

Als vor 50 Jahren zwölf Frauen und Männer den „bio gemüse e.v.“ gründeten, wurden sie dadurch nicht nur zu Pionier*innen, sie galten zunächst auch als Exot*innen. Die ersten Jahre des Bioland e.V.-Vorläufers waren geprägt von Unsicherheit sowie Hohn und Spott für die Begründer*innen des organisch-biologischen Landbaus hierzulande. Doch Bio hat sich immer mehr durchgesetzt und aus Bioland ist über den Verlauf der Jahrzehnte der größte Bio-Anbauverband in Deutschland und Südtirol geworden. Pionier*innen von damals und eine junge Bäuerin von heute werfen im Bioland-Jubiläumsfilm einen Blick zurück.

„Zur Anfangszeit bist du als Bio-Bauer von allen Seiten angeschossen worden“, sagt Manfred Weller, erster Berater bei Bioland. Dennoch sei für ihn der Weg klar gewesen, und der führte Richtung biologischer Landbau. Auch Gründungsmitglied Günter Sippel kann sich noch gut an den allgemeinen Pessimismus erinnern, der damals gegenüber der Anbauweise herrschte: „Die Leute haben gesagt, das wird nichts. Dreieinhalb Jahre und dann bist du bankrott.“ Sippel und die anderen Gründer*innen haben sich davon nicht beeindrucken lassen und sind stattdessen zur Tat geschritten.

Prägend für diese Anfangszeit waren die Seminare auf dem Möschberg im schweizerischen Oberthal – sie waren die Grundbedingung für eine Mitgliedschaft im jungen Verband. Der kürzlich verstorbene Mitbegründer Siegfried Kuhlendahl erinnert sich: „Die Einführungskurse haben die Rahmenbedingungen für Bioland gut abgesteckt.“ Doch der erfolgreiche Weg des Biolandbaus war damit keineswegs schon vorgezeichnet.

Unsichere Gründungszeiten

„Die größte Hürde war zunächst mal, sich selbst in Frage zu stellen. Und da war auch die Sorge drin, ob das klappt. Das erste Jahr war furchtbar, weil wir tatsächlich für plus/minus Null gearbeitet haben. Nach dem zweiten und dritten Jahr ging es bergauf. Da war für uns die Entscheidung gefallen, dass wir bei dieser Methode bleiben und dass wir sie weiter ausbauen“, so Kuhlendahl.

Gründungsmitglied Wilhelm Rinklin Senior, ebenfalls mittlerweile verstorben, berichtet: „Wir haben damals auch noch nicht gewusst, worauf wir uns einlassen und sind mehr oder weniger da reingeschlittert. Der entscheidende Durchbruch war der Kontakt in die Schweiz und zu Menschen, die schon 20 Jahre Bio-Anbau gemacht haben. Da haben wir gewusst, wo wir hingehören.“

Von Anfang an gewusst hatte man hingegen: Es musste ohne Chemie gehen. Denn der Boden spielte und spielt beim organisch-biologischen Landbau eine Schlüsselrolle. „Man musste ein Gefühl dafür entwickeln, wann man vielleicht etwas kaputt macht, wenn man zu früh mit der Technik auf den Acker kommt und wann man eigentlich noch warten muss. Das war schon eine große Herausforderung“, beschreibt Manfred Weller eine der Problemstellungen aus der Anfangszeit.

Jung lernt von Alt – der Pioniergeist lebt

Der Ruf der Bio-Branche verbesserte sich in den folgenden Jahren nur langsam und erlebte erst in jüngerer Zeit einen deutlichen Aufschwung. So habe auch Mitte der 70er-Jahre bei staatlichen Stellen noch niemand etwas mit bio zu tun haben wollen. „Das wurde alles noch ganz zaghaft behandelt“, erzählt Wilhelm Rinklin Junior, selbst Bioland-Mitglied und Sohn des Pioniers Wilhelm Rinklin Senior.

Wie Rinklin Junior einst, so lernt auch die junge Bioland-Bäuerin Lisa Born heute noch viel von der Pionier-Generation: „Ich trete jetzt in die Fußstapfen der Pioniere. Die können mir von früher erzählen und mir damit ganz viel Unterstützung bieten – aber sie werden mir auch meinen Weg lassen, Sachen zu verändern.“ Für Lisa Born ist Ökolandbau der einzige Weg. Denn sie wolle Landwirtschaft im Einklang mit der Natur betreiben und nicht gegen sie, so die Landwirtin.

Der Mut zur Veränderung ist also nach wie vor vorhanden und so prägt der Pioniergeist weiterhin die Arbeit des Verbandes. Auch in der aktuellen Situation, 50 Jahre nach Verbandsgründung, ist er wieder gefragt. „Wie schaffen wir es denn, eine gesamte Land- und Lebensmittelwirtschaft mit den Methoden, die wir in den letzten 50 Jahren weiterentwickelt haben, allen zur Verfügung zu stellen?“, so Bioland-Präsident Jan Plagge. „Das ist genau so eine Pioniersituation, wie damals: eine Riesen-Herausforderung.“

 



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