Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik und Ernährung sieht erheblichen Änderungsbedarf in der Land- und Lebensmittelwirtschaft. (Grafik: WBAE)

Ökolandbau als Benchmark

Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik und Ernährung empfiehlt einen drastischen Umbau der Land- und Lebensmittelwirtschaft. Das Gremium hat sein Gutachten öffentlich erläutert.


Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) hat sein Gutachten „Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten“ per Youtube öffentlich erläutert und zur Diskussion gestellt.

Prof. Friedhelm Taube von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beschrieb die nachhaltige Landnutzung mit einer Öko-effizienten Landwirtschaft unter dem Titel „Öko und mehr“. Er bezeichnete dabei den Ökolandbau als Benchmark umweltfreundlicher Landwirtschaft. Vorbildlich seien die Ökosystemdienstleitungen, für Artenvielfalt, Gewässerschutz und Biotopvernetzung. Daher müsse die Agrarpolitik den Ökolandbau in der Fläche weiter fördern bis das Ziel von 20 Prozent erreicht ist. Lokale Förderung des Ökolandbaus empfahl Taube im Namen des Wissenschaftlichen Beirats besonders dort, wo lokale Güter wie Gewässer im Interesse der Gesellschaft geschützt werden müssen.

Nachhaltigkeitszertifikate und technische Lösungen
Weil Ökolandbau eine geringe Flächeneffizienz habe, sei er beim Klimaschutz nicht systematisch überlegen. Es seien Hybridsysteme zu entwickeln über eine De-Intensivierung konventioneller Anbausysteme. Eine umfassende Nachhaltigkeitsbewertung sei notwendig, ein Klimalabel oder eine Gemeinwohlprämie als Steuerungsinstrumente denkbar. Um den Ökolandbau effizienter zu machen, setzt der WBAE auf das Potenzial technischer Lösungen wie Robotik, Sensorik oder Genome Editing.

Politik in der Verantwortung
Der WBAE sieht die Politik in der Verantwortung, die Agrar- und Ernährungspolitik stärker zu steuern, um Fehlentwicklungen und falsche Anreize zu beenden. „Wir benötigen mehr konsumseitige Steuerungsimpulse mit tieferen Eingriffen als bisher“, lautet eine zentrale Botschaft des Gutachtens, wie die Wissenschaftler heute erläuterten.
Denn in Deutschland existiere Ernährungsarmut, weil der deutsche Durchschnitt zu viel und zu wenig abwechslungsreich isst. Weiterhin kritisiert der WBAE problematische soziale Bedingungen entlang von Wertschöpfungsketten. Große Teile der Nutztierhaltung entsprechen den gesellschaftlichen Ansprüchen nicht. Zudem würden im bisherigen System der Land- und Ernährungswirtschaft zentrale Umwelt- und Klimaschutzziele nicht erreicht.

Resonanz sehr unterschiedlich
Notwendig geworden war diese öffentliche Präsentation, weil die Resonanz auf die Inhalte und Empfehlungen des Gutachtens nach der Vorstellung Ende August sehr unterschiedlich ausfielen: Der Lebensmittelverband erkannte unter anderem „eine paternalistische Lenkungsvorstellung, die den Geist des Obrigkeitsstaates atmet“, während der Bundesverband der Verbraucherzentralen die Forderungen des Beirats begrüßt und die Bundesregierung zum zügigen Handeln auffordert.
Auch Landbausysteme und der Ökolandbau sind Teil des Gutachtens für eine zukunftsfähige Land- und Ernährungswirtschaft.

Weitere Nachrichten zu: