Sommerliche Temperaturen verändern Durchblutung und Verdauung von Milchkühen, zeigen Beobachtungen aus der Klimakammer. (Foto: Landpixel)

Hitze greift den Darm an

Schon bei 15 °C verändert sich der Stoffwechsel von Kühen. Wie man ihnen Erleichterung verschaffen kann, erforschen Wissenschaftler:innen.

Bei zu starker Hitze leidet der Verdauungstrakt von Milchkühen besonders stark. Dabei spielt er eine Schlüsselrolle für ihr Wohlbefinden. Ist es den Kühen zu heiß, kann ihre Darmwand krankhaft durchlässig werden, es kommt zum „leaky gut syndrome“ (Löchriges-Darm-Syndrom), was den Symptomen von Zöliakie oder Morbus-Crohn beim Menschen ähnelt. Für eine stabilere Darmgesundheit auch bei Hitze forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN). Dafür beobachten sie Milchkühe in Klimakammern genau.

Bereits ab einer Umgebungstemperatur von etwa 15 °C und 70 Prozent Luftfeuchtigkeit zeigen Milchkühe die ersten Anzeichen einer Hitzebelastung. Sie liegen kürzer und fressen weniger, ihr Atem geht schneller und die Herzfrequenz steigt. Neben verkürzten Liegezeiten und einer geringeren Futteraufnahme kommt es zu einer schnelleren Atmung und höheren Herzfrequenz. Steigt die Umgebungstemperatur noch weiter, erhöht sich die Körpertemperatur und die Tiere fangen an zu hecheln. Infolgedessen verlieren sie große Mengen an Flüssigkeit und Mineralstoffen und produzieren weniger Milch.

Noch nicht ausreichend ergründet sind die möglichen Auswirkungen auf die Darmgesundheit. Denn bei Hitze wird der Darm der Tiere schlechter durchblutet, weil der Blutstrom sich vor allem auf die Abkühlung konzentriert. Dabei wird die Darmwand durchlässiger, was unterschwellige Entzündungsreaktion im Darm und in den angrenzenden Lymphknoten zur Folge haben kann. Vor allem das Immunsystem der Kühe beansprucht viel Energie, um gegen die Auswirkungen des „leaky gut syndrome“ anzukämpfen.

Bei Hitzestress werden Proteine abgebaut
Um den Einfluss von kurzzeitigem und langanhaltendem Hitzestress auf die Immunabwehr, die Durchlässigkeit des Darms und der Besiedlung der Darmschleimhaut zu untersuchen, wurden am FBN Milchkühe verschiedenen Umgebungstemperaturen ausgesetzt. Während es der Kontrollgruppe bei einer Umgebung von 15 °C gut ging, wurde eine andere Gruppe von Tieren im Klimaraum Temperaturen von 28 °C ausgesetzt. „Dabei haben erste Ergebnisse erstaunliches hervorgebracht“, betonte Projektleiterin Dr. Franziska Koch. „Es konnte aufgezeigt werden, dass hitzegestresste Tiere keine Fettreserven nutzen, um den Energiemangel auszugleichen. Dagegen bauen Kühe unter Hitzestress körpereigene Proteine zur Energiegewinnung ab.“ So sorgt der Stoffwechsel dafür, dass weniger Wärme beim Abbau von Nährstoffen entsteht und es der Kuh nicht zusätzlich wärmer wird, erklärt die Biologin.
Mit Thermokameras konnten die Wissenschaftler:innen nachweisen, dass das Euter die heißeste Stelle des Körpers ist, und von hier aus viel Wärme abgegeben werden kann. Zugleich steigt das Risiko für eine Euterentzündung.

„Es ist wichtig, die grundlegenden Mechanismen unter Hitzestress zu verstehen, um praxistaugliche Lösungsansätze für die Nutztierhaltung zu entwickeln“, unterstrich Koch. „So ist eine Abkühlung mit der knappen Ressource Wasser nicht überall eine sinnvolle Maßnahme, wohingegen der Einbau von Ventilatoren in den Stallanlagen eine sinnvolle Investition sein könnte. „ Damit seien aber hohe Energie- und Investitionskosten verbunden.

Mit Abschluss des Forschungsprojektes „LeakyCow“ im kommenden Jahr wollen die Expert:innen des FBN erste konkrete Vorschläge für ein verbessertes Hitzestressmanagement für Milchkühe vorlegen.

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