Süße Saunagängerin
Wie die Süßkartoffel in Deutschland heimisch wird
Ob als Pommes, Stampf oder sogar in Desserts – der Hype um Süßkartoffeln ist riesig. Dabei müssen sie oft von weither eingeflogen werden. Dass das auch anders geht, beweist Bioland-Bauer Sönke Strampe. Vor gut vier Jahren holte er die dicken Knollen aus den warmen Gefilden Amerikas und Asiens in die Lüneburger Heide und machte sie zu seinem Aushängeschild.
Denkt man an das eigentliche Anbaugebiet der Süßkartoffel, landet man in den USA, in Südamerika und in China – aber vermutlich eher nicht im Norden von Deutschland. Dabei harmoniert das Orange der Süßkartoffel wirklich gut mit dem Lila der Heide. Aber nicht nur farblich fügt sich die Süßkartoffel gut ein, sie hat sich mittlerweile auch perfekt in den Betriebsablauf der Strampe Agrar GbR in Bad Bevensen integriert.
Nach seiner Ausbildung zum Landwirt und seinem agrarwissenschaftlichen Studium übernimmt Sönke Strampe im Jahr 2017 den Hof seiner Eltern. Dabei steht eine Frage im Vordergrund: Was will ich die nächsten 40 Jahre machen? Eins steht schnell fest: Bio soll es sein. Denn während seiner Ausbildung arbeitet er auch auf einem Bio-Betrieb und ist schnell begeistert.
„Bio macht mir einfach viel mehr Spaß. Vor allem die Abwechslung durch die unterschiedlichen Kulturen finde ich toll. Alles ist leichter verständlich, wie beispielsweise die mechanische im Gegensatz zur chemischen Unkrautregulierung. Man ist einfach näher dran“, findet der 32-jährige.
Auch an seine Kinder und Enkelkinder denkt er bei der Umstellung: „Für unseren Betrieb ist die Bio-Landwirtschaft zukunftsträchtiger als die konventionelle. Man hat gute Vermarktungsmöglichkeiten bei anerkannter Bio-Speiseware und so eine bessere Möglichkeit den Betrieb für nachfolgende Generationen zu erhalten.“
Natürlich soll sich das Ganze auch finanziell lohnen, und so hält er mit seiner Frau Anna Ausschau nach Alternativen zu den bisherigen Kartoffeln, Zuckerrüben und Winterweizen. Neu aufgenommen in die Fruchtfolge sind bereits Lupinen, Erbsen und Ackerbohnen. Die zündende Idee kommt den beiden aber eines Abends am Küchentisch, als sie auf die Süßkartoffeln in ihrer Gemüseschale blicken. „Das war die Herausforderung, nach der ich gesucht hatte. Von importiertem Gemüse sind wir sowieso keine Fans, da zusätzlich zum Transport noch unklare Anbau- und soziale Bedingungen kommen“, erklärt Strampe. Der neue Betriebszweig ist geboren.
Aufgeben gibt's nicht
Nach einigen Recherchen und etlichen Gesprächen unternimmt er die ersten Versuche in einem Blumentopf. Das läuft recht gut. Tüftelnd und testend geht es dann auf dem Acker weiter – und das, während er noch weitere neue Kulturen ausprobiert, biologische Düngemittel kennenlernt und sich mit der Dokumentation vertraut macht. Mittlerweile ist er in diese Themen hineingewachsen, aber die Süßkartoffel bleibt weiterhin anspruchsvoll. „Man weiß nie so recht, wie sich wechselnde Bedingungen auf den Ertrag auswirken. Wir testen immer mal wieder neue Sorten, Pflanztechniken oder selbst umgebaute Maschinen. Mal klappt es und mal auch eben nicht“, erzählt der überzeugte Landwirt mit Pioniergeist. Zwei große Vorteile bleiben aber dauerhaft bestehen. Zum einen ist die Süßkartoffel eine alternative Kultur, um die Fruchtfolge zu lockern. Zum anderen passt sie durch ihren Vegetationszeitraum super in den Betriebsablauf. Mitte Mai wird sie gepflanzt und im Oktober geerntet. Also dann, wenn bei den restlichen auf dem Hof angebauten Kulturen keine größeren Arbeiten mehr anfallen.
Eine große Herausforderung zu Beginn ist vor allem die Vermarktung, da die deutschen Bio-Süßkartoffeln teurer als die Importe sind. Mit Kartons voller Ware sowie Plakaten und Flyern für mehr Bezug zum Landwirt machen sich Anna und er auf zu verschiedenen Naturkostläden – klassisches Klinkenputzen. Und das funktioniert. Angefangen im Lebensmitteleinzelhandel im Ort über Supermärkte und Bioläden in der Region bis hin zum Bio-Großhandel im Großraum Bremen und Hamburg ist mittlerweile alles dabei.
Du kannst mir gar nix!
Ein weiteres, großes Plus: Gefahren durch Schädlinge oder Krankheiten gehen gegen Null. Weder der Kartoffelkäfer noch die Kraut- und Knollenfäule können der Pflanze etwas anhaben. Denn anders als es der Name vermuten lässt, ist sie nicht mit der „normalen“ Speisekartoffel verwandt. Sie gehört nämlich zu den Windengewächsen, die oft als Zierpflanzen mit ihren schönen Blüten an Zäunen oder Mauern hochranken. Dennoch werden Süßkartoffeln wie ihre Namensvettern auch auf Dämmen angebaut, wo sie dem Namen ihrer Gattung alle Ehre machen: Wie Efeu winden sie sich den Damm hinunter, sodass Sönke Strampe auch hier eine neue Hacktechnik entwickeln musste. Für den Eigenanbau daheim rät der Profi: „Am wichtigsten ist ein sonniger Platz. Im Gegensatz zur Speisekartoffel setzt man die Knolle nicht einfach in die Erde. Um wirklich auch einen Ertrag zu erzielen, sollte man Ableger ziehen oder die Jungpflanze im Gartencenter kaufen.“
In Bad Bevensen wachsen vorwiegend die Sorten Beauregard und Orleans. Sie haben die typische Farbe Orange, aber es gibt Süßkartoffeln auch in Lila und Weiß. Andere Unterscheidungsmerkmale sind Form, Schale und Geschmack. Feldfrisch sind die Süßkartoffeln übrigens generell nicht so süß, wie man es erwartet. Nach der Ernte kommen sie zwei Wochen in einen 30°Grad heißen Raum. Hier wandelt sich die Stärke in Zucker um.
Und da fängt Sönke Strampe zu Schwärmen an: „Der dadurch entstehende süße Geschmack ist wirklich unübertroffen. Besonders gut kommt er ganz puristisch durch eine Ofensüßkartoffel zur Geltung. Dabei ist eine Auflaufform viel besser als Alu-Folie. Einfach etwas Öl auf die Süßkartoffeln geben, ab in den Ofen und mit selbstgemachtem Kräuterquark genießen.“ Wenn man da mal keinen Appetit bekommt…
Tipps für Daheim
- Lagerung bei Zimmertemperatur: Kühle Temperaturen können zu Flecken oder Fäule führen.
- Geschnitten nicht zu lange an der Luft liegen lassen, da die Oberfläche sonst einen grünen Schimmer bekommt. Der ist nicht schädlich, aber unschön. Besser: direkt verarbeiten oder ab ins Wasserbad.
- Vor dem Kochen große Knollen in kleine Stücke schneiden, damit sie schneller gar sind. Bei Süßkartoffeln geht das übrigens schneller als bei normale Speisekartoffeln.
- Ideal für Babybrei: Lässt sich gut vorbereiten und sogar einfrieren.
Wenn du wissen willst, wie du an Sönkes Süßkartoffeln kommst, dann schau mal hier.
Mehr zu leckeren Knollen
Im Herbst leuchtet das Laub gelb und orange. Diese Farbenpracht holen wir uns auf die Teller. So können wir uns gleichzeitig über den Augen- und den Gaumenschmaus
Wilfried Stegmann weiß, wie man Linda und Sieglinde so richtig verwöhnen kann. Im Interview erklärt der Kartoffelfachmann, wie man dieses Wellness-Programm auch