Bei der Vermarktung ihrer Produkte sind unsere Bioland-Bäuer*innen kreativ. Eine beliebte Möglichkeit: Selbsternte-Felder (Foto: Sonja Herpich)

Die 5 besten Vermarktungswege

Unsere Highlights aus 50 Jahren Bioland

01.02.2021

Milch an einer Tankstelle selbst zapfen, Fleisch online bestellen oder virtuell Wein probieren: In den vergangenen 50 Jahren haben unsere Mitglieder viele Ideen und Strategien entwickelt, wie sie ihre Produkte aus dem Bioland am besten vermarkten und dir noch schmackhafter machen.

 

Von Meike Fredrich

Herzlich: Direkter Kontakt zum Hof

Hühner flitzen vorbei. Strauchtomaten versprühen ihren Duft. Kühe wollen gestreichelt werden. Kinder stehen staunend vor großen Traktoren. Auf dem Bauernhof sind die Erlebnisse vielzählig – und prägend. Denn Erlebtes bleibt oft besser hängen als Gelesenes oder Gehörtes. Für viele Menschen ist der Blick hinter fremde (Stall-) Türen spannend, und die Landwirt*innen wiederum freuen sich, ihre Kund*innen persönlich kennenzulernen, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen.

Nach Corona werden auch wieder Aktivitäten wie Hoffeste möglich sein (Foto: Sonja Herpich)

 

Zum Beispiel auf einem Hoffest! Während die Eltern den selbst gekelterten Wein oder frisch gebackenen Apfelkuchen genießen, können die Kinder im Stroh spielen. Ganz nebenbei kommt man miteinander ins Gespräch. Wie werden die Äpfel und Trauben eigentlich vor Schädlingen geschützt? Warum sind Regenwürmer für einen gesunden Boden wichtig?

Nachzufragen ist auch im Hofladen leicht. Wo sonst kommt man so schnell und einfach an authentische Informationen zur ökologischen Landwirtschaft und zur Lebensmittelerzeugung. „Häufig drehen sich die Gespräche bei uns im Hofladen um die aktuelle Ernte oder um alltägliche Themen, dann aber mit Bezug zur Landwirtschaft. Heute haben wir zum Beispiel schon oft darüber gesprochen, ob es für unsere Felder denn schon genug geregnet hat“, sagt Isla Gandenberger vom Biolandhof Borngässer in der Nähe von Mainz.

Auch untereinander tauschen sich die Kund*innen aus und erfahren im Laden von Aktionen oder Veranstaltungen. „Wir kündigen hier Kartoffelkäfer-Sammelaktionen mit Kids und Traktorfahrten zum Feld an, wo wir über Fruchtfolge, Schädlingsbefall und Co. aufklären. Ohne den Hofladen würden wir die interessierten Kunden gar nicht erreichen“, ist sich Isla sicher.

 

Um die Leistung von Tieren und die tierischen Produkte wertzuschätzen, bieten viele Betriebe Patenschaften oder andere Modelle wie Mietverhältnisse an. Auch wenn die Pat*innen dabei oft Fleisch, Eier oder Milchprodukte erhalten, stehen für die meisten der Kontakt zum „Patenkind“ und das Tierwohl im Mittelpunkt.

Praktisch: Bioland kommt zu dir

Wer keinen Hofladen in der Nähe hat oder nicht (mehr) mobil ist, muss nicht auf Leckereien aus dem Bioland verzichten. Noch vor dem Trend, Lebensmittel to go anzubieten, versorgten die Bäuer*innen ihre Kundschaft mittels Lieferservice oder Abo-Kisten. Frisch und unkompliziert kommen hier Obst und Gemüse, Mehl und Haferflocken, Milchprodukte und Wurst oder was das Herz sonst noch begehrt in regelmäßigen Abständen direkt nach Hause.

Manche Anbieter*innen haben es sich zur Aufgabe gemacht, krumme oder abgelaufene Bio-Produkte zu retten. Sir Plus bietet beispielsweise Retterboxen, Lebensmittel, Drogerie- und Geschenkartikel an. Mit dabei sind dann auch schon mal Lisa‘s Bio-Kesselchips oder Honig von Bioland-Imker Walter Lang. Ähnlich ist das Konzept gegen die Lebensmittelverschwendung von etepetete: Während die ersten Gemüse-Boxen im Jahr 2015 noch in einer Garage gepackt wurden, besteht das Team heute aus 90 Mitarbeiter*innen, und es konnten schon knapp 2,8 Millionen Kilogramm unperfektes Bio-Obst und -Gemüse gerettet werden. Darunter auch Paprikas, Auberginen und Physalis vom Biohof Laurer aus Niederbayern.

 

Bevor die Abo-Kisten zu den Kund*innen wandern, wird das Gemüse ordentlich geputzt (Fotos: Sonja Herpich)

 

 

Auf Hoffesten gibt es immer auch spannende Aktionen für Kinder

 

 

Und während die Kleinen toben, können die Großen an Führungen teilnehmen

 

 

Im Hofladen geht es persönlich zu: Die Beratung und der Austausch zwischen Landwirt*in und Kund*in ist hoch geschätzt - von beiden Seiten

 

Auch für Fleischliebhaber*innen gibt es bequeme Alternativen, um von der Couch aus einzukaufen. Früher hat man den Tiefkühler mit einem Viertel Rind und einem halben Lamm vom Bauern des Vertrauens beladen. Heute gibt es Online-Shops für Fleisch. Nur das Lieblingsstück in der aktuell benötigten Menge ist für viele dann eben doch etwas praktischer. Der Bioland-Hof Fauser in Mutlangen in der Nähe von Stuttgart hat sich der Plattform www.ichessbio.de angeschlossen. „Etwa zehn Prozent unserer Rinder und Schweine vermarkten wir über den Online-Shop. Der größere Teil geht über den Hofladen und an verschiedene Abokisten-Betriebe“, erzählt Betriebsleiterin Rita Fauser.

Gegründet wurde die Plattform von Vasiliki Klenk, die zunächst gar nichts mit der Landwirtschaft zu tun hatte. „Ich habe schon immer viel online gekauft und wollte auch mein Bio-Fleisch so kaufen“, sagt die gelernte Mediengestalterin und studierte Wirtschaftsinformatikerin, nahm die Sache vor neun Jahren selbst in die Hand und gründete die Plattform nach ihren Wünschen.

Gewusst wo!

Eine Übersicht über die Angebote in deiner Nähe findest du auch in unserer Bioland-Karte.

Von Lieferservice-Angeboten über Hofläden bis hin zu Veranstaltungen sind viele spannende Informationen dabei. Durch die praktischen Filter-Möglichkeiten kannst du zielgenau das finden, was du suchst.


Selbstständig: Einkaufen rund um die Uhr

Selbst und ständig kannst du bei manchen Bioland-Höfen deine Produkte kaufen. Einkaufsmöglichkeiten mit Selbstbedienung sind nicht nur für Pendler*innen auf dem Heimweg praktisch, sondern für alle, die gerne zu untypischen Zeiten oder mal eben schnell im Vorbeigehen einkaufen. Mit einem Ständchen am Straßenrand oder einem Eierhäuschen auf dem Hof können die Landwirt*innen beispielsweise auch sonntags ihre Produkte anbieten. Anfangs stand eine einfache Kasse dabei. Vertrauen pur! Das ist auch heute noch oft so, aber in vielen Betrieben hält auch hier die Digitalisierung Einzug: Automaten sind mit regionalen Produkten direkt von den Erzeuger*innen gefüllt und ermöglichen Einkaufen auf Knopfdruck.

Ganz wichtig bei allen Selbstbedienungs-Angeboten: Münzen nicht vergessen (Foto: Sonja Herpich)

 

Ein besonderer Clou sind Milchtankstellen. Hier kannst du mit deiner mitgebrachten Flasche frische Milch zapfen. Oder du kaufst die Glasflasche direkt vor Ort - wie beim Biolandhof Deventer bei Münster.

„Seit Oktober haben wir unseren Automaten. Pro Tag verkaufen wir circa 30 bis 50 Liter, am Wochenende eher mehr“, erzählt der Sohn der Betriebsleiterin, Lukas Deventer. „Vorher hatten wir einen Hahn am Milchtank, der auf dem Hof stand. Nun läuft es sogar besser, weil viele Kunden sich nicht getraut hatten, an den Tank zu gehen.

Wer mehr als das Zapfen selbst übernehmen möchte, kann auf vielen Feldern Obst oder Gemüse ernten. Der Klassiker: Erdbeeren. Stolz und etwas geschafft trägt man die roten Früchte nach getaner Arbeit nach Hause. Von Hand gepflückt, schmecken sie gleich doppelt so gut.

Der Rollentausch mit den Landwirt*innen sorgt im Idealfall nicht nur für einen höheren Genuss, sondern auch für eine langfristig höhere Wertschätzung ihrer Arbeit.

 

Gemeinschaftlich: Zusammen zum Ziel

Unser Verband zeichnet sich seit jeher durch eine starke Gemeinschaft aus. Schon in den 70er-Jahren schlossen sich unsere Landwirt*innen zu Verkaufszentren zusammen und verkauften Produkte von mehreren Höfen zum Beispiel aus Garagen heraus. Im Jahr 1989 gründeten neun Bioland-Bäuer*innen die OBEG Hohenlohe, die erste organisch-biologische Erzeugergemeinschaft in Deutschland. Ihr Ziel: Bio-Getreide lagern, aufbereiten und gemeinsam vermarkten. Der Zusammenschluss aus mittlerweile 150 Betrieben steht für möglichst direkte Wertschöpfungsketten und pflegt diese von der ökologischen Saatgutzüchtung über die Aufbereitung des Getreides bis zum fertigen Brot. Nur 65 Kilometer beträgt die durchschnittliche Anlieferungsentfernung.

Ein schönes Zusammenspiel entsteht auch bei der Solidarischen Landwirtschaft, kurz Solawi. Hier bezahlt eine Gruppe von Verbraucher*innen einen landwirtschaftlichen Betrieb dafür, dass er für sie Lebensmittel erzeugt. Die Intensität ist unterschiedlich: vom bloßen Lohn für den Gärtner über die gemeinsame Anschaffung von Betriebsmitteln bis hin zum gemeinschaftlichen Besitz des Bodens. Die Mitglieder genießen das Gefühl, ihnen gehöre ein Stück vom Hof. „Meine Gärtnerei“ sagen sie zum Beispiel zu der bayrischen Solawi Biotop Oberland.

Kreativ: Gezwungen durch Corona

Auch die Winzerinnen, Hoteliers und Gastronominnen haben immer wieder interessante Vermarktungsstrategien auf Lager – besonders kreativ mussten sie im vergangenen Jahr werden. So auch Rica Friedl, Geschäftsführerin des Bio-Hotels Bayerischer Wirt in Augsburg. Freunde und Bekannte erzählten ihr im ersten Shutdown von ihren Erfahrungen: „Von schlechtem Internet über Konzentrationsprobleme bis hin zu den Herausforderungen mit den Kindern waren diverse Probleme dabei. Da die meisten unserer Zimmer leer standen, haben wir sie kurzer Hand in Homeoffice-Büros umgewandelt.“

 

Entspannt arbeiten, in Ruhe telefonieren und eine stabile Internetverbindung: Arbeiten im Hotel macht's möglich (Foto: Bayerischer Wirt)

 

 

Kuh Brunhilde begrüßt dich am Milchautomaten vom Biolandhof Deventer. Wenn du auch mal „tanken“ und die Erzeuger*innen in deiner Region unterstützen möchtest, findest du hier passende Milchtankstellen: www.milchtankstellen.com (Foto: Biolandhof De

 

 

Stefanie und Dirk Wolters vom Bioland Hofrestaurant im niedersächsischen Syke bieten Speisen in nachhaltigem Mehrwegglas an (Foto: Bioland Hofrestaurant)

 

Auch die Gastro-Szene und Catering-Unternehmen standen vor großen Herausforderungen. Wie kann ich Geld verdienen, wenn die Gäste gar nicht kommen dürfen? Die Lösung: Das Essen muss zu den Gästen kommen. Und so kochten viele Gastronom*innen Gemüse ein, bereiteten Suppen und leckere Bio-Fertiggerichte zu oder boten ihr Buffet im Glas an. Nicht im schönen Schwenker, aber dafür Online werden seit letztem Jahr auch vermehrt Chardonnay, Dornfelder und Co. gekostet – und zwar bei virtuellen Weinproben.

Weitere kreative Ideen findest du hier (erster Shutdown) und hier (zweiter Shutdown).

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