Pestizide werden in der EU häufig nach den niedrigsten Standards zugelassen. (Foto: Landpixel)

Neue Pestizide belasten Grundwasser massiv

EU-Zulassungspraxis unterwandert Umweltschutz

Das Umweltbundesamt (UBA) sieht in der EU-Zulassungspraxis für Pestizide einen Rückschlag für die Vereinbarkeit von Landwirtschaft und Umweltschutz. Studien zur Wasserqualität in Deutschland zeigen eine zu hohe Belastung mit zum Teil neuen umweltgefährdenden Pflanzenschutzmitteln (PSM). Beim Zerfall des Unkrautvernichters Flufenacet entsteht Trifluoracetat (TFA) – es ist nicht abbaubar und verteilt sich schnell im gesamten Wasserkreislauf. Das Maisherbizid S-Metolachlor baut sich im Boden zu mehreren Stoffen ab, einer von ihnen besitzt eine ähnliche Wirksamkeit wie Metolachlor selbst. Das UBA hat bereits erhöhte Konzentrationen in vielen Grundwasserkörpern Deutschlands festgestellt. Wasserversorger sind alarmiert: Schon jetzt überschreiten die Abbauprodukte von Flufenacet und S-Metolachlor die Schwellenwerte im Rohwasser und beeinträchtigen dessen Vermarktbarkeit.

Die derzeitigen Zulassungsbedingungen für Flufenacet und S-Metolachlor bringen den hohen nationalen Schutzstandard für das Grundwasser ins Wanken. Sie können zu einer Verschlechterung der Grundwasserqualität insgesamt führen. Darüber hinaus wird so der Konflikt um landwirtschaftliche Nutzung von Trinkwassereinzugsgebieten verschärft. Dennoch durften die deutschen Behörden nicht regulierend eingreifen: Sowohl eine Verweigerung der Zulassung als auch Maßnahmen zur Eintragsminderung wurden für unzulässig erklärt. Bei mehr als 90 Prozent aller Zulassungen in Deutschland könnten die deutschen Behörden nicht mehr eigenständig über Bewertung und Zulassung entscheiden.

Damit hebelt das EU-Zulassungsrecht aktuelle wissenschaftliche Einschätzungen sowie Umweltaktionspläne und -programme aus. Hersteller dürfen die Zulassung für Pflanzenschutzmittel in einem EU-Mitgliedstaat ihrer Wahl beantragen und sie auf die übrigen anwenden. So setze sich laut UBA der niedrigste Standard für Umweltschutz in der Europäischen Union durch, weil alle Mitgliedstaaten an die Bewertung im Zulassungsland gebunden sind. Die Folge: Mehr gefährliche Pestizide drohen auf den Markt und in die Umwelt zu gelangen. In Deutschland bereits festgelegte Umweltschutzziele können so nicht mehr erreicht werden.

Das Ziel des UBA: Wirkstoffe sollten als Voraussetzung für die Zulassung von Produkten in ihrer vorgegebenen Frist neu geprüft und genehmigt werden. Zulassungsanträge müssen außerdem zukünftig von unabhängiger Stelle auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Die Frage, wie Mitgliedsstaaten bei der nationalen Zulassung auf beispielsweise besonders empfindliche Ökosysteme eingehen können, muss geklärt werden.

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