Schöne Bescherung!
Der Weihnachtsbaum: Tradition trifft Ökobilanz
Zu Weihnachten gehört der Weihnachtsbaum wie die Rentiere zum Weihnachtsmann. Eigentlich eine schöne Tradition. Weniger schön ist allerdings die Umweltbilanz der meisten Tannen, die wir uns für kurze Zeit ins Wohnzimmer stellen. Ist ein ökologisch korrektes Fest überhaupt möglich?
Rund 25 Millionen Bäume stehen zu Heiligabend in deutschen Wohnzimmern. Das Schmücken: ein Familienritual. Die Kugeln: zum Teil noch von der Oma. Die Engelchen: in der Kita gebastelt. Auch wenn oft keine echten Kerzen mehr am Baum brennen, gehört er für die meisten Deutschen zu Weihnachten wie Plätzchen und Geschenke.
Und tatsächlich: Nach allem, was man weiß, kommt der Weihnachtsbaum auch aus Deutschland. Unklar allerdings ist, ob er auf einen heidnischen Winterbrauch zurückgeht, christlichen Ursprungs ist oder erst von Bürger*innen im Mittelalter erfunden wurde. Einer Legende nach soll Bonifatius, der "Apostel der Deutschen", den Christbaum im 8. Jahrhundert erfunden haben. Später sei er dann fester Bestandteil der weihnachtlichen Paradiesspiele geworden.
Gegner dieser Theorie verweisen auf Aufzeichnungen aus dem Mittelalter, die eine zunächst ablehnende Haltung der Kirche gegenüber dem bürgerlichen Brauch belegen. Danach tauchten Weihnachtsbäume zuerst in den handwerklichen Zünften auf und wurden dann auch in wohlhabenden bürgerlichen Familien populär. Erst ab dem 17. Jahrhundert soll sich der Brauch durch die Fürstenhäuser in ganz Europa und darüber hinaus verbreitet haben.
Damals waren die Christbäume jedoch noch ein Nebenprodukt der Waldpflege. Man nahm die schwächeren Jungbäume aus dem Bestand, um den robusteren mehr Licht und Platz zu verschaffen. Heute ist es umgekehrt: Nur die schönsten und geradesten Exemplare schaffen es in die Wohnzimmer. Für ein paar Tage. Dann landen sie auf dem Müll.
Christbäume aus dem Wald gibt es zwar immer noch, etliche Forstämter haben einen eigenen Verkauf oder bieten Christbäume zum Selberschlagen an; die allermeisten der Bäume stammen allerdings aus Plantagen.
Den Baum, nach denen den meisten Deutschen der Sinn steht, wird man in heimischen Wäldern auch nicht finden. Denn kaum jemand gibt sich heute noch mit einer heimischen Rotfichte oder Weißtanne zufrieden. 70 bis 80 Prozent der hier gekauften Christbäume sind Nordmanntannen, gefolgt von der Amerikanischen Blaufichte und anderen Fichten. Die Edeltanne (Nobilistanne) macht drei Prozent aus. Die Nordmanntanne wurde in den dreißiger Jahren vom finnischen Botaniker Alexander von Nordmann im Kaukasus entdeckt. Seit den Sechzigern wird sie auch in Deutschland angebaut. Sie ist besonders symmetrisch, nadelt kaum und sticht nicht.
Der Fußabdruck der Bäume
25 Millionen Bäume - das ist viel Holz. Und hinterlässt Spuren. Zum Beispiel in der Klimabilanz. So können Nordmanntannen mehrere hundert Jahre alt werden. Richtig viel Kohlendioxid speichern sie allerdings erst ab einer gewissen Größe. Was die kleinen Plantagenbäumchen in ihren 10 bis 15 Jahren aufnehmen, wird wieder freigesetzt, wenn sie verbrannt werden oder verrotten. "Die CO2-Bilanz ist nicht nur null, sondern sogar negativ, da auf der Plantagenfläche auch ein langfristig wachsender Wald stehen könnte", erklärt Ulrike Heise vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Noch größer ist der CO2-Fußabdruck bei den Tannenbäumen, die quer durch Europa gekarrt werden.
Dazu kommt massiver Chemie-Einsatz auf den meisten Plantagen. Die Bäume werden mit Kunstdünger gepäppelt, was wiederum Stickstoff freisetzt und schlecht fürs Klima ist, und mit Pestiziden und Herbiziden vor Schädlingen und Unkraut geschützt. Die Mittel, zum Beispiel Glyphosat, schaffen es dann bis ins Wohnzimmer.
Biobäume sind in dieser Hinsicht eine saubere Alternative – auch wenn sie natürlich ebenfalls landwirtschaftliche Flächen besetzen, die für die Lebensmittelproduktion verwendet werden könnten oder auf denen eine Aufforstung möglich wäre. Das größte Problem mit den Biobäumen jedoch ist: Es gibt sie kaum. Der Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger schätzt den Anteil der zertifizierten Biobäume auf deutlich unter fünf Prozent.
Weihnachtsbaum-Fans haben es daher nicht leicht. Wer nicht die Möglichkeit hat, sich einen Baum aus dem Wald oder von einer Biokultur zu kaufen, wird Abstriche machen müssen. Am konsequentesten wäre es natürlich dann, auf den Baum zu verzichten beziehungsweise ihn zu ersetzen.
Wer handwerklich geschickt ist und es eher minimalistisch mag, kann sich beispielsweise eine Attrappe aus Holz oder anderen Materialien bauen. Auf der Südhalbkugel etwa, wo keine weihnachtstauglichen Koniferen wachsen, behilft man sich schon lange mit Bäumen aus Plastik oder Metall. Plastikbäume sollten jedoch über viele Jahre benutzt werden, um die wenig freundliche Kunststoffproduktion zu kompensieren.
Auf den Kanaren schmücken die Menschen auch Palmen, was natürlich auch mit der Zimmerpalme geht. Wem das zu wenig winterlich ist, kann auch Äste in eine große Vase stellen - in der Tradition christlicher Gabenbäume.
Auch Tannen im Topf gibt es, teilweise sogar zum Mieten. Der Vorteil: Man kann die Bäume nach dem Fest wieder einpflanzen. Der Nachteil: In der Regel gibt es auch sie nicht in Bioqualität. Und nur die wenigsten dieser Bäume erholen sich wirklich von dem Zwangsurlaub im Wohnzimmer.
Bio-Bäume in deiner Region
Wenn auch du einen Weihnachtsbaum aus dem Bioland haben möchtest, kannst du hier nach Anbieter*innen in deiner Nähe suchen.
Wir haben sie nach Postleitzahl sortiert.
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