Bio-Zertifizierung für Kleinbrennereien

Aus der BeratungBaden-WürttembergBaden-Württemberg 09.12.25

Im Interview mit dem Fachmagazin Kleinbrennerei erläutert Herstellerberaterin Valentina Cicorella die Vorteile und den Prozess einer Bioland-Zertifizierung für Brennereien.

Eine Flasche Eierlikör mit einem verspielten Etikett, das eine lächelnde Figur zeigt, vor einem Hintergrund aus bunten Blumen auf hellblauem Grund.

Passend zu Weihnachten gibt es bei der Bioland-zertifizierten Renchtalbrennerei auch Eierlikör. Foto: Renchtalbrennerei

Der Bio-Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist in Deutschland in den letzten Jahren auf etwa 10 Prozent gestiegen. Im Obstbau sind es sogar rund 18 Prozent. Ein nachhaltiger Trend. Ist das schon Argument genug für eine Umstellung – auch für eine Brennerei? Welche Argumente sprechen ansonsten für Bio?

Was hat ein Brenner von einer Zertifizierung?

Cicorella: Eine Bioland-Zertifizierung hat für Brennereien mehrere Vorteile. Zum einen wird das Vertrauen der Konsumenten gestärkt, da Bioland ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit genießt. Kunden, die Wert auf ökologische Nachhaltigkeit legen, erkennen in einem Bioland-zertifizierten Produkt ein Zeichen für besonders strenge ökologische und soziale Standards. Der Brenner kann seine Erzeugnisse entsprechend in Wert setzen. Zudem profitieren Brennereien von den Vorteilen des Bioland-Netzwerks. Als Mitglied können sie auf Unterstützung bei der Rohstoffbeschaffung zurückgreifen und sich mit anderen Betrieben vernetzen. Auch bei der Wahl möglicher Vertriebskanäle unterstützt der Verband.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich als Bioland-Mitglied zertifizieren zu lassen. Zum einen als Marktpartner oder als landwirtschaftliche Brennerei neben dem eigenen laufenden landwirtschaftlichen Betrieb. Was sind die Unterschiede in der Zertifizierung?

Cicorella: Wer sich als reine Brennerei und somit als sogenannter Marktpartner für eine Bioland-Zertifizierung interessiert, kann neben Bioland-Gin auch eine konventionelle oder EU-Bio-Linie herstellen und vertreiben. Wer aber als Erzeugerbetrieb nebenbei den eigenen Gin herstellen möchte, muss eine sogenannte Gesamtbetriebsumstellung vorweisen, das heißt, sowohl die Landwirtschaft als auch die nachgelagerte Produktion müssen auf Bioland-Richtlinien umgestellt sein, jeder Bereich muss also Bioland-zertifiziert sein.

Wenn eine kleine Brennerei Bioland-Partner werden möchte, darf diese aber weiterhin auch konventionelle Streuobstwiesen bewirtschaften und das Obst zur Spirituosen-Herstellung von Bioland-Betrieben zukaufen. Entscheidend ist hier, was das Hauptgeschäft ist – Erzeugung oder Herstellung.

Was kostet eine Zertifizierung – erstmalig und dann regelmäßig?

Cicorella: Das lässt sich pauschal nicht sagen, da die Kosten von mehreren Faktoren abhängen. Unter anderem hängt es mit den verschiedenen Möglichkeiten einer Zertifizierung zusammen, entweder als landwirtschaftlicher Betrieb mit Nebenerwerb oder als reiner Marktpartner. Die Kosten setzen sich zusammen aus der Bioland-Partnerschaft beziehungsweise Mitgliedschaft, mit der die Bioland-Markennutzung einhergeht, sowie den Kosten für die jährliche Kontrolle durch eine unabhängige Kontrollstelle, die dann auch die Zertifizierung ausstellt. Die Preisspanne liegt hier je nach Betriebsgröße zwischen einem mittleren und höheren dreistelligen Betrag.

Wo liegen die Unterschiede von Bioland zu EU-Bio-Label?

Cicorella: Bioland Produkte werden nach strengeren Richtlinien als die EU-Öko-Verordnung zertifiziert. Rohstoffe aus Bioland-Erzeugung kommen zudem nur aus Deutschland oder Südtirol. Der Anbau erfolgt zu 100 Prozent auf Bioland-Betrieben und nicht – wie bei EU-Bio möglich – auf teilumgestellten Höfen, die auch in Kombination konventionell wirtschaften dürfen. In der Herstellung darf ein EU-Bio-Produkt bis zu fünf Prozent konventionelle Zutaten enthalten. Bei Bioland ist das nicht zulässig. Es gibt spezielle Bioland-Richtlinien für die Herstellung von Spirituosen. Darin ist beispielsweise der Einsatz von Enzymen geregelt oder der Einsatz bestimmter Behandlungsmittel in der Brennerei, wie pflanzliche Öle aus ökologischer Herstellung zur Schaumverhütung.

Welche Unterstützung bietet der Verband bei der erstmaligen Zertifizierung?

Cicorella: Im ersten Schritt stehen wie beratend zur Seite. Ein Berater kommt vorbei und schaut sich mit dem Betriebsleiter gemeinsam die Gegebenheiten vor Ort an und ob der Betrieb sich für eine Umstellung eignet. Es ist auch möglich, Rezepturen im Vorfeld zu prüfen und – falls Anpassungen erforderlich sind – Unterstützung bei der Beschaffung fehlender Rohwaren zu bieten. Bioland unterstützt auch dabei, eine geeignete unabhängige Kontrollstelle zu finden, die Bioland-Kontrollen durchführt. Zusätzlich bieten die Kontrollstellen selbst eine umfassende Beratung für Betriebe, die auf Bio umstellen möchten. Auch bei der Vermarktung gibt es Stellschrauben des Verbands.

Welche Unterstützung bietet Bioland bei der Vermarktung?

Cicorella: Bioland agiert im Bereich der Rohstoffbeschaffung und Vermarktung als vernetzende Instanz, jedoch nicht als klassischer Marktakteur. Als etabliertes Markenzeichen genießt Bioland einen hohen Bekanntheitsgrad und großes Vertrauen bei den Verbrauchern. Sämtliche Marketingmaßnahmen tragen automatisch zur Sichtbarkeit und Förderung aller Produkte bei, die das Bioland-Logo tragen. Neue Betriebe werden innerhalb des Verbands gezielt kommuniziert, sodass auch der Groß- und der Einzelhandel frühzeitig auf neue Produkte aufmerksam werden. Zusätzlich kann die Öffentlichkeitsarbeit des jeweiligen Landesverbands unterstützend tätig werden. Möglich sind hier beispielsweise Pressemeldungen, Einbindung als Partner oder Co-Aussteller bei Messen oder regionalen Events.

Stellungnahme: Darum bin ich bei Bioland

Wolfgang Maffert von der Bioland-Brennerei Monte

Ich bin bei Bioland, weil hier die Anstrengungen für die Biodiversität nicht nur anerkannt, sondern aktiv gefördert werden. Für uns als Brennerei ist das essenziell – schließlich bauen wir unsere Rohstoffe auf Streuobstwiesen an, die wahre Schatzkammern der Natur sind. Eine einzige Streuobstwiese kann bis zu 5.000 verschiedene Arten beherbergen – von seltenen Insekten über heimische Vögel bis hin zu unzähligen Pflanzen, die in einem einzigartigen Ökosystem miteinander verwoben sind.

Jede alte Obstbaumreihe, jede Wildhecke und jede blühende Wiese ist ein Beitrag zum Erhalt dieser Artenvielfalt. Bioland gibt genau diesem Einsatz den Wert, den er verdient. Wer sich zertifizieren lässt, setzt nicht nur auf höchste Qualität und nachhaltige Produktion, sondern trägt aktiv dazu bei, unsere wertvollen Kulturlandschaften zu bewahren. Für uns war es eine Herzensentscheidung, weil wir für die Natur brennen!

Eure Ansprechpartnerin

Bei Fragen zur Zertifizierung

Teamleitung Herstellerberatung Süd
Valentina Cicorella