Verändern statt meckern
Wie der beste Junglandwirt gestern, heute und morgen verbindet
Der 28-jährige Bioland-Bauer Johannes Müller hat ein Faible für nachhaltige Konzepte und neue Ideen. Nach dem Motto „Was gut ist, kann noch besser werden” führt er gemeinsam mit seinen Eltern einen Betrieb in Niedersachsen. Nicht nur für seine bunten Möhren und Kumpir-Kartoffeln hat er in der Einzelkategorie Junglandwirt den CeresAward 2021 gewonnen.
Bioland: Wie war der Start auf dem Hof? Was hat sich seither verändert?
Johannes: Meine Eltern bauen schon lange Bio-Gemüse an, sodass wir bereits einen recht guten Namen in der Naturkostbranche und gute Absätze hatten. Ich bin vor vier Jahren also ich einen wirtschaftlich gesunden Betrieb eingestiegen.
Mir ist es wichtig, dass wir uns ein bisschen breiter aufstellen. So habe ich unser Sortiment beispielsweise vor neun Jahren um bunte Möhren erweitert. Das war mein erstes größeres alleiniges Projekt. Auch Süßkartoffeln habe ich probiert, aber 2015 wieder aufgehört. Das hat nicht so gut geklappt. Dafür kommen unsere Ofenkartoffeln für Kumpir super an. Dieses türkische Gericht habe ich während meines Studiums, als ich neben einer Kumpir-Bude gewohnt habe, als gesunde Alternative zum Döner lieben gelernt. Ich probiere gerne neue Dinge aus und schätze diesen Vorteil an der Selbstständigkeit sehr. Die Risiken und Misserfolge trägt man natürlich aber auch selbst.
Welche Risiken siehst du in der Zukunft?
Mein erstes Jahr war richtig nass. Das zweite hingegen war ein heftiges Dürrejahr. Der Klimawandel und die verschiedenen Extreme sind also sehr präsent. Man muss gut überlegen, wie man weiterhin nachhaltig wirtschaften kann, und anpassungsfähig bleiben.
Der Boden als eine unserer wichtigsten Grundlagen muss – vereinfacht gesagt - topfit in die Zukunft gehen. Das schaffen wir mit mechanischen sowie pflanzenbaulichen Maßnahmen und Anpassungen. Ein regelmäßiger Kulturwechsel ist zum Beispiel super wichtig.
Ein typisches Zukunfts-, wenn auch eigentlich eher Gegenwartthema ist die Digitalisierung. Wie sieht es da bei euch aus?
Wir sind schon ziemlich gut aufgestellt, aber da geht natürlich noch mehr. Wir nutzen beispielsweise GPS und RTK, quasi ein noch genaueres GPS-System, für die Unkrautregulierung. Ich hätte zudem Lust auf ein digitales Büro mit ein paar coolen Features. Aber das kommt vermutlich erst, wenn meine Eltern in Rente gehen.
Bestimmt hast du viel von ihnen gelernt.
Das stimmt. Jemand hat mal gesagt, dass die besten zehn Jahre eines Betriebes dann sind, wenn Jung und Alt harmonieren. Und das ist bei uns definitiv der Fall. Wir vereinen Erfahrung und neuen Input. Jeder kann das machen, worauf er am meisten Lust hat.
Was würdest du jungen Landwirt*innen mit auf den Weg geben?
Mir hilft es, immer mal wieder nach links und rechts zu gucken – auch was andere Länder so machen. Daher ist es meiner Meinung wichtig, sich regelmäßig selbst zu hinterfragen und zu schauen, ob der Betrieb wirklich gut läuft. Das klappt besonders gut, wenn Besuchergruppen kommen und weitere Fragen stellen. Mein Tipp für alle, egal welches Alter: Nicht meckern, sondern lieber überlegen, was man selbst ändern oder besser machen kann.
Über Johannes und den Hof
Johannes hat in Kiel Agrarwissenschaften studiert und ist 2017 bei seinen Eltern auf dem Hof in Etzenborn im Landkreis Göttingen eingestiegen. Gemeinsam haben sie sich für eine "gestreckte Hofübergabe" entschieden. Das heißt in ihrem Fall: Zwischen dem Einstieg von Johannes und der Rente der Eltern liegen zehn Jahre. Bis dahin haben sie alle drei gleiche Anteile am Hof. Sie beschäftigen 30 Mitarbeiter*innen und bauen Gemüse, Kartoffeln sowie Getreide an. Ihren Dünger erhalten sie über Kooperationen von Betrieben mit Tieren und liefern im Gegenzug beispielsweise Futtermöhren oder Kleegras ab.
Was schätzt du an deinem Beruf als Landwirt?
Ich mag vor allem die Abwechslung, dass man relativ schnell ein Ergebnis sieht und so nah dran ist. Erst pflanzt du zum Beispiel die Möhre, dann begleitest du sie beim Wachsen, erntest sie und beim Waschen kannst du direkt reinbeißen und merkst, ob sie schmeckt oder nicht. Das große Ganze ist und bleibt für mich eben faszinierend. Ich freue mich richtig, wenn ich sehe, dass es rund läuft und wir wieder etwas geschafft haben. Dabei muss ich nicht unbedingt alles selbst machen. Der Betrieb funktioniert eben nur im Team – und nur deswegen konnte ich auch die Auszeichnung gewinnen. Alleine geht das nie. Es ist immer einer Gemeinschaftsleistung.
Zusammen mit deinem CeresAward hast du auch 1000 Euro gewonnen. Was macht ihr damit?
Wir möchten die Landwirtschaft unserer Umwelt näherbringen und sie mit ins Boot holen. Dafür planen wir Schaufelder mit Möhren und Kartoffeln. Dort wollen wir Schulklassen und Kindergartengruppen das Pflanzen, Pflegen und Ernten zeigen. Infotafeln erklären den Mehrwert von bio dann auch Spaziergängern. Denn die Felder werden wir direkt an Wegen anlegen. Ich möchte nicht der doofe Bauer sein, dessen Trecker in der Ernte die Leute nervt. Ich möchte lieber, dass sie unsere Tätigkeiten Jahresverlauf verstehen und sich auf die Möhren freuen, wenn die Trecker die Ernte nach Hause fahren.
Der CeresAward wird jährlich vom Landwirtschaftsmedium agrarheute vergeben. Er würdigt Landwirt*innen, die Außergewöhnliches leisten und täglich nachhaltig für Mensch, Tier und Umwelt wirtschaften. In diesem Jahr sind mehrere hundert Bewerbungen in den zehn Kategorien eingegangen. Die Kategorien sind: Ackerbau, Energie, Bio, Junglandwirt*in, Rinderhaltung, Schweinehaltung, Geflügelhaltung, Management, Unternehmerin und Geschäftsidee. Aus den Kategoriensieger*innen wählt die Jury dann die Landwirtin beziehungsweise den Landwirt des Jahres 2021 .
Der Name des Preises leitet sich von der römischen Göttin Ceres ab. Als Schöpfungsgöttin von allem Leben auf der Erde, des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit sei sie laut agrarheute ein ideales Symbol für die herausragenden Leistungen und den großen Beitrag, den die Landwirtschaft für die Gesellschaft leistet.
Weitere Gewinner*innen
Als Christoph Leiders beim Landwirtschaftspreis CeresAward zum "Manager des Jahres" gewählt wird, findet er den Begriff erst einmal gewöhnungsbedürftig. Manager
Manchmal ist es der Zufall, der zum Erfolg führt. Als "Blumen zum Selbstpflücken" pflanzte Linda Kelly Lupinen anfangs an, doch keiner wollte die Blumen haben.