Aus der Region
Getreideentwicklung in der kalten Jahreszeit
Mit absinkenden Temperaturen beginnt auch die Vegetationsruhe. Doch auch während dieser Zeit kommt der pflanzliche Stoffwechsel nicht gänzlich zum Erliegen.
Unsere Wintergetreidearten sind auf die Entwicklung im Kurztag (<14h Sonnenschein pro Tag) angewiesen. In dieser Zeit finden v.a. Blattbildungs- und Bestockungsprozesse statt. Doch die Getreidearten unterscheiden sich dabei maßgeblich. Wintergerste beispielsweise muss bereits im November das Doppelring-Stadium (Beginn der generativen Entwicklung) erreichen, um noch während der Vegetationsruhe mit der Ährchenanlage beginnen zu können. Das Doppelring-Stadium ist der Entwicklungszeitpunkt, ab welchem die Pflanze beginnt von der vegetativen Entwicklung hin zur generativen umzustellen. Das kann etwa ab dem 6-Blatt-Stadium der Fall sein, was einer Entwicklung mit drei Nebentrieben entspricht. Das begründet auch, weshalb Gerste nicht zu spät gedrillt werden darf.
Winterweizen verhält sich im Hinblick auf die Saatzeit bekanntermaßen deutlich flexibler. Das Doppelring- Stadium beginnt hier wesentlich später, im März bis Anfang April. Für die vegetative Entwicklung unter Kurztagsbedingungen hat Weizen daher mehr Zeit. Deshalb ist der Weizen auch für späte Saattermine noch geeignet.
Die Dauer der Pflanzenentwicklung im Kurztag bestimmt auch, wie viele Triebe und Blätter angelegt werden. Frühe Saaten bestocken stärker als späte. I.d.R. gilt: Triebe, die im Kurztag angelegt werden und mind. drei Blätter haben, sind so vital, dass eine Ähre ausgebildet wird. In einem normalen Winter baut die Pflanze eine Frosthärte stufenweise auf und idealerweise fällt noch eine leichte, schützend isolierende Schneedecke. Ein Negativ-Beispiel dafür war der plötzlich auftretende Starke Frost in der 2. Dezemberwoche im Jahr 2023. Hier waren Ende November noch Temperaturen von > 10 °C zu verzeichnen, die dann innerhalb weniger Tage auf bis zu Minus 15 °C abfielen. Der dazu stark wehende Wind hat damit bei vielen Winterungen zu deutlichen Ertragseinbußen geführt.
Bei einsetzendem Schneefall ist es von Vorteil, wenn es vor dem Schnee ausreichend friert. Das fördert eine gute Frostgare, wobei Bodenverdichtungen aufbrechen. Von diesem Prozess profitiert vor allem die Wurzelbildung des Winterweizens. Bleibt der Winter mild, bestockt das Getreide jedoch weiter und die Winterhärte baut sich nicht vollständig auf. Wenn anschließend doch noch starke Fröste einsetzen, steigt die Gefahr von Auswinterungsschäden erheblich.
Um Auswinterungsverluste der Bestände nach dem Winter abschätzen zu können, kann es sich lohnen, eine bestimmte Stelle im Feld abzustecken und weiter zu beobachten. Die regelmäßige Dokumentation mit der Handykamera kann auch im nächsten Winter aufschlussreiche Erkenntnisse zur Vitalität der Bestände liefern.