Verena und Jörg Ostermann bauen am Rande der Lüneburger Heide in Uelzen Teekräuter an (Fotos: Heide-Kräuter/Biolandhof Ostermann)

Wenn die Heide nach Toskana duftet

Tee muss nicht aus der Ferne kommen – so geht's auch regional

18.01.2021

Mit einer Tasse Tee in der Hand wird der Winter gleich ein Schlückchen angenehmer. Dass das Wohlfühlgetränk nicht aus dem Mittelmeerraum oder aus Fernost kommen muss, beweist Verena Ostermann aus Uelzen. Sie baut verschiedene Teekräuter in der Lüneburger Heide an und nimmt uns mit auf eine Reise zu duftenden Feldern und ungewöhnlichen Geschmackserlebnissen.

Von Meike Fredrich

Wenn Verena im Sommer in ihren Feldern steht, summt und brummt es um sie herum ordentlich. Ihre Teekräuter am Rande der Lüneburger Heide sind ein wahres Paradies für Insekten. „Es ist der Wahnsinn, was da an Leben ist. Vor allem Schmetterlinge und Hummeln fühlen sich hier besonders wohl“, schwärmt die Gründerin des Bioland-Betriebs Heide-Kräuter.

Vor allem die mediterranen Kräuter wachsen in der Heide gut

 

Nachdem die gelernte Floristin eine Heilpflanzenschule besucht hatte, stand sie vor der Frage: Was nun? Seminare geben, wollte sie nicht. Der Anbau hingegen reizte sie viel mehr. Praktisch, dass ihr Mann Jörg Landwirt ist. Denn: Seit dem Jahr 2017 nutzt sie zwei Hektar seiner Fläche für ihr eigenes Unternehmen.

Dabei mussten Verena und Jörg am Anfang erst einmal ausprobieren, was auf den Heideböden überhaupt wächst. „Wir waren ganz erstaunt, als es so viel besser geklappt hat als gedacht. Vor allem mediterrane Kräuter, wie Salbei, Lavendel oder Thymian, sind besonders gut angewachsen. Kamille und Anis haben wir hingegen gleich wieder gestrichen“, erzählt Verena.

Mittlerweile gibt es auf dem Biolandhof Ostermann eine bunte Vielfalt an Teekräutern: von bekannteren Sorten wie Pfefferminze und Brennnessel über wichtige Teekräuter wie Drachenkopf und Zitronenverbene bis zu unbekannteren Sorten wie Ysop und Hanf.

 

Lavendel in der Hängematte

Verena bietet Einzelkräutertees, aber auch harmonische Mischungen aus drei bis sechs verschiedenen Kräutern an. Als besondere Hingucker fungieren dabei Blüten von Ringelblumen, Malven, Sonnenblumen und Kornblumen. „Bei der Namensgebung der Mischungen orientieren wir uns an der heilenden Wirkung der Kräuter. So enthält die ‚Hängematte‘ beruhigende Sorten wie Lavendel und Johanniskraut, während die Mischung ‚Durchatmen‘ bei Problemen mit den Atemwegsorganen wohltuend ist“, erklärt sie.

Bis die Kräuter aber als Tee genossen werden können, sind verschiedene Arbeiten notwendig. Los geht es natürlich mit der Pflanze selbst. Verena baut alle Teekräuter komplett selbst an und erklärt: „Wir kaufen auf keinen Fall zu. Die hohe Qualität ist uns ungemein wichtig. Daher ernten wir auch nur mit der Hand. Das erleichtert zusätzlich die Reinigung.  Ich sehe, was ich ernte und habe gleich 1-a-Ware.“

 

Verena und Jörg ernten die Malven, wie alle anderen Teekräuter und Blüten, mit der Hand

 

 

Die leuchtend blauen Kornblumen sind ebenso ein toller Augenschmaus wie ...

 

 

... die orangefarbenen Ringelblumen. Sie zählt auch zu den Heilpflanzen und kann bei Verdauungsproblemen, Entzündungen oder bei Menstruationsbeschwerden helfen

 

 

Wegen ihrer Schleimstoffe brauchen die Ringelblumen recht lange, bis sie getrocknet sind

 

Sind alle Kräuter und Blüten beisammen, werden sie getrennt voneinander getrocknet – und zwar vor Ort auf dem Hof in einem eigens dafür errichteten Raum aus Holz. Je nach Sorte dauert das unterschiedlich lang. Da Ringelblumen beispielsweise viele Schleimstoffe besitzen, brauchen sie länger als Malven oder Sonnenblumen. Diese sind schon nach circa 24 Stunden fertig. Auch die Eigenschaften der Kräuter gilt es zu kennen: So entfernt Verena zum Beispiel die Stängel der Pfefferminze vor der Trocknung, da sie die meiste Feuchtigkeit besitzen.

Nach der Trocknung landen alle Zutaten in sortenreinen Säcken oder Tonnen. Erst bei Bedarf werden sie in Tüten abgepackt und auch dann erst vermischt. Dabei füllen die Ostermanns die Teezutaten möglichst grob ab. „Wenn man die Blätter vor der Zubereitung nochmal zerkrümelt, erhält der Tee ein besonders frisches Aroma. Vor allem bei der Zitronenverbene lohnt sich das“, erzählt Verena und man möchte am liebsten direkt die Nase in eine der Teetütchen stecken.

Regionale Experimentierküche

Das Mischen und Abfüllen ist eine klassische Winteraufgabe, erklärt Jörg: „Während wir beide im Sommer nur auf dem Feld sind, stehen in der dunklen Jahreszeit Tätigkeiten hinter den Kulissen an. Dass dann auch naturgemäß die Tee-Nachfrage höher ist, passt uns gut ins Konzept.“ Darüber hinaus planen sie aktuell das neue Jahr und tüfteln an frischen Ideen. Eine davon ist, Früchte mit den Kräutern zu mischen. Natürlich auch aus eigenem Anbau: Die Streuobstwiese liefert beispielsweise Äpfel und Quitten, mit denen Verena die ersten Versuche starten möchte. Schon ganz gut etabliert hat sich die Beigabe von Hanf. Verena erklärt die geschmackliche und nachhaltige Besonderheit: „Hanf hat einen ähnlichen Geschmack wie Grüner Tee – nur stammt er eben aus der Region und nicht aus Fernost.“

 

Im gemütlichen und liebevoll eingerichteten Teestübchen sollen künftig Teeproben stattfinden

 

 

Aktuell wird der Raum wegen Corona als Verkaufsfläche genutzt

 

 

Während Verena sich um den Tee kümmert, baut Jörg u.a. verschiedene Getreidesorten, Kartoffeln und Leindotter. Auch Kühe, Pferde, Gänse, Legehennen und Masthähnchen leben auf dem Hof, sodass im Teestübchen unterschiedliche Produkte verkauft werden

 

Auch bei ihrem Kräuter- und Blütensalz sowie beim Verkauf der Produkte geht es regional zu. Das Salz stammt aus der Saline Luisenhall in Göttingen, und bei der Vermarktung läuft Vieles über die Ökomodellregion Uelzen, ein Förderprojekt des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums. Hierbei werden beispielsweise sogenannte Öko-Regionalregale in Geschäften aufgestellt. Freitagsnachmittags können die Kund*innen ihren Lieblingstee und andere Produkte vom Biolandhof Ostermann auch direkt auf dem Hof kaufen – und zwar im Teestübchen.

„Fertig gestellt haben wir den gemütlichen Raum im letzten Winter. Durch die Pandemie sind wir aber leider gar nicht mehr dazu gekommen, dort Teeproben oder andere Events anzubieten. Wir freuen uns darauf, es nach Corona endlich einzuweihen.“ Auch wenn die Verkaufsfläche dem mit Liebe eingerichteten Raum eine neue Funktion eingehaucht hat, möge das Teestübchen doch möglichst bald seinem Namen alle Ehre machen und seinen ursprünglichen Zweck erfüllen.

Teekräuter im eigenen Garten pflanzen

Wenn du von Uelzen rund 200 Kilometer weiter in Richtung Westen fährst, kommst du nach Oldenburg. Hier betreiben Charlotte und Annika Brunkhorst ihre Kräuterei - die Manufaktur für Grünes und Süßes. Auch sie lieben Teekräuter und bieten sie ihren Kund*innen als Pflanzen für den eigenen Garten an. Im Video erzählen die Schwestern, wie sie das machen:

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