Die Hotel- und Gastro-Branche sowie auch alle Landwirt*innen sind auf deine Unterstützung angewiesen (Grafik: Meike Fredrich)

Showdown im Shutdown

Wie Restaurants und Hotels mit den aktuellen Corona-Maßnahmen umgehen

16.11.2020

Die Gastronomie- und Hotel-Branche ist von der Corona-Pandemie besonders betroffen. Schon wieder. Doch sie kämpfen: mit einer ordentlichen Prise Innovation, einem guten Schuss Optimismus und einem großen Löffel Kundenkontakt. Vier inspirierende Ideen aus ganz Deutschland.

Von Bioland

Müllvermeidung spielt für Stefanie und Dirk Wolters vom Bioland Hofrestaurant im niedersächsischen Syke eine wichtige Rolle (Foto: Bioland Hofrestaurant)

Von Mehrweg und mehr Wegen

Für jeden Sonntag lassen sich Stefanie und Dirk Wolters vom Bioland Hofrestaurant im niedersächsischen Syke etwas Neues einfallen. Ihre Gäste können zwischen einem warmen Gericht, einem Dessert oder einem ganzen Kuchen entscheiden und ihre Bestellung vor Ort abholen. „Einige haben sogar direkt das komplette Programm gekauft“, berichtet Dirk Wolters vom ersten Sonntag im November. „Generell haben viele Stammgäste ihre Unterstützung zugesagt – teilweise sogar schon für den kompletten November im Voraus.“ Im Dezember will er das Angebot fortführen.

Auch das zweite Standbein - eingekochte Speisen - kommt gut an. Mit dabei sind zum Beispiel ein veganer Linseneintopf und eine Kartoffelsuppe. Demnächst gibt es sicherlich ein neues Rezept mit Grünkohl. Denn: „Unsere Zutaten sind regional und saisonal. Wir verarbeiten das, wovon unsere Landwirte rund herum aktuell zu viel haben. Tatsächlich hatten wir die Idee schon länger, aber vor Corona nie genug Zeit dafür“, erzählt er.

Das Besondere: Die Familie Wolters verkauft ihre Hauptspeisen in Mehrweg-Wärme-Behältern, die sie vor der Pandemie für Buffets genutzt haben.  Die eingekochten Speisen gibt's in Gläsern. „Müllvermeidung ist für uns eine Herzensangelegenheit. Daher haben wir nach Möglichkeiten zur Mehrfachnutzung gesucht. Außerdem schmeckt ein gutes Gericht doch aus einem Styropor-Behälter nur halb so gut“, findet Wolters. Ein Pfandsystem brauche es nicht. Die Gäste bringen die leeren Gläser und Wärme-Behälter einfach bei der nächsten Gelegenheit zurück.

Weitere Infos unter: www.bioland-hofrestaurant.de

Andrea und Marcello Gallotti bieten Bio-Feinkost in Karlsruhe an - nun vermehrt auch zum Mitnehmen (Foto:MeerfreiheitWagen)

Möglichst viel Kontakt ohne Kontakt

Hochwertige Bio-Gerichte und Bio-Feinkost bieten Andrea Gallotti und ihr Mann Marcello im Restaurant "erasmus" in Karlsruhe zum Mitnehmen an. Ihren Feinkostenladen haben sie extra für die Shutdown-Zeit wieder geöffnet und dabei sogar Zeit, die Kund*innen selbst zu beraten. „Uns ist es besonders wichtig, den Kontakt zu unseren Gästen zu behalten. Ich kann mir nicht vorstellen, sie nicht zu sehen. Da würde wirklich was fehlen“, sagt Geschäftsführerin Gallotti. „Der persönliche Kontakt ist einer der schönsten Aspekte unserer Arbeit und gleichzeitig eine gegenseitige Wertschätzung.“

Das zeigt sich auch beim Abholservice. Den gibt es nämlich schon länger, aber erst in den beiden Shutdowns wurde er so richtig angenommen. Die Anzahl der Gäste sei im Moment erfreulicherweise so wie zu normalen Zeiten. „Wir haben die Karte etwas angepasst. Manche Gerichte aus dem Restaurant funktionieren einfach nicht für das Take-away-Angebot. Dafür können wir nun Speisen anbieten, die im Normalbetrieb nicht zur Tagesordnung zählen“, erklärt Andrea. So seien Blechpizza und Lasagne beispielsweise ideal zum Mitnehmen geeignet, da sie zwei praktische Aspekte vereinen: Sie bleiben warm und sind beliebt.

Weitere Infos unter: www.erasmus-karlsruhe.de

Die Event- und Kochlocation „München kocht!“ von Daniel Düsterhus trägt das Bioland-Zertifikat in Gold. Denn: Hier werden 90 bis 100 % zertifizierte Bio-Lebensmittel verarbeitet (Foto: München kocht! / Daniel Düsterhus)

Kulinarische Reisen ohne zu reisen

Daniel Düsterhus denkt grundsätzlich positiv. Gerade jetzt in der Corona-Krise kommt diese Eigenschaft besonders zum Tragen. „Ob Hotel, Produzent, Eventlocation oder Restaurant: Innovation gepaart mit einem Mehrwert für die Kunden ist immer wichtig – aktuell natürlich umso mehr“, sagt der Inhaber und Gründer von „München kocht“, der einzigen Bioland-zertifizierten Kochschule. Mit seinen Online-Kursen und -Firmenevents samt Live-Cooking beweist er Erfindergeist.

Lebkuchen, Sushi oder die bayrische Küche stehen beispielsweise bei den Online-Kursen für Privatpersonen zur Auswahl. Für Firmen oder große Gruppen werden individuelle Absprachen zum Menü getroffen. Was beide Optionen verbindet: die Lieferung der Bio-Zutaten nach Hause, eine Köchin, ein Moderator und jede Menge Spaß. „Die Nachfrage nach den Online-Angeboten ist deutlich höher als nach den Präsenz-Kursen - auch schon vor der Pandemie. Für mich ist die Verlagerung ins Digitale keine reine Corona-Alternative, sondern eine echte und auf Kundenwunsch basierte Veränderung“, resümiert der gelernte Hotelfachmann. Ein weiteres Plus: Der CO2-Fußabdruck kann durch den Wegfall von (Dienst-)Reisen nach München deutlich verringert werden.

Weitere Infos unter: www.muenchenkocht.de

Not macht erfinderisch: Rica Friedl bietet ihre Hotelzimmer kurzer Hand als Homeoffice-Plätze an (Foto: Bayrischer Wirt)

Home-Office im fremden Home

Auch die Hotelbranche kann zurzeit mit innovativen Ideen punkten. So zum Beispiel das Bio-Hotel Bayerischer Wirt in Augsburg. Freunde und Bekannte von Geschäftsführerin Rica Friedl erzählten ihr im ersten Shutdown von ihren Erfahrungen: „Von schlechtem Internet über Konzentrationsprobleme bis hin zu den Herausforderungen mit den Kindern waren diverse Probleme dabei. Da die meisten unserer Zimmer leer standen, haben wir sie kurzer Hand in Homeoffice-Büros umgewandelt.“

Die Zimmer kann man stunden-, tage- oder wochenweise mieten. Mit dazu gibt's Kaffee, Wasser und einen Apfel. Wer will, kann sich auch etwas zu Essen beim Hotelrestaurant bestellen. Denn gekocht wird sowieso. „Ein Jahr lang haben wir an einem nachhaltigen Lieferservice gefeilt. Pünktlich im März hatten wir unser Ziel erreicht“, freut sich Rica Friedl über das gelungene Timing. Neben der Verpackung ist auch die Lieferung an sich entscheidend, weswegen das Bio-Essen mit Fahrrädern im Stadtgebiet verteilt wird. „In der Krise hat es uns geholfen, dass wir schon lange im Einklang mit der Natur leben und biologische Produkte anbieten. Die Leute schauen durch Corona mehr auf Qualität und Nachhaltigkeit. Sie werden bewusster“, erzählt Friedl.

Weitere Infos unter: www.bayerischer-wirt.de

Support your locals

Wenn auch du dein erweitertes Umfeld unterstützen willst, gönn dir doch auch mal wieder ein leckeres Take-away-Gericht oder geh in einem Hofladen einkaufen. Die Gastronom*innen und Landwirt*innen werden sich freuen.

 

Aaaand action: Einblicke in die Online-Kochkurse von Daniel Düsterhus (Foto: München kocht! / Daniel Düsterhus)

 

 

Andrea Gallotti und ihr Mann Marcello bieten im Restaurant "erasmus" in Karlsruhe schon länger Speisen zum Mitnehmen an, aber erst in den Shutdowns wird das Angebot so wirklich gut angenommen (Foto: Joshua Kaiss)

 

 

Ruhig, ordentlich und stabiles Internet: Die Hotelzimmer im Hotel Bayerischer Wirt von Rica Friedl sind zu Homeoffice-Plätzen umfunktioniert worden (Foto: Bayrischer Wirt)

 

 

Auch bei den eingekochten Speisen setzen die Wolters auf Nachhaltigkeit und verwenden die Gläser wieder (Foto: Bioland Hofrestaurant)

 

Mehr zu Corona

Corona - was nun?

Shutdown - diese Nachricht war ein Schock. Kurz vor Start der Hauptsaison sollten Mitte März alle Gastronomiebetriebe in Deutschland schließen, um eine weitere

Weiterlesen
Konjunktur im Lockdown
Die Lebensmittelbranche gehört zu den Gewinnern der Corona-Krise. Läden kommen beim Auffüllen der Regale gar nicht mehr hinterher, Lieferdienste stoßen an ihre
Weiterlesen
Corona-Krise: Wenn Helfer zu Freunden werden

Vielen Betrieben fehlt es wegen der Corona-Pandemie an Personal. Manche Mitarbeiter fallen aus gesundheitlichen Gründen aus, in einigen Fällen fehlen

Weiterlesen