Den Küken schmeckt Grünlandschnitt: Forschende der Universität Hohenheim haben hochwertiges Protein für die Fütterung von Geflügel und Schweinen gewonnen. (Foto: Universität Hohenheim / Angelika Emmerling)

Proteinquelle Grünland

Bioraffinerien machen Grünland als Futter für Geflügel und Schweine nutzbar oder für die menschliche Ernährung. Hohenheim meldet Erfolg.

An der Universität Hohenheim haben Forschende Proteine aus Grünland-Schnitt gewonnen. Erste Fütterungsversuche mit Küken waren erfolgreich. On-Farm-Bioraffinerien sollen Grünlandschnitt als neue Proteinquelle für Schweine und Geflügel erschließen. Daneben verbleiben Reste für die Fütterung an Wiederkäuer oder als Rohstoff für die Industrie.

Im Projekt „Proteine aus der Grünlandnutzung – ProGrün“ wurden die ersten 50 Kilogramm Proteinextrakt aus Grünland-Schnitt gewonnen, der an Küken verfüttert werden konnte. Doch in den Pflanzen von Wiesen und Weiden erhoffen die Forschenden noch mehr als eine neue Eiweißquelle für Schweine und Geflügel: Auch in der menschlichen Ernährung könnten sie eine Alternative zu Soja darstellen. Außerdem sind sie Ausgangsmaterial für biobasierte Kunststoffe und Papier, Energie und Dünger.

Damit auch Nicht-Wiederkäuer das Grünfutter verstoffwechseln können, ist ein Zwischenschritt zur Extraktion und zum Aufschluss der verdaulichen Proteine notwendig. Dazu wird das verwendete Gras zunächst zerkleinert und gepresst. Heraus kommt der Presssaft mit einem hohen Anteil an löslichen Proteinen, einer Restmenge an Kohlenhydraten sowie weiteren chemischen Verbindungen. Die festen Bestandteile und rund zwei Drittel des Proteins bleiben im Presskuchen zurück.

Starke Bearbeitung nötig
„Zucker, Säuren und andere Substanzen im Presssaft können die Verdaulichkeit der Proteine beeinträchtigen“, erklärt Prof. Markus Rodehutscord vom Fachgebiet Tierernährung. Deshalb werden diese weitgehend abgetrennt. Anschließend werden die Proteine schonend getrocknet, mit weiteren Tierfutterbestandteilen gemischt und pelletiert. „Aus rund 45 Tonnen frisch geschnittenem Gras kann so proteinreiches Futter mit 1.000 Kilogramm Proteinanteil hergestellt werden“, ergänzt Prof. Reinhard Kohlus vom Fachgebiet für Lebensmittelverfahrenstechnik und Pulvertechnologie.

„Die Zusammensetzung der Aminosäuren in dem Proteinextrakt entspricht in etwa der von Soja“, weiß Prof. Dr. Rodehutscord, „und ist damit im Prinzip hervorragend für die Ernährung von Hühnern und Schweinen geeignet.“ Auf eine Schwierigkeit, die die Forschenden erst überwinden mussten, weist sein Mitarbeiter Dr. Wolfgang Siegert hin: „Das Futter muss den Tieren auch schmecken, sonst fressen sie es nicht. Hierfür waren ein paar Vorversuche notwendig. Aber jetzt konnten wir die ersten 50 Kilogramm an Küken verfüttern.“

Grünland ist nach Ansicht der Wissenschaftler:innen eine bislang unterschätzte Proteinressource. Mit 4,7 Millionen Hektar macht das Dauergrünland in Deutschland mehr als ein Viertel der landwirtschaftlich genutzten Fläche aus, die zudem nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht.
Aktuell wird nur ein Teil direkt als Futter genutzt: Grünlandschnitt, der im Rahmen der Landschaftspflege anfällt, wird ebenso wie Material aus Obstplantagen, Streuobstwiesen, landwirtschaftlichen Nebenflächen oft nicht verfüttert.

Reste für Kühe, Schafe, Ziegen
„Da der Presskuchen noch genügend Protein enthält, ist er für die Fütterung von Rindern geeignet. Und zu guter Letzt kann er auch in einer Biogas-Anlage verwertet werden. Deren Gärrest wird als Dünger auf die Felder ausgebracht und schließt so den Nährstoffkreislauf“, ergänzt Projektleiter Przemyslaw Maziarka.

Im Sinne der Bioökonomie und einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft soll auch der Rest der Biomasse genutzt werden: für die Herstellung von hochwertigen Materialien, aber auch zur Wärme- und Energieerzeugung. Dafür entstand auf der Versuchsstation Agrarwissenschaften der Universität Hohenheim am Standort „Unterer Lindenhof“ eine Bioraffinerie-Demonstrationsanlage, die es erlaubt, den gesamten Prozess im Technikumsmaßstab zu testen. „Damit haben wir dort alles, also Gras, Bioraffinerie sowie Hühner und Schweine, um eine Bioökonomie im Kleinen aufzubauen“, sagt Projektkoordinatorin Prof. Andrea Kruse vom Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe.

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