11 Forderungen zur Bundestagswahl 2025

Mit Blick auf die nahende Bundestagswahl im Februar 2025 appelliert Bioland an die künftige Bundesregierung, die Ziele zum Ausbau des ökologischen Landbaus in Anbau, Verarbeitung und Vermarktung in den Fokus zu rücken. Denn eine sozial-ökologische, klimafreundliche Transformation der Landwirtschaft und Ernährung ist dringend notwendig. Diese kann nur gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern gestaltet werden. Planungssicherheit ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg politischer Maßnahmen. Konkrete, verlässliche Schritte müssen Eingang in den Koalitionsvertrag finden. Dabei sind die Empfehlungen des Strategischen Dialogs zur Zukunft der Landwirtschaft in Europa zu berücksichtigen.

 

  1. Gesamtstrategie anpacken, Ökolandbau-Fläche verdoppeln: Eine ressortübergreifende Strategie der gesamten Bundesregierung zum Ausbau der ökologischen Landwirtschaft ist notwendig, sollte an die Bio-Strategie 2030, und deren Vorgänger „Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau“ anknüpfen und muss zügig umgesetzt werden. In der nächsten Legislaturperiode muss das Ziel sein, die Öko-Anbaufläche zu verdoppeln.
    >> Die Finanzierung und Priorisierung des Ökolandbaus muss in der Finanzplanung und in der Fördersystematik erfolgen.
    >> Die öffentliche Beschaffung und die Außer-Haus-Verpflegung muss stärker als Hebel zur Steigerung des Ökolandbau-Anteils genutzt werden. Für öffentliche Kantinen muss eine verbindliche Bio-Quote von mindestens 50 Prozent eingeführt werden.
    >> Der Artikel 210a der Gemeinsame Marktorganisation (GMO) der EU liefert das richtige Instrumentarium, die Marktstellung der Erzeuger erheblich zu verbessern und Nachhaltigkeitsleistungen über den Markt zu honorieren.
     
  2. Umweltleistungen mit Bürokratieabbau belohnen: Es braucht Anreize dafür, dass sich Betriebe freiwillig den höchsten gesetzlich geregelten Standards verpflichten und jährlichen staatlichen Kontrollen unterwerfen. Dazu gehört auch die Entlastung von bürokratischen Auflagen. Dies würde eine gesamtbetriebliche Umstellung auf Biolandbau attraktiver machen, ohne Mehrkosten für die öffentlichen Haushalte zu verursachen. Ein gezielt eingesetzter Bürokratieabbau ist an mehreren Stellen denkbar, wie z.B. beim Düngerecht und bei der Umsetzung der EU-Agrarpolitik (Konditionalität).
    >> Wir schlagen daher „Green by Concept“ als Weiterentwicklung von „Green by Definition“ vor. Konkret bedeutet das, innerhalb der GAP-Konditionalität stärker zu differenzieren. Mit diesem Ansatz würde die Vereinbarkeit von Umweltzielen, Bürokratie-Abbau und Ökolandbau-Ausbauzielen gestärkt.
     
  3. Ökolandbau im GAP-Fördergefüge stärken: In der aktuellen GAP werden systemische, mehrjährige und gesamtbetriebliche Ansätze wie der Ökolandbau gegenüber einjährigen Einzelmaßnahmen wie den Öko-Regelungen schlechter gestellt.
    >> Die Öko-Regelungen der 1. Säule und die Agrar-Umwelt-Programm 2. Säule müssen vollumfänglich mit der Öko-Prämie kombinierbar sein. Das gilt auch für jene Öko-Regelungen zur Weide und zur Biodiversität, welche ab 2026 neu eingeführt werden sollen.
    Der zukünftigen Bundesregierung kommt eine Schlüsselrolle bei der Ausgestaltung der GAP ab 2027 zu. Ein Stufenmodell, welches systemische Leistungen gesamtbetrieblich honoriert, kann einen planbaren Transformationspfad für die ganze Landwirtschaft darstellen.
    >> Leistungen zum Schutz von Böden, Gewässern, Klima und Artenvielfalt müssen einkommenswirksam gestaltet und honoriert werden. Dafür liefert die Abschaffung pauschaler Direktzahlungen das notwendige Budget.
     
  4. Ökolandbau in Bildung und Forschung etablieren: Der Ausbau der Forschung für den Ökolandbau und die Bio-Wertschöpfungskette ist essenziell für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Die öffentlichen Forschungsgelder für den Ökolandbau entsprechen jedoch nicht seiner Bedeutung.
    >> Die Ressortforschung des BMEL ist zudem entsprechend auszubauen und die personellen Kapazitäten entsprechend zuzuordnen. Zudem muss das Budgets des Bundesprogramms Ökolandbau um jährlich 15 Mio. Euro aufgestockt werden.
    >> Einer besonderen Unterstützung bedarf die Züchtungsforschung im Ökolandbau.
    Auch in der Ausbildung ist Ökolandbau nicht gleichbehandelt und ist stark unterrepräsentiert: In vielen Ausbildungsstätten Deutschlands wird bis heute kein Ökolandbau-Wissen vermittelt, fast überall ohne fachliche Qualität.
    >> Um den Stellenwert von Bio in der Landwirtschaft zu erhöhen, müssen die spezifischen Inhalte des Ökolandbaus auf einem einheitlichen Qualitätsniveau vermittelt und prüfungsrelevant werden.
    >> Bio-Fachkenntnisse müssen zudem in allen Grünen Berufen sowie den Lebensmittel-verarbeiteten Ausbildungsgängen als Pflichtbestandteile in den Prüfungsordnungen verankert werden. Siehe Studie des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen (KÖN).
     
  5. Verarbeitung und Handel zukunftsfähig und regional aufstellen: Die Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette für Bio-Lebensmittel ist notwendig. Dabei gilt es, das gesellschaftlich-ökonomische hohe Gut eines vielseitigen mittelständischen Unternehmertums inklusive Lebensmittelhandwerks zu bewahren.
    >> Voraussetzung sind eine unbürokratische Wirtschaftspolitik und gezielte Förderprogramme.  Dafür sind auch die beiden Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben GAK (´Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes`) und GRW (´Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur`) entsprechend auszurichten. 
    >> Um Bio-Lebensmittel der Breite der Verbraucher*innen zugänglich zu machen, muss die Mehrwertsteuer auf Bio-Produkte gesenkt werden.
     
  6. Gentechnikfreie Land- und Lebensmittelwirtschaft sichern: Die EU-Kommission möchte Pflanzen, die mithilfe neuer gentechnischer Verfahren wie der Genschere CRISPR/Cas gezüchtet wurden, vom bestehenden EU-Rechtsrahmen zur Gentechnik ausnehmen, also deregulieren. 
    >> Um das Vorsorgeprinzip, Wahlfreiheit und Koexistenz zu gewährleisten, muss sich die neue Bundesregierung für eine kluge und bedachte Regulierung der Neuen Gentechniken einsetzen.
    >> Dringlichst muss ein Weg gefunden werden, der eine Patentflut auf konventionell gezüchtete Pflanzen und deren Eigenschaften unter dem Deckmantel einer „biotechnischen Erfindung“ durch die Genschere, verhindert. Mehr zum Thema auf www.bioland.de/keine-gentechnik
     
  7. Tierhaltung umbauen, Bio-Höfe sichern: Auch für den Umbau der Tierhaltung kann der Ökolandbau einen alternativen Pfad aufzeigen.
    >> Die gesetzliche Haltungskennzeichnung inklusive der Bio-Stufe muss auf weitere Tierarten und den Außer-Haus-Bereich ausgeweitet werden.
    >> Für den Umbau der Tierhaltung sind ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
    >> Die Öko-Kombinationshaltung muss erhalten bleiben, um die traditionelle Milchviehhaltung im Alpenraum zu sichern. Diese leistet einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der Kulturlandschaft und zum Schutz der Artenvielfalt.
    >> Regionale Strukturen in der Lebensmittelverarbeitung sowie im Vertrieb müssen erhalten und gefördert werden.
     
  8. Internalisierung externer Kosten, Pestizidabgabe voranbringen: Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verursachen neben den immensen Schäden an der Umwelt hohe Folgekosten, zum Beispiel durch die notwendige Aufbereitung des Trinkwassers.
    >> Um die hohen Folgekosten einer Intensiv-Landwirtschaft einzudämmen, müssen marktwirtschaftliche Instrumente zur Internalisierung externer Kosten eingeführt werden. Dafür bieten sich Abgaben auf mineralische Stickstoffdünger und chemisch-synthetische Pestizide an. Entsprechende Einnahmen können gezielt zur Stärkung umweltverträglicher Wirtschaftsweisen eingesetzt werden und leisten damit auch einen Finanzbeitrag in Zeiten knapper Kassen. Das zeigt auch eine Studie zu konkreten Erfahrungen mit einer Pestizid-Abgabe in anderen EU-Staaten und mit Empfehlungen für eine Umsetzung in Deutschland.
    >> Parkinson, ausgelöst durch den Einsatz von Pestiziden, ist seit 2024 als Berufskrankheit anerkannt. Die steigenden Versicherungsbeiträge der Berufsgenossenschaft müssen im Sinne des Verursacherprinzips von den Herstellern getragen werden, anstatt diese pauschal auf alle landwirtschaftlichen Betriebe abzuwälzen.
     
  9. Verursacherprinzip stärken, Düngerecht anpassen: Die Hauptursachen für die Stickstoffüberschüsse in Deutschland müssen an der Wurzel gepackt werden. Diese sind eine stark regional konzentrierte, nicht an die Fläche gebundene Tierhaltung und ein zu hoher Einsatz von mineralischem Stickstoffdünger. Doch anstatt diese Probleme gezielt anzugehen, werden auch ökologisch wirtschaftende Betriebe, die nachweislich zum Gewässerschutz beitragen, mit zusätzlichen und teilweise fachlich nicht nachvollziehbaren Vorschriften und Dokumentationsauflagen belastet.
    >> Das Düngerecht muss gemäß dem Verursacherprinzip entschlackt werden. Low-Input-Systeme wie der ökologische Landbau sowie kleinere Betriebe müssen berücksichtigt werden, um nicht einem zusätzlichen Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand zu erliegen.
    >> Alternative Verfahren zur Minderung von Ammoniakemissionen bei der Ausbringung von flüssigem Wirtschaftsdünger („Gülleaufbereitung“) sind zuzulassen und die damit verbundenen Vorgaben sind zu definieren, um somit den Einsatz von bewährter, auf den Betrieben vorhandener Gülletechnik weiterhin zu ermöglichen.
     
  10. Klima und Biodiversität schützen, Leistungen von Bio anerkennen: Für die gesunde Ernährung der Menschen, eine nachhaltige Zukunft der Landwirtschaft und lebenswerte ländliche Räume sind intakte Ökosysteme und ambitionierter Klima- und Biodiversitätsschutz eine zwingende Voraussetzung. Stand heute ist der Agrar- und Ernährungsbereich einer der Treiber der Klimakrise. Das zeigt, wie groß der Hebel ist, wenn dieser Teil der Wirtschaft umwelt- und klimafreundlich umgebaut wird. Ökolandbau nach den Bioland-Prinzipien ist aktiver Klimaschutz. Und das in vielerlei Hinsicht: Kreislaufwirtschaft und flächengebundene Tierhaltung vermeiden Emissionen und die lockeren, humusreichen Böden binden Treibhausgase sogar. Zudem ist der organisch-biologische Landbau von Bioland widerstandsfähiger gegen Klimawandel-Effekte. Durch weite Fruchtfolgen, eine große Vielfalt angebauter Kulturen sowie eine vielfältige Ackerbegleitflora fördert Bio die Artenvielfalt.
    >> Die mehrjährigen Umweltleistungen gesamtumgestellter Bio-Betriebe müssen Eingang finden in Nachhaltigkeitsstandards und -bewertungsysteme. Dazu ist unter Einbezug der Bio-Branche ein passendes Benchmarking-System für die Lebensmittelproduktion zu entwickeln, welches gesamtbetrieblich Umweltleistungen vollumfänglich erfasst. Mehr Infos zu den Umweltleistungen des Ökolandbaus: Studie von Prof. Dr. Hülsbergen und Thünen-Report
     
  11. Weidehaltung stärken, Schutzstatus des Wolfs senken: Nicht nur für den Naturschutz, sondern auch für den Ökolandbau stellt sich inzwischen ein wachsender Zielkonflikt zwischen Biotopschutz durch Weidehaltung einerseits und dem Artenschutz einzelner Tierarten wie dem Wolf andererseits ein. Die starke Vermehrung der Wolfspopulation sowie insbesondere einzelne übergriffige Wölfe, nimmt existenzgefährdende Ausmaße an – insbesondere für Schäfer, Ziegen- und Rinderhalter und -halterinnen mit Herden in extensiver Weidehaltung, die also besonders tiergerecht und naturverträglich arbeiten.
    >> Der Schutzstatus des Wolfes muss sowohl in der Berner Konvention als auch in der FFH-Richtlinie gesenkt werden.
    >> Auf nationaler Ebene ist eine Folgenabschätzung zur Populationsentwicklung und die zeitnahe Festlegung eines maximalen Zielbestands für Deutschland notwendig.
    >> Übergriffige Wölfe müssen rechtssicher und zügig entnommen werden können.
    >> Herdenschutz muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ernst und wahrgenommen werden. Die Kosten für Herdenschutz-Maßnahmen müssen übernommen; Kompensationszahlungen einfacher als bisher gezahlt werden können.

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