Aus dem Verband
Proteine für Jungtiere gesucht
Können Bio-Betriebe allein mit Öko-Futtermitteln junge Schweine und Geflügel bedarfsgerecht füttern? Zwei Praktiker haben Erfahrung gesammelt.
Die EU-Ökoverordnung schreibt eine Fütterung von Bio-Tieren mit 100 Prozent Bio-Komponenten ab dem 1. Januar 2027 vor. Deshalb streben die EU-Kommission und die zuständigen Behörden zügig eine Absenkung des Anteils konventioneller Eiweißfuttermittel an. Das ist herausfordernd vor allem für die Fütterung der anspruchsvollen Jungtiere. Wie dieser Schritt gelingen könnte, haben Fachleute auf Haus Düsse der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen diskutiert. Neben den Ideen aus Wissenschaft und Industrie, zusätzliche Quellen für Cystein und Methionin zu erschließen, kamen zwei Praktiker zu Wort: Schweinehalter Wilhelm Schulte-Remmert aus Lippstadt stellte seine Ferkelfütterung vor, Peter Schubert vom Geflügelhof Schubert in Franken beschrieb seinen Ansatz.
Schweinehalter Wilhelm Schulte-Remmert aus Lippstadt sieht noch einen langen Weg zur reinen Bio-Fütterung der Ferkel. Kleegrassilage habe sich als Raufutter zwar grundsätzlich als sehr schmackhaftes, gutes Futter erwiesen. Doch wegen des hohen Arbeitsaufwandes und zu hoher Kalziumgehalte, die zu Geburtsproblemen führten, habe er auf Kleegras verzichten müssen. Stattdessen setzt er heute hochwertiges Heu als Raufutter ein.
Die Futtergrundlage auf seinem Betrieb besteht aus einer vielseitigen Getreidemischung mit Ackerbohne, Erbse und Ergänzer. Als sehr positiv für die Darmgesundheit habe sich der Zusatz von flüssigem Fermentgetreide (Brotgetreide) bei Ferkeln und Sauen erwiesen. Dennoch müsse er bei der Ferkelaufzucht noch auf 1,5 Prozent konventionelles Kartoffeleiweiß zurückgreifen, damit sich die Tiere gesund entwickeln. Insgesamt verzeichnet er durch die angepasste Fütterung und stallbauliche Änderungen eine deutliche Leistungssteigerung und eine verbesserte Tiergesundheit.
Auch Peter Schubert, Bio-Geflügelhalter in Franken, bestätigte, dass eine 100-prozentige Bio-Fütterung mit vielen Herausforderungen verbunden ist. Eine mangelnde Eiweißversorgung erhöhe das Risiko für verringertes Wachstum und Durchfallerkrankungen, während zu viel Eiweiß die Verdauung belaste. Deshalb sei es problematisch, dass Komponenten wie Sojakuchen oft sehr schwankende Qualitäten bei der Verdaulichkeit aufweisen. Auch die Struktur des zugekauften Bio-Mischfutters sei häufig ungenügend und führe zu einer unerwünschten Futterselektion.
Deshalb mischt der Betrieb inzwischen alle Futtersorten selbst. Die Küken erhalten bis zum Tag 21 ausschließlich hochwertiges Krümelfutter. Sehr gute Erfahrungen hat Schubert mit der Zufütterung von Kleegrassilage bei Junghennen gemacht. Allgemein beobachtete der Bio-Landwirt, dass Legehennen, die mit 100 Prozent Bio-Komponenten aufgewachsen sind, im Legebetrieb besser mit reiner Bio-Fütterung zurechtkommen. Zudem seien Zweinutzungsrassen besser für die reine Bio-Fütterung geeignet.
In der abschließenden Zusammenfassung betonten die Teilnehmenden, dass für die ausreichende Eiweißversorgung von Geflügel und Schweinen im Ökolandbau heute deutlich mehr Alternativen zur Verfügung stehen als vor 20 Jahren. Auch die Forschung sei heute deutlich weiter. Dennoch sprachen sich viele Teilnehmende dafür aus, den Einsatz begrenzter Mengen konventioneller Eiweißfuttermittel auch nach 2026 weiter zu ermöglichen, insbesondere für die ersten zehn Lebenswochen bei Geflügel. Einen Bericht über verschiedene Optionen, die von Teilnehmenden abschließend diskutiert wurden, gibt es im bioland-Fachmagazin vom Mai.
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hatte die Veranstaltung Mitte März gemeinsam mit den Verbänden Naturland, Bioland, dem Aktionsbündnis Deutscher Bio-Schweinehalter und der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen vorbereitet. Finanziert hat sie das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL).