Auf gesunden Boden kommt es an
Mit Humus das Klima retten
„Ein gesunder, fruchtbarer Boden ist die Basis einer erfolgreichen Landwirtschaft!“ Das wusste schon Dr. Hans Peter Rusch, Mitbegründer von Bioland und Ökopionier. Doch wann ist ein Boden eigentlich gesund? Und warum kann er das Klima retten? Ein Blick in das Lebewesen unter unseren Füßen.
Ein Biobetrieb ist noch stärker als ein konventioneller auf einen gesunden und fruchtbaren Boden angewiesen. Denn im Ökolandbau ist der Einsatz von chemisch-synthetischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln untersagt. Wann genau ein Boden gesund und fruchtbar ist, verraten uns unsere Augen und Hände, unsere Nase – und unsere Füße:
Ein gesunder Boden
- federt leicht, wenn man barfuß darüber läuft
- ist gut und fein durchwurzelt
- zerfällt unter leichtem Druck in runde Krümel
- riecht nach frisch geernteter Karotte oder Kartoffelkeller
- hat reiches Bodenleben – je mehr Regenwürmer, desto besser
Eine Sache darf auf einem Biobetrieb auf gar keinen Fall fehlen: ein Spaten. Denn durch einen regelmäßigen Blick in den Boden erfahren die Landwirt*innen, ob ihre Böden gut in Schuss sind. Bioland-Bauer Armin Meitzler hält mit Zwischenfrüchten seinen Boden fit und nimmt uns für eine Spatenprobe mit in seinen Weinberg.
Ein gesunder Boden ist nicht nur die perfekte Grundlage für die ökologische Landwirtschaft, er schützt auch aktiv das Klima, und zwar so:
- Ein Biohektar enthält im Schnitt 10 % mehr Kohlenstoffals ein konventioneller Acker.
- Ein Biohektar erbringt jährlich eine Klimaleistung von rund 1000 kg CO2-Äquivalenten.
- Bioboden nimmt durch seine gute Struktur bis zu 137 % mehr Wasser auf als konventioneller Boden und puffert so extreme Niederschläge oder Trockenperioden ab. Mehr Ökolandbau ist daher angewandter Hochwasserschutz.
- Bioboden filtert Schadstoffe aus dem Wasser.
- Feinporiger, locker bewachsener Bioboden schützt 22 % besser vor Erosion, also dem Wegschwemmen von Erdmasse, als konventioneller Boden - auch bei Starkregen.
Das alles schafft der Bioboden natürlich nicht allein. Eine große Zahl unterschiedlichster kleiner Tiere und Mikroorganismen setzt laufend die Abfallprodukte aus pflanzlicher und tierischer Erzeugung um und macht die darin enthaltenen Nährstoffe für Pflanzen verfügbar. Dreh- und Angelpunkt dieser Prozesse ist der Humus.
Was ist Humus?
Humus ist fein zersetzte organische Substanz. Aber Humus ist kein Endprodukt, Humus ist ein ständiger Prozess, in dem organische Masse auf- und abgebaut wird. Beim Humus unterscheidet man zwei Arten: Nährhumus, der für die kurzfristige Ernährung der wachsenden Pflanze verantwortlich ist, und Dauerhumus, der tiefer liegt, vor allem langfristig die Bodenstruktur beeinflusst und Nährstoffe speichert. Humusreiche Böden können nicht nur das Fünffache ihres Gewichts an Wasser aufnehmen, sie sind auch fruchtbarer, ertragreicher und besser für die Biodiversität. So enthalten Bioböden im Schnitt 78 bis 94 Prozent mehr Regenwürmer als konventionell bewirtschaftete, zeigen Studien.
Und das Wichtigste: Humus hat vor allem eine klimarelevante Superkraft – er ist der Kohlenstoffspeicher Nummer eins. Sinkt der Vorrat an organischem Kohlenstoff im Boden, indem die angebauten Pflanzen davon zehren, wird das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) freigesetzt, nimmt der Vorrat zu, wird CO2-Kohlenstoff gebunden.
Doch Humus will hart erarbeitet sein. Nicht überall kann man gleich viel Humus im Boden finden. Jeder Standort und Bodentyp hat einen individuellen Humusgehalt, der sich irgendwann einpendelt. Die größte Herausforderung ist dabei der Humusaufbau – auch im Ökolandbau. Um Humus aufzubauen, braucht es überschüssigen Stickstoff, den man im Boden binden kann. Dieser kommt durch organische und tierische Dünger in den Boden. Ökobäuerinnen und Ökobauern dürfen das jedoch nur in ganz geringem Maße über Bedarf der angebauten Pflanzen Stickstoff ausbringen. Die Rechnung geht dann häufig auf Null auf. Hinzu kommt noch: Je heißer und trockener es durch den Klimawandel wird, desto schwieriger wird es, Dauerhumus aufzubauen. Ganz im Gegenteil: Die Klimaerwärmung fördert sogar den Humusabbau. Ein mühsamer Kampf um den Erhalt der klimaschützenden Bodenmasse. Und trotzdem schaffen es viele Bio-Betriebe, den Humusgehalt ihrer Böden zu steigern – mit einer vielseitigen Fruchtfolge, einer ausreichenden Versorgung des Bodens mit organischem Material und einer sorgfältigen, schonenden Bodenbearbeitung zum optimalen Zeitpunkt. Denn sie wissen: Nur gesunde, fruchtbare Böden machen die Landwirtschaft resilienter, also widerstandsfähiger gegenüber den Folgen des Klimawandels und sichern so die Landwirtschaft der Zukunft.