Den Insekten gab Bioland bei der Pressekonferenz eine Stimme: Neben Renate Künast von Bündnis 90/Die Grünen und Reinhard Witt vom Verein Naturgarten sprachen als Blauflügel-Prachtlibelle Bioland-Präsident Jan Plagge, als Goldlaufkäfer Agrarpolitischer Sprecher Gerald Wehde und Bioland-Naturschutzexpertin Katharina Schertler übernahm die Rolle des kleinen Perlmuttfalters. (Foto: Bioland/Jules Esick)

Bioland gründet Insektenlobby

Mit einer großen Kampagne setzt sich Bioland für Artenvielfalt ein. Die Bioland-Direktvermarktung profitiert von dem starken Profil des Verbands.

Neben der Klimakrise bedroht der dramatische Schwund der Insekten unsere Lebensgrundlagen. Den Insekten eine Stimme zu geben, verknüpft Bioland mit der größten Marketingkampagne in der Geschichte des Verbands: der Insektenlobby.

Mit dieser Verknüpfung erfüllt Bioland einen komplexen Auftrag: Die Direktvermarktung, die von der angespannten Marktsituation besonders betroffen ist, braucht Unterstützung. Dafür braucht es ein starkes öffentliches Bild von Bioland. Ziel der Insektenlobby ist es, Verbraucher:innen und politische Akteure sowie Kommunen nachhaltig für das Insektensterben zu sensibilisieren und zum wirksamen Insektenschutz zu aktivieren. Die Online-Kampagne mit dem Hastag #Insektenlobby, an der sich viele Bioland Direktvermarkter:innen beteiligten, erregte viel Aufmerksamkeit. So hat die Insektenlobby schon zahlreiche Mitglieder gewonnen.

„Wir müssen uns immer vor Augen führen, dass die Umwelt und damit auch unsere Lebensgrundlagen keine juristisch fixierten Rechte haben“, sagte Bioland-Präsident Jan Plagge bei der Pressekonferenz zur Gründung der Insektenlobby. „Wäre die Natur in unserem Rechts- und Wirtschaftssystem eine eigene Person, dann würden wir nicht so kurzfristig auf Kosten anderer handeln – dann säße die Natur mit am Verhandlungstisch. Um damit zu beginnen, verschaffen wir den Insekten eine Lobby”, erklärte Plagge. Bioland hat dafür 15 konkrete Punkte veröffentlicht (siehe Textbox), an denen Politik ansetzen kann.

Bioland-Höfe wirken mit
Parallel zur Gründungsphase der Insektenlobby in Berlin fand die „Hof-Phase“ bei den Bioland-Direktvermarkter:innen statt. Die Betriebe konnten sich im Mitgliederportal „MeinBioland“ an einer großen Auswahl an Bild- und Textvorlagen für ihre eigenen Social-Media-Kanäle bedienen. So konnten Bioland-Betriebe zeigen, dass auf ihren Höfen die Insekten zuhause sind. Kostenloses Werbematerial für den Hofladenrundet die Kampagne ab.

Um die Kundinnen und Kunden wieder auf die direktvermarktenden Bioland-Höfe zu bringen, verloste der Verband 20 Biohotel-Gutscheine im Wert von je 500 Euro an die Instagram-Follower:innen. Um teilzunehmen, mussten sie ein Selfie auf einem Bioland-Hof posten.

Künast unterstützt Insektenlobby
Zu den Gründungsmitgliedern der Insektenlobby gehörte Renate Künast, früher Bundeslandwirtschaftsministerin. „Insekten sind systemrelevant, ohne sie geraten unsere Lebensgrundlagen ins Wanken. Die aktuell steigenden Lebensmittelpreise müssen uns ein Warnsignal sein“, sagte sie. „Zahlreiche Lobbyist:innen arbeiten daran, das schädliche Agrarsystem zu schützen, das auf teuren Pestiziden und künstlichen Düngemitteln fußt. Wir brauchen jetzt eine klare Kurskorrektur und den konsequenten Ausbau des Ökolandbaus. Es wird Zeit für eine Insektenlobby!“

Die agrarpolitische Zielrichtung machte Gerald Wehde von Bioland deutlich: „Um das Überleben der Insekten in unseren heimischen Öko-Systemen zu sichern, muss der Einsatz der chemisch-synthetischen Pestizide um mindestens 50 Prozent reduziert werden, wie es auch die EU-Kommission bis 2030 festgelegt hat. Zudem brauchen Insekten großflächige Gebiete, wo diese Mittel nicht eingesetzt werden. Insekten würden dafür den Ökolandbau wählen, denn er garantiert eine pestizidfreie Landwirtschaft auf rund 95 Prozent der Flächen.“

Privatleute und Kommunen haben Potenzial
Auf das Potenzial, das auch in privaten und öffentlichen Gärten steckt, wies Reinhard Witt hin. Der Präsident des Naturgarten e.V. sagte bei der Gründungspressekonferenz: „Wir hoffen, dass die Arbeit der Insektenlobby viele Menschen erreicht und mit Irrtümern aufräumt. Wir wissen: Jedes Stückchen mit echten heimischen Wildblumen – sogar mitten in der Stadt – hilft unseren Wildpflanzen und Tieren zu überleben. Jeder Mensch, der unsere Ideen der naturnahen Gestaltung tatkräftig mitträgt und vorwärtsbringt, zählt. In Gärten und Grünanlagen müssen wir von exotischen Pflanzen wegkommen, die nur von sehr begrenztem tierökologischem Wert sind.“

Im Jahr 2023 geht es weiter mit der Insektenlobby – hier wird der Verband auch auf Messen und gemeinsam mit den Bioland-Partnern aktiv sein.

Die Pressekonferenz ist im Video festgehalten.
 

Die 15 Forderungen der Insektenlobby

  • Alle gesellschaftlichen Gruppen müssen ihre Flächennutzung ändern: Landwirtschaft und alle Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger, die Verantwortung für die Nutzung von Flächen haben
  • Die Politik muss öffentliche Leistungen der Landwirte für mehr Biodiversität und intakte Ökosysteme ausreichend honorieren
  • Verbot von chemisch-synthetischen Pestiziden in ökologisch empfindlichen Gebieten sowie auf öffentlichen und privaten Flächen
  • Einführung einer Abgabe auf Pestizide
  • Erstellung eines wirksamen politischen Gesetzesrahmens, der den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide im Pflanzenschutz als letzte Wahl vorgibt
  • Zulassungsstopp für Pestizide mit breiter Wirkung in Kleingewässern
  • Verbot aller Totalherbizide, wie bspw. Glyphosat
  • Verpflichtende flächengebundene Tierhaltung   
  • Abgabe für synthetischen Stickstoffdünger
  • Förderung der Strukturvielfalt in Agrarlandschaften
  • Förderung der Insektenvielfalt in Siedlungsräumen
  • Intensivierung der Forschung und des Monitorings
  •  Einführung eines umfassenden Ökosystemschutz im Grundgesetz, als “Rechte der Natur”
  • Systematische Anpflanzung heimischer Wildpflanzen:  
  • Vernetzung und Verbindung der Wildpflanzenlebensräume durch naturnahe Straßenränder, Bahndämme, Wegränder

 

Weitere Nachrichten zu: