
Tag 5 - Heute mal Quark statt Wurst
Am Ende bleibt bei Trixie vor allem Folgendes in Erinnerung: Engagierte, nette Menschen und der Gedanke: "Wenn ich meinen Einkauf nach Hause trage, ist das ja auch schon mächtig manchmal, aber mir wird gerade bewusst, dass vor mir ja auch Menschen viele Male dasselbe Produkt oder Vorstufen davon bewegt haben."Mein letzter Tag auf dem Martinshof bricht an. Ich verbringe ihn in der Molkerei bei Franzi und Ines, denen ich neulich schon einmal beim Milch-Abfüllen geholfen habe.
Heute beginnt es für mich mit der Abfüllung von Ziegenfrischkäse in Becher. Ines und Franzi haben dafür schon vor zwei Tagen Ziegenmilch mit Milchsäurebakterien und einer kleinen Menge Lab dickgelegt. Das funktioniert auch allein mit Milchsäurebakterien, die Labzugabe (~4ml auf 100 Liter Milch) sorgt aber für einen festeren Quark.
Der Quark war in großen weißen Stoffsäcken, damit die Molke abläuft. Nun rührt Ines ihn im Kessel der kleinen Abfüllmaschine ein paarmal durch, damit er cremig wird und sich einheitlich abfüllen lässt.
Dann geht das Abfüllen los. Wir stehen zu dritt neben Abfüll- und Versiegelungsmaschine. Ines befüllt die Becher einzeln und kontrolliert das Einfüllgewicht. Dann hängt sie die Becher in eine scheibenartige Vorrichtung. Diese Maschine siegelt ein Aludeckelchen und schubst den Becher in Franzis Richtung. Franzi legt die durchsichtigen Kunststoffdeckel auf und reicht die Becher an mich weiter. Ich versehe jeden einzelnen Becher zu guter Letzt mit Haltbarkeitsdatum. 340 Becher Ziegenfrischkäse Natur und 80 Becher Ziegenfrischkäse Kräuter füllen wir so ab.
Danach wasche ich die Gerätschaften ab: Milchkannen, Abtropfkreuze, Kellen, Milchschlauch und die Quarksäcke werden gereinigt. Die Säcke werden danach noch in der Waschmaschine gekocht. Anschließend werden der Boden der Reinigungskammer und die Waschbecken auch noch geputzt. Da Freitag ist, wird früher Feierabend gemacht. So gegen 14 Uhr kehrt Ruhe in der Produktion und dem Büro ein. Ich darf mir noch ein bisschen Molke abfüllen, kaufe noch schnell ein paar Würstchen und bin dann auch fertig. Ich verabschiede mich und schaue noch schnell bei Gerhard Kempf vorbei, mit dem ich mich noch ein wenig über meinen Besuch und meine Eindrücke austausche.
Es hat mir gut gefallen, der Betrieb ist sehr professionell und Unternehmensmitgründer Gerhard Kempf, Biolandwirt der Pionierzeiten, strahlt unternehmerische Begeisterung für ökologischen Landbau aus. Die Mitarbeiter sind nett und engagiert, und die Produkte finde ich wirklich gelungen. Ich bin beeindruckt, wie viel Handarbeit in die Produkte einfließt. Und ich muss auch betonen, was für eine harte körperliche Arbeit die Lebensmittelbranche in allen Produktionsschritten von den Menschen verlangt. Wenn ich meinen Einkauf nach Hause trage, ist das ja auch schon mächtig manchmal, aber mir wird gerade bewusst, dass vor mir ja auch Menschen viele Male dasselbe Produkt oder Vorstufen davon bewegt haben. Natürlich gibt es auch Maschinen und Fahrzeuge, aber spätestens im Laden wird alles nochmal von Hand verräumt.
Von der Gegend habe ich in der knappen Woche kaum etwas gesehen, dazu war ich zu müde und geschafft. Aber wenn mich das Schicksal nochmal nach St. Wendel oder in die Nähe verschlagen sollte, bin ich nicht böse. Ich weiß ja jetzt, wo ich gutes Essen herbekomme.
Ganz am Schluss noch eine Berichtigung: Der Franzose, bei dem ich Montag und Dienstag eingesetzt war, heiß Thierry (und nicht Thierree) und er ist nicht Schlachter, wie ich das als Nordlicht nennen würde, sondern Charcuttier Traitteur, was sich mit Metzgermeister nur ungenügend wiedergeben lässt, da es eine qualifizierte Ausbildung für Feinpasteten und Ähnliches beinhaltet. Schlachter ist in Süddeutschland jemand, der nur das Töten der Tiere vornimmt.
Ich bedanke mich bei Allen, die mir geduldig alles erklärt und gezeigt haben, und mir einen Einblick ermöglicht haben, recht herzlich.
Tag 4 - Sülze zum Frühstück
Heute schwirrt Trixie der Kopf vor so vielen Würsten und nach Feierabend riecht sie immer noch nach Lagerfeuer. Woher das kommt, schreibt sie hier:
Als ich beginne, haben Jörg und Petre wie immer schon seit vier Uhr morgens geschafft. Gerade sind sie mit Lyoner Würsten beschäftigt. Die sind bereits in Därme gefüllt worden und hängen jetzt auf Stangen. Sie müssen noch in die Räucherkammer.
Als nächstes stellen wir Sülze her. Das Eisbein dafür haben die beiden schon vor meiner Ankunft gekocht. Ich erkläre mich zu einer sensorischen Qualitätskontrolle bereit und schnökere zum Frühstück also ein Stückchen Eisbein inklusive Glibber und Haut. Also ich mag das ja.
Das Eisbein wird auch zerkleinert und gewürzt, Essig kommt dazu, und dann wird alles wieder durch die Abfüllmaschine geschickt. Dieses Mal in große, hitzebeständige Kunststoffschläuche. Auch das wird nun wieder zur Haltbarmachung gekocht.
Danach wird Andouillette zubereitet. Das ist eine französische Spezialität, die aus gekochten Schweinemägen und Schweinebackenfleisch zubereitet wird. Mir schwirrt der Kopf von den vielen verschiedenen Würsten, während Jörg die ganzen Rezepte auswendig weiß. Es werden noch Merguez aus Rindfleisch gemacht, und langsam kann ich nicht mehr mitzählen. In Windeseile werden dabei alle Gerätschaften immer wieder geputzt für das nächste Produkt.
Es ist viel wärmer als in den anderen Produktionsräumen, aber ich rieche Zuhause angekommen auch, als hätte ich eine Nacht am Lagerfeuer gesessen. Das kommt vom Buchenholzrauch in der Räucherkammer, der sich ganz fix in die Kleidung und Haare hängt.
Tag 3 - Wenn es doch nur eine ökologisch bessere Verpackung für Selbstbedienungsware gäbe
Langsam kriecht der frühe Arbeitsbeginn und das viele Stehen in die Knochen. Und auch das Verpacken stimmt Trixie nachdenklich.
Heute war ich in der Verpackung und Konfektionierung. Zunächst habe ich unter der Anleitung von Siggi Fenchelwurst und Bratwurst aus dem Kühlhaus geholt. Beides war grad frisch hergestellt worden. Die Fenchelwurst habe ich in größeren Gebinden vakuumiert, also immer so 15 Stück in eine Tüte. So wird sie gelagert, bis sie für eine Bestellung abgepackt wird.
Danach habe ich mich an die Bratwürstchen gemacht. Sie werden in langen Schlangen produziert und ich musste sie erst mal vereinzeln. Dann habe ich sie an einer Verpackungsmaschine in Schalen gelegt, und zwar immer vier Stück. Die Schalen hat die Maschine dann vakuumiert.
Anschließend hat eine Kollegin die Maschine umgebaut auf flachere Schalen, und wir haben Aufschnitte verpackt. Die werden zunächst an Schneidemaschinen dünn geschnitten und gelegt, dabei gewogen. Dann werden die Scheiben mit Schalen in der Maschine vakuumiert.
Andere, weiterverarbeitete Produkte, wie Salami oder Fleischkäse werden unter Sauerstoff und CO2 verpackt. Sie sind ausreichend vorbereitet durch Erhitzen oder Räuchern und bei mindestens 20% CO2 Gehalt des Schutzgases verhindert der hohe Sauerstoffanteil auch wiederum ein Keimwachstum. Alle diese Gase kommen natürlich in der Atemluft vor und sind deswegen auch von den Biovorschriften zugelassen. Voraussetzung ist aber bei beiden Schutzgasen ein hygienisches Arbeiten,um von vorneherein Keime zu minimieren. Deswegen die Schleusen, Hauben, Gummistiefel usw.
Alle Produkte werden übrigens immer und überall auch mit einer Chargennummer versehen, und die Nummer wird mit den Weiterverarbeitungsschritten immer weiterverfolgt.
So kann bei einer Reklamation schnell zurückverfolgt werden, welche anderen Produkte evtl. auch betroffen sein können.
Zwei Sachen haben mich an dieser Stelle nicht ganz glücklich gemacht - das eine ist die Erkenntnis das auch beim besten Willen nichts ohne Unmengen von Kunststoffverpackungen läuft.
Aber das ist ja auch bei anderen Warengruppen so, nicht nur beim Fleisch. Ich wünsche mir für die Zukunft eine industrietaugliche Entwicklung von hygienisch einfach zu handhabenden Mehrwegbehältern mit Deckel für Schlachtereibetriebe.
Das andere ist, dass verschnittene Wurst und Bruchware in den Abfall kommt.
Ob es möglich ist, "Wundertüten" für Mitarbeiter zu machen, oder Wurst/Aufschnittgebinde mit kurzem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) für einen Euro? Oder aus noch ansehnlichen Stücken Bruchware Verkostungsmuster für kleine Läden? Vielleicht gibt es ja eine Verwendung.
Zum Abschluss war ich in der Konfektionierung, das heißt hier werden die Lieferkisten für die Kundenbestellungen zusammengestellt. Hier habe ich die Produkte, die ich eben noch fertig verpackt habe, nochmal in die Hand genommen und nach Listen verschiedenen Läden und Kunden zugeteilt. Donnerwetter, das ist ja echt mal frisch, dachte ich mir.
Ein weiterer Tag ist rum, die Füße tun weh bis zum Hals, aber irgendwie ist es ja auch ganz schön, so ordentlich was weggeschafft zu haben. Im Hofladen habe ich mir zur Belohnung noch sehr leckere deutsche weiße Weintrauben und Zwetschgen geholt.
Tag 2 - So viel Handarbeit!
Ein Care-Paket für zu Hause ist schon auf dem Weg zur Post. Und ein paar Kniffe, die Trixie zuhause anwenden kann, nimmt sie am Ende der Woche auch mit ins Gepäck.
Heute bin ich nochmal in der Zerlegung, ich bekomme eine dicke Nadel und eine Schnur in die Hand gedrückt, und dann fädle ich Rindfleischstücke auf. In die Schnur kommt ein Knoten - und fertig ist die Aufhängeschlaufe für den Rinderschinken. So zwei bis drei Kilo habe ich dann 40 mal hin und her bewegt, und dann in Kisten gestapelt. Gerhard salzt die Schinken, und würzt sie mit einer Mischung aus Muskat, Ingwer, Pfeffer und anderen Gewürzen. Dann werden sie vier Wochen im Salz liegen gelassen, bevor sie getrocknet und geräuchert werden.
Gestern hat Nicole Schweinefleischwürfel mit Zwiebeln, Gewürzen und Riesling gemischt, ein Teil davon kommt jetzt in kleine Pasteten - dazu wird ein Mürbeteig ausgerollt, der in kleine Spannformen gelegt wird. Die fülle ich mit der Fleischmischung, dann werden die Ränder mit Ei bestrichen und ein Deckel aus Blätterteig aufgesetzt. Nochmal Ei drüber, Loch für den Dampf einstechen, kleines Muster mit der Gabel ritzen und ab in den Ofen. Ha! Das kann ich zuhause nachmachen!
Nicole erzählt, dass sie einen besonderen Ehrgeiz hat, die Produkte sehr einwandfrei und so hochwertig wie möglich zu machen, weil sie findet, dass die Kunden bei den Preisen, die sie für die Bioware bezahlen, auch was Schönes bekommen sollen.
Zwischendurch habe ich kurz keine Aufgabe und stürme in das Lager, um mir ein Fresspaket zusammenzustellen, dass mir der Martinshof nach Hause schickt. Es geht vor zwölf Uhr mit einem Paketdienst raus und soll im Glücksfall noch diese Woche in England sein. Leider sind viele Sachen ungekühlt nicht haltbar, deshalb gibt‘s keine Bratwürstchen oder Wiener, und keine Rotwurst oder Pastete für mich.
Danach helfe ich ein wenig in der Molkerei. Die Ziegenmilch des Tages soll abgefüllt werden und eine Hilfe beim Etikettieren ist willkommen. Die Ziegenmilch ist pasteurisiert worden, also einige Zeit auf 75°C erhitzt, und wird per Hand von Ines abgefüllt, dann schraubt Franzi die Flaschen zu und tackert ein Klebchen mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum drauf. Homogenisiert wird die Milch nicht.
Ich klebe die Etiketten mit wasserlöslichem Kleister und gutem Willen mehr künstlerisch als grade, aber es wird nach der 30. Flasche langsam besser, und ich hoffe dass den Kunden der Inhalt wichtiger als ein rechter Winkel ist.
Ich sehe in allen Bereichen so unglaublich viel Handarbeit, das haut mich doch ein bisschen um.
Der Martinshof liefert mit eigenen Wagen nach Luxemburg und Frankreich. Auch in einige dortige Supermärkte. Ich finde, dass man das auch an der Auswahl und Qualität merkt. Es gibt viel raffiniertere Rezepturen und Wurstsorten als ich erwartet hätte.
Nach meinem Feierabend gehe ich noch um die Produktion herum. Hintenan ist der Ziegenstall. Um die zehn Ziegen blinzeln mir entgegen, der Rest ist auf verschiedenen Weiden verteilt. Ich gucke mir die Melkanlage an. Sie hat einen Schlauch direkt in die Molkerei, in der ich eben noch die Milchflaschen etikettiert habe. Das finde ich gut: kurze Wege.
Je nach Jahreszeit gibt es täglich 100 bis180 Liter Milch von den Ziegen, erzählt mir der Bauer. Einiges davon wird zu Frischkäse verarbeitet. Früher gab es auch eine Schnittkäseproduktion, aber die aufwändige Pflege macht die Herstellung zu teuer, erklärte mir Gerhard Kempf, einer der Hofgründer, gestern.
Ich trödele durch den Sonnenschein zu meiner Unterkunft und merke dass ich langes Stehen nicht mehr gewohnt bin - meine Füße nehmen es mir übel und mein Rücken auch.
Dem entgegne ich mit einer heißen Dusche und einem Nachmittagsnickerchen.
Tag 1: Puh, das war aber mal anstrengend!
Während draußen die Sonne bruzelt, werden Trixie im Zerlegraum die Hände klamm. Rund sechs Grad hat es da drin. Beim Schleppen der Fleischstücke wird ihr aber trotzdem warm.
Ich habe heute meinen ersten Tag auf dem Martinshof in der Metzgerei verbracht. Um 5 Uhr ging es los, Nicole, meine neue Kollegin, hat mich in Empfang genommen und eingewiesen. Ich habe Arbeitskleidung bekommen: weiß nach Vorschrift. Eine Hose und eine Thermojacke, weiße Gummistiefel und eine Einmal-Haar- und Gesichtshaube. Dann ging es in den Arbeitsbereich, den ich über eine Hygienestation betreten musste. Dort musste ich mir die Hände gründlich waschen und desinfizieren, dann über ein Bürstenrost mit Desinfektionsmittel laufen, damit die Stiefel keine Straßenkeime eintragen. Trotz der frühen Uhrzeit war es draußen wärmer als im Betrieb.
Zunächst habe ich im Zerlegebereich mitgeholfen. Dort arbeiten Nicole, die gelernte Metzgereifachverkäuferin ist, Thierree, ein französischer Schlachter, und sein Kollege Gerhard, auch Schlachter. Während die Schlachter die ganzen Schlachttiere aus dem Kühlraum in passende Stücke zerlegen, bereite Nicole eine Liste vor, die die bestellten Produkte auflistet:, Heute 14x 500g Hähnchengeflügel, davon 1x gewürzt, 2x Brokkolibraten, 2 große Grillplatten und so weiter.
Die bestellten Stücke wurden dann entsprechend der Bestellliste von den Schlachtern geschnitten und von Nicole und mir eingetütet und vakuumiert. Die Lieferungen für den Fleischtresen kommen dabei in Vakuumtüten, Selbstbedienungsware wird in Schalen verpackt, die ein Schutzgas ohne Sauerstoff bekommen, damit die Stücke ansehnlich bleiben und länger halten. Einige Stücke haben wir auch mit verschiedenen Gewürzmischungen und Marinaden bestrichen, alle natürlich auch biozertifiziert.
Das ganze war ein Mordsgewuppe, viele Kisten wurden gehoben, geschoben, wir haben viele zwei oder drei Kilostücke bewegt. Nicole hat auch an den Maschinen verschiedene schwere Verpackungsformen ausgewechselt - und mich auch mit einer fröhlichen Engelsgeduld eingewiesen und angeleitet.
Das ganze bei 6-8°C - obwohl mir warm genug war, sind mir irgendwann doch die Hände klamm geworden, zumal ich sie wie erwartet auch häufig waschen musste.
Am Ende meiner "Schicht" war ich dementsprechend auch ganz schön fertig! Bevor ich in meine Ferienwohnung zurückgegangen bin, hatte ich dann noch eine ausführliche Unterhaltung mit Gerhard und Monika Kempf, den Eigentümern, über ihre Geschichte mit dem Hof, und anschließend noch einen Einkauf im Hofladen, damit ich was Schönes zu essen habe - Osterbrücken liegt sehr idyllisch - aber fernab von Geschäften und Restaurants.
Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei Siggi, die mir Arbeitskleidung geliehen hat, Franzi, die meinen Besuch so kompetent organisiert hat, und Ines, die mir für meinen Aufenthalt ihr Fahrrad leiht!
Vor der Anreise, Trixie stellt sich vor: "Konventionelle Fleischproduktion? Das ist unanständig!"
Vom Naturkostladen in Hannover in die Musikbranche bei London. Und nun ab in die Metzgerei. Trixie ist gespannt auf ihre Woche auf dem Martinshof. Ob ihr das Lied vom frühen Vogel gefällt, wird sich herausstellen. Ab jetzt heißt es: Wursten ab 5 Uhr morgens.
Wer bist Du?
Mein Name ist Trixie, ich bin im Juni 2015 von Hannover nach England gezogen. Davor war ich elf Jahre in einem Naturkostgeschäft in Hannover angestellt. Ich lebe in Woking, 25 Minuten von London entfernt. Mein Partner und ich betreiben das Micro Audio Label www.tcfsr.net , auf dem wir die Musik von uns und befreundeten Musikern aus aller Welt veröffentlichen.
Was machst Du sonst so, wenn Du nicht gerade als Schnupper-Metzgerin unterwegs bist?
Ich mache Musik unter dem Namen Trixie Delight, engagiere mich im Aufbau einer kommunalen Gemüseanbaugruppe und bin Freiwillige bei einem Netzwerk, das regionale Lebensmittelerzeuger und -weiterverabeiter fördert. Außerdem habe ich neuerdings eine monatliche Radiosendung auf Radio Woking über Musik jenseits des Mainstreams und singe in einem Chor, der Woking Choral Society.
Und wie ist das mit dem Essen?
Seit Anfang der 90er Jahre kaufe ich kein konventionell erzeugtes Fleisch mehr. Ich finde, dass die industrialisierte konventionelle Fleischproduktion unanständig ist. Der Preisdruck führt zu einer unglaublichen Verrohung der Umgehensweise mit den Tieren und auch der Menschen, die in diesem Sektor arbeiten. In Niedersachsen kann man viele Gruselgeschichten über sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse in der Geflügelproduktion hören, und auch solche über die Grundwasserbelastung.
Ich koche gern, und finde, wenn ich Fleisch esse, dann sollte ich auch das ganze Tier verwenden. Das ist nicht nur eine Preisfrage, denn die Edelteile sind ja viel teurer, sondern auch eine des Geschmacks - und der Ethik. Ich kann ganz gut Steak braten, und auch ein rohes Carpaccio zubereiten. Seit einigen Jahren schmore ich Gulasch, das es nur so eine Art hat, und auch einen Sauerbraten kann ich ganz gut. Ich mag auch Leber und andere Innereien. Und auch ein Suppenhuhn zuzubereiten ist ja kein Hexenwerk. Man muss es halt einfach mal ausprobieren.
Und dann muss ich noch etwas unbedingt über mich sagen: Seit ich in England lebe, vermisse ich Wurst. Und eine anständige Biowurst bekomme ich hier nicht. Keine Bockwürstchen, keine Salami, keine Leberwurst. Mal ganz abgesehen von der unethischen Tierhaltung sind die konventionellen Wurstprodukte nicht wirklich lecker. Da habe ich wässrig-weichliche Scheiben von irgendwas, oft mit Glutamat und künstlichen Aromastoffen, die verbergen, was für eine brackige und muffige Geschmacksnote dieses Fleisch hat. Bratwürste gibt es hier schon, aber die bestehen traditionell zu 20 bis 80 Prozent aus Zwieback und oft ist der Rest nur Fett und "Nebenerzeugnisse" (das sind Knorpel und abgelöste Knochenhaut und so) und kein Fleisch.
Und jetzt ist der Leidensdruck stark genug, dass ich es doch nochmal versuchen möchte. Einen Fleischwolf für meine Küchenmaschine habe ich schon - die letzten paar Wochen gab‘s schon ganz oft Frikadellen mit selbstgemachtem Hackfleisch.
Welche Erwartungen hast Du an Deine Woche auf dem Hof?
Ich hoffe, dass ich ein paar neue Kniffe lerne, und mein Wissen über die verschiedenen Teile, und wofür sie geeignet sind, verbessern kann. Und ich bin besonders gespannt, was dort mit Ziegenfleisch zubereitet wird. Außerdem finde ich Handwerk eigentlich immer spannend. Und ich hoffe, dass ich ein paar leckere Spezialitäten probieren kann.
Was glaubst Du, wird auf Dich zukommen?
Frühes Aufstehen, viel Händewaschen und Putzen, viele Geräusche von den Maschinen (ich nehme mein Aufnahmegerät mit!), und hoffentlich viele spannende Einblicke. Ich werde berichten :)
Auf bioland.de
Infos zur Aktion: Werden Sie Metzger, Bäcker oder Brauer für eine Woche
Die drei Bloggerinnen in der Übersicht: Jetzt geht's los: Eine Woche als Metzger, Bäcker oder Brauer
Wibke als Bäckerin bei Zeit für Brot: Tag 5 - Ehrliche Lebensmittel, faire Preise - das sollten mehr Bäckereien machen
Stefanie als Brauerin bei der Neumarkter Lammsbräu: Tag 5 - Darf ich Ihnen die Bierkarte bringen?
Martinshof: Und was haben Sie im Urlaub gemacht? Wurst!
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Zeit für Brot: Backen wie die Profis
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Im Netz:
Das Micro-Label von Trixie und ihrem Partner Simon
Die kommunalen Gemüseanbaugruppe "Incredible Edible Knaphill"
Der Martinshof, auf dem sie arbeiten wird