In engen Metallkäfigen müssen viele industriell gehaltene Schweine in Deutschland ihr Dasein fristen (Foto: imago)

Kein Schwein denkt an die Sau

Wie die Politik die Sauen links liegen lässt

08.06.2020

1,8 Millionen industriell gehaltene Zuchtsauen in Deutschland verbringen den Großteil ihres Lebens in sehr engen Metallkäfigen – dem sogenannten Kastenstand. Die Schweine können sich darin weder drehen noch hinlegen, ohne der benachbarten Sau ihre Klauen in den Leib zu drücken. Oftmals entwickeln sich körperliche Schäden aufgrund der Liegedauer und des Bewegungsmangels.

Von Gerald Wehde

Die deutsche Bundesregierung legitimiert seit 28 Jahren diese tierschutzwidrige Haltung von Zuchtsauen. Höchstrichterlich wurde diese gängige Praxis vor mehreren Jahren als rechtswidrig eingestuft. Geändert hat sich bisher nichts.
Am vergangenen Freitag hat sich die Politik wieder um eine Entscheidung gedrückt – das Thema „Kastenstandhaltung“ wurde im Bundesrat kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Das ist ein Armutszeugnis der verantwortlichen Politiker in Bund und Ländern. Sie ignorieren Gerichtsentscheidungen und opfern das Wohl von Millionen Tieren den Interessen der Fleischindustrie. Denn diese braucht die Massen der industriellen Tierhaltung und Billigfleisch-Produktion für den Export. Dass die Politik die Wirtschaftlichkeit dem Tierwohl vorzieht ist skandalös. Nur eine Verbannung der Kastenstände aus der Sauenhaltung und eine freie Abferkelung bieten echtes Tierwohl.

Nur Biohaltung bietet Sauen genügend Platz

Landwirtschaftsministerin Klöckner will diese massiven Missstände in der Sauenhaltung auch noch mit ihrem freiwilligen Tierwohllabel schmücken. So klammert ihr Verordnungsentwurf die Haltungskriterien der Zuchtsauen und Ferkel aus. Die Fixierung von Sauen im Kastenstand bleibt in allen drei Label-Stufen erlaubt – es gilt lediglich der gesetzliche tierschutzwidrige Standard. Die Sauen leiden auch unter Klöckners Tierwohllabel weiter. Die Käufer ahnen davon jedoch nichts, was das Label zur reinsten Verbrauchertäuschung macht. Noch ist das freiwillige staatliche Tierwohllabel nicht gesetzlich verabschiedet. Es bräuchte einen kompletten Neustart. Das Label muss verpflichtend und nicht freiwillig sein, es muss den Kastenstand für Sauen in allen Label-Stufen verbieten und eine eigene Stufe für die Biohaltung vorsehen. Denn bisher bietet nur die Biohaltung den Sauen den Platz, den sie brauchen.

Mehr zum Thema

Was die Ziffer auf dem Schnitzel aussagt

Bio, regional, Weidehaltung, Initiative Tierwohl, Tierschutz kontrolliert, Fair&Gut, FairMast – die Informationen auf den Fleischverpackungen verwirren mehr als

Weiterlesen
Einmal Schnitzel mit alles, bitte!

Wie teuer wäre Fleisch, wenn wir auch die verursachten Umweltschäden mitzahlen müssten? Es gibt erst vage Berechnungen – aber selbst die sind alarmierend.

Weiterlesen
Tierwohl

Bioland setzt sich für das beste und möglichst artgerechte Leben von Tieren ein. Unsere Biobäuerinnen und -bauern übernehmen Verantwortung für ihre Nutztiere, vom

Weiterlesen