Vom Anpacken und Spenden sammeln
Wie Bioländer*innen sich nach der Flut unterstützen
Bioland-Mitglieder aus Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein schenken Kleegrassilage oder Heu an betroffene Kolleg*innen. Eine Gruppe aus NRW packt vor mit an. Wein, Käse und Sonnenblumen sorgen für Spenden. Die Hilfsbereitschaft der Bioländer*innen nach der Flutkatastrophe im Juli war und ist groß.
Durch die Flut wurden viele Orte in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen hart getroffen. Tausende Menschen haben ihr Hab und Gut verloren, hunderte wurden verletzt und mehr als 140 Menschen kamen in der Flut ums Leben. Gebäude und die Infrastruktur sind in vielen Ortschaften schwer beschädigt.
Zwei Wochen nach der Katastrophe startete ein breites Bündnis aus der Bio-Branche seinen Spendenaufruf für betroffene Bio-Höfe und -Winzer. Mittlerweile konnten knapp 450.000 Euro (Stand 21.09.2021) gesammelt werden. Wahnsinn! Weitere Infos findest du auf der Homepage der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, die alles koordiniert.
Tatkräftige Unterstützung
Betroffen ist auch die Bliesheimer Mühle, ein Bioland-Gemüsehof aus Erfstadt in NRW. "Das Wasser stand circa 1,50 Meter hoch in unserem Haus, im Hofladen, auf unseren Feldern und in vier von sechs Gewächshäusern," berichtet Erika Hemmersbach. "Unsere Pflanzen, wie Tomaten und Gurken, waren natürlich hinüber."
Auch wenn die Sorgen, das Leid und die Not ein unbeschreibliches Ausmaß hatten, so war die Hilfsbereitschaft und Solidarität doch ein wahres Trostpflaster. "Die Hilfe war wirklich unglaublich. Ohne wär's gar nicht gegangen," erzählt Erika. "Kunden haben für uns gekocht und gebacken. Eine Baumschule aus Süddeutschland hat uns einen Apfelbaum geschenkt und viele weitere Hände haben beim Aufräumen geholfen – so auch die netten Kollegen von Bioland."
Die Idee dazu hatte eine Gemüsebäuerin aus der Umgebung, die eine namentliche Nennung nicht notwendig empfand. "Das war doch das wenigste, was wir tun konnten," sagt sie bescheiden. Nach der Flut hat sie alle Bioländer*innen aus ihrer Region – Eifel und Ahr – abtelefoniert, um betroffene Betriebe zu finden.
So kam sie mit der Bliesheimer Mühle in Kontakt, suchte per Rundmail an weitere Verbandsmitglieder nach Freiwilligen und stellte so ein Auto voller Helfer*innen auf die Beine. Gemeinsam haben sie an einem ganzen Tag vier Gewächshäuser leergeräumt, sodass die Hemmersbachs wieder eine Grundlage zum Anpflanzen hatten. "Das ganze Gemüse war voll mit Schlamm. Da war nix mehr zu gebrauchen. Die Helfer haben richtig Tabula rasa gemacht", sagt Erika dankbar.
Mittlerweile wartet sie auf Gutachten und arbeitet sich durch bürokratische Angelegenheiten. Dort, wo es möglich war, haben die Hemmersbachs sofort wieder neues Gemüse angepflanzt. Mit Salat, Fenchel und Lauchzwiebeln sind sie recht bald in zwei Gewächshäusern gestartet, weil diese höher liegen und somit nicht betroffen waren. Nach und nach konnten sie andere Flächen ebenfalls wieder bepflanzen. Und auch wenn sie vor einigen Wochen den Hofladen öffnen konnten und das Kühlhaus wieder funktioniert, herrscht noch lange kein Normalzustand.
Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Die Lehmwände und vieles vom Interieur sind kaputt. Handwerker sind schwer zu bekommen. Die Heizung geht nicht. On top kommen die betriebswirtschaftlichen Probleme: "Die Leute kommen nicht mehr. Unsere Hauptprodukte fehlen einfach," sagt Erika. "Wir hatten überlegt aufzuhören. Ende des Jahres wird sich zeigen: Schaffen wir es oder schaffen wir es nicht."
Blumen als kleine Freude und Gedenken
Die Sonnenblumen von Christine Raffenberg vom Biohof Raffenberg, 30 Minuten von Dortmund entfernt, waren eigentlich für die Ölproduktion geplant. Doch bereits seit zwei Jahren verkauft sie die Blumen einzeln und spendet die Erlöse an die Aktion Lichtblicke. In diesem Jahr hat Christine die gelben Sträuße in Milchkannen für die Flutopfer aufgestellt und an die oben erwähnte Zukunftsstiftung Landwirtschaft gespendet. Für ihren Berufstand.
"Wir haben die Sonnenblumen für eine Spende von 50 Cent pro Stück angeboten, aber die meisten Kunden haben viel mehr gegeben. Sie wussten, dass es gezielt für landwirtschaftliche Betriebe war," sagt Christine.
Über drei Wochen wurde auf dem Stockumer Hofmarkt, wo neben Christines Biolandhof noch weitere Höfe ihre Waren anbieten, gesammelt. "Es sind genau 466,34 Euro zusammengekommen. Viele haben vermutlich ihr ganzes Kleingeld aus dem Portemonnaie gespendet," freut sich die Landwirtin. "Wir aus der Hofgemeinschaft haben dann gemeinsam die Summe aufgerundet und verdoppelt." Mehr noch: Letztendlich konnten 1100 Euro gespendet werden.
„Die Hochwasser-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern hat uns - gerade als Unternehmen aus der unmittelbaren 'Nachbarschaft' - sehr betroffen gemacht. Einige Mitarbeiter hatten sogar persönlichen Bezug zu dieser Katastrophe. Unser Waldkäse war eigentlich so gut wie fertig, da haben wir ganz spontan reagiert und diese Aktion kurzfristig ins Leben gerufen. Wir fanden es selbstverständlich, dass wir da unterstützen sollten und einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, den Menschen zu helfen, die teilweise alles verloren haben.“
"Bäcker helfen Bäckern"
Das Ziel, den Kolleg*innen aus der eigenen Branche zu helfen, verfolgten auch der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks und die Landesinnungsverbände. Die Spendenaktion "Bäcker helfen Bäckern" mit der deutschlandweite Verkaufsaktion "Flutbrot" brachten über 1,75 Millionen Euro ein. Die Idee dahinter: Die Bäckereien erhöhen den Preis von einem Brot um einen Euro und übernehmen 50 Cent selbst. Die andere Hälfte bezahlt die Kundschaft. Auch einige Bioland-Bäckereien, wie zum Beispiel Scholderbeck aus Schwaben oder der Bäcker Schaefer bei Pforzheim, haben bei der Aktion mitgemacht.
"Nachdem wir am Freitag, den 16. Juli, von dem Flutbrot erfahren hatten, haben wir über das Wochenende geplant und direkt am Dienstag unsere ersten Flutbrote angeboten," erinnert sich Stefanie Müller von der Bäckerei Müller bei Ravensburg. Ursprünglich sollte die Spendenaktion bis Ende August laufen, doch die Müllers haben sie auf unbestimmte Zeit verlängert. "Es ja noch nicht vorbei. Es gibt noch so viel zu tun", sagt Stefanie.
Als Flutbrot hat die Bäckerei ihren Bestseller ausgewählt: ein Holzofenbrot aus Roggen, Weizen und Dinkel. Die Kund*innen kaufen das beliebte Brot nun noch mehr, um Betroffene zu unterstützen. Andere Roggen- oder Weizenmischbrote wurden sogar reduziert, um der Nachfrage nach dem Flutbrot gerecht zu werden. Und noch etwas hat Stefanie äußerst positiv überrascht: "Die Kunden wollten noch mehr spenden, sodass ich kleine Sparschweine auf die Theke gestellt habe. Unser Team aus Verkauf, Backstube und Versand hat auch sein ihr Trinkgeld dort hineingeworfen."
Doch nicht nur die monetäre Hilfe ist wichtig, sondern auch die ganz praktische. Als ein Kunde zum Helfen ins Ahrtal fuhr, hat Stefanie im drei Kisten mit Backwaren mitgegeben.
"Es ist doch toll, wenn wir mit einfachen Dingen die Leute glücklich machen können. Wenn jeder ein bisschen was macht oder gibt, dann kommt echt was bei rum. Kleinvieh macht definitiv auch Mist," findet Stefanie und plant schon die nächsten Verpflegungskisten für die Helfer*innen im Ahrtal.
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