Im Einzelhandel erreichen Bio-Produkte Millionen von Menschen. Dort steckt weit mehr Potenzial für nachhaltiges Handeln. (Foto: Imago)

Verbände-Kooperationen mit dem LEH bewährt

Vollsortimenter und Discounter bauen ihren Umsatz mit Bio-Lebensmitteln trotz Krise aus. Die Kooperationen mit Bio-Verbänden haben sich bewährt. Doch muss der Einzelhandel seine Marktmacht für eine ökologische Transformation stärker nutzen.

Kurz vor der Biofach fiebert die Landwirtschafts- und Lebensmittelbranche den neuen Daten zur Entwicklung von Bio entgegen. Der robuste und zuletzt kräftig prosperierende Bio-Markt wird 2022 eine Absatzdelle verzeichnen, so viel steht fest. Die optimistische Hoffnung liegt bei minus fünf Prozent, das würde einen Gesamtumsatz von 15,08 Mrd. Euro bedeuten. 2021 waren es 15,87 Mrd. Euro und ein Bio-Anteil von sieben Prozent am gesamten Lebensmittelmarkt, so die Zahlen des Arbeitskreises Biomarkt. Ein Umsatzrückgang ist für die Bio-Branche ein Novum. Seit mehr als zwanzig Jahren haben Konsument:innen jährlich mehr Geld für Bio-Produkte ausgegeben.

Fundament der Entwicklung sind die „Sonstigen Einkaufsstätten“, zu denen unter anderen Bäckereien, Abokisten und Reformhäuser und der Naturkostfachhandel inklusive Hofläden gehören. Die rund 2.200 Fachhändler und ihr Anteil am Gesamtumsatz  von rund 38 Prozent 2021 machen sie trotz der schwierigen Lage nach wie vor zu einer wichtigen Basis des Bio-Marktes. „Der Bio-Fachhandel hat einen großen Anteil daran, dass Bio heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist“, betont Kathrin Jäckel, Geschäftsführerin des Bundesverbands Naturkost Naturwaren (BNN). Der Verband ist überzeugt, „dass die Nachfrage nach Bio weiter hoch bleiben wird und dass Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend mehr Produkte ihres täglichen Bedarfs in Bio-Qualität so nachhaltig wie möglich kaufen wollen. Das wird sie auch wieder verstärkt in den Fachhandel führen.“ Allerdings begrüßt der BNN grundsätzlich, dass Bio-Verbände zusammen mit dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) Bio in die Breite getragen haben, denn für eine ökologisch nachhaltige Land- und Lebensmittelwirtschaft brauche es sehr viel mehr Bio als heute.

Mehr als 60 Prozent des Umsatzes mit Bio-Lebensmitteln generiert heute der LEH, also Vollsortimenter, Drogeriemärkte und der Discount. Allein diesem Vertriebsweg werden auch 2022 Zuwächse prognostiziert. Mit mehr als 30.000 Verkaufsstellen in Deutschland ist der LEH zu einem wichtigen Multiplikator ökologisch erzeugter Lebensmittel geworden. Die Kooperationen mit den Bio-Verbänden haben daran einen entscheidenden Anteil. „Die Wirkung der Marke Bioland auf den Umsatz im LEH ist messbar positiv“, berichtet Dr. Sabine Plaßmann, Geschäftsleiterin Markt und Marketing bei Bioland. Denn auch schon vor Beginn der Kooperationen ist Bioland-Ware in LEH-Handelsmarken geflossen. Lesen Sie im bioland-Fachmagazin (PDF), wie die Partnerschaften von Bioland mit Vollsortimentern, Drogerien und Discountern im Detail aussehen.

Händler könnten gestalten
In der Marktmacht, die sich die großen Lebensmittelhändler im Bio-Sektor erarbeitet haben, liegen auch Chancen. Sie sollten ihr Gewicht viel stärker als bislang für ökologische Transformationsprozesse nutzen. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie unter Beteiligung des FiBL Schweiz im Auftrag des Umweltbundesamtes. Insbesondere in puncto Nachhaltigkeit schöpfen die Händler ihre Möglichkeiten längst nicht aus. So könnten sie zum Beispiel bei der Kommunikation mit den Kunden über Nachhaltigkeitsaspekte tierischer Lebensmittel sprechen.

Bioland-Berater Riko Eggert, der Hersteller und Handel berät, ist überzeugt, dass die junge Generation in den nächsten Jahren stärkeren Druck auf Handel und Politik ausüben wird. „Sie können nicht mehr die Augen verschließen. Hier liegt viel Potenzial zur Veränderung.“

UBA-Studie:  Wie nachhaltig sind die deutschen Supermärkte?
 

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